Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
Vom Netzwerk:
mir die Nase, » sie wohnt uptown, und er wohnt downtown, weißt du, aber sie sind dauernd zusammen… Sie hat ein Haus in Connecticut, und manchmal fahren sie übers Wochenende hin. Sie ist verheiratet, aber… ihren Mann sehe ich nie. Ich bin noch nicht dahintergekommen. Ehrlich gesagt, ich glaube, sie sind einfach nur gute Freunde. Entschuldige, ich fasele. Ich weiß wirklich nicht, warum ich dir das alles erzähle. «
    » Und er hat dir dein Handwerk beigebracht! Er scheint nett zu sein. Ein echter Gentleman. «
    » Hm? «
    » Dein Boss. «
    » Er ist nicht mein Boss! Ich bin sein Geschäftspartner. « Das Schillern der Drogen ließ nach; Blut rauschte in meinen Ohren, ein schneidender, schriller Ton wie Zikadengesang. » Genau gesagt, ich bin weitgehend zuständig für die Verkaufsseite des Geschäfts. «
    » Entschuldige! « Boris hob die Hände. » Kein Grund, mich anzufauchen. Nur, ich hab’s ernst gemeint, als ich gefragt habe, ob du bei mir arbeiten möchtest. «
    » Und was soll ich darauf antworten? «
    » Hör zu, ich möchte dir etwas zurückgeben. Dich teilnehmen lassen an all den guten Sachen, die mir passiert sind. Denn « , er schnitt mir mit einer großspurigen Geste das Wort ab, » ich verdanke dir alles. Alles Gute, das mir in meinem Leben passiert ist, Potter, ist deinetwegen passiert. «
    » Was denn? Ich hab dich zum Rauschgifthändler gemacht? Wow. Okay. « Ich zündete mir eine von seinen Zigaretten an und schob die Packung zu ihm zurück. » Das ist gut zu wissen. Da bin ich sehr stolz auf mich, vielen Dank. «
    » Rauschgifthändler? Wer sagt was von Rauschgifthändler? Ich will etwas bei dir wiedergutmachen. Was ich getan habe. Ich sage dir, es ist ein tolles Leben. Wir hätten eine Menge Spaß miteinander. «
    » Hast du einen Escort-Service? Ist es das? «
    » Pass auf, soll ich dir was sagen? «
    » Bitte. «
    » Es tut mir wirklich leid, was ich dir angetan habe. «
    » Vergiss es. Ist mir egal. «
    » Warum sollst du nicht ein bisschen von dem Gewinn abkriegen, den ich durch dich gemacht habe? Ein bisschen von dem Rahm für dich abschöpfen? «
    » Hör zu, darf ich auch mal was sagen, Boris? Ich will nicht in irgendwelche krummen Sachen reingezogen werden. Nimm es mir nicht übel « , fuhr ich fort, » aber ich versuche gerade angestrengt, etwas hinter mir zu lassen, und wie gesagt, ich bin jetzt verlobt, die Dinge haben sich verändert, und ich glaube wirklich nicht, dass ich… «
    » Warum kann ich dir dann nicht helfen? «
    » Das meine ich ja nicht. Ich meine– na ja, ich würde lieber nicht weiter darauf eingehen, aber ich hab ein paar Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen, und ich möchte sie in Ordnung bringen. Das heißt, ich versuche gerade herauszufinden, wie ich sie in Ordnung bringen kann. «
    » Ist schwer, Dinge in Ordnung zu bringen. Man kriegt nicht oft die Chance. Manchmal kannst du nur zusehen, dass du nicht erwischt wirst. «
    Das schöne Paar war aufgestanden, um zu gehen. Hand in Hand streiften sie den Perlenvorhang zur Seite und wehten hinaus in die blasse, kalte Morgendämmerung. Ich sah zu, wie die Perlenschnüre in ihrem Kielwasser klickten und wallten und kräuselnd hin und her schwangen wie die Hüften der Frau.
    Boris lehnte sich zurück und schaute mir fest in die Augen. » Ich habe versucht, es für dich zurückzuholen « , sagte er. » Ich wünschte, ich könnte es. «
    » Was? «
    Er runzelte die Stirn. » Na ja– deshalb bin ich am Laden vorbeigekommen. Du weißt schon. Hast bestimmt davon gehört, die Sache in Miami. War beunruhigt und wusste nicht, was du denken würdest, als es in den Nachrichten kam– und ehrlich gesagt, hatte ich ein bisschen Angst, sie würden es zu dir zurückverfolgen, über mich, weißt du? Jetzt nicht mehr, nicht so sehr, aber– trotzdem. Ich steckte natürlich bis zum Hals drin– aber ich wusste, die Nummer taugte nichts. Hätte auf meinen Instinkt vertrauen sollen. Ich… « Er tauchte seinen Schlüssel in das Koks-Beutelchen und nahm eine kurze Prise. Wir waren jetzt allein; die kleine tätowierte Kellnerin oder Geschäftsführerin, oder was sie sonst sein mochte, war in dem schemenhaft erkennbaren Hinterzimmer verschwunden, wo– ich hatte nur einen sehr kurzen Blick hineinwerfen können– Leute auf Sofas vom Flohmarkt anscheinend zu einer Siebziger-Jahre-Porno-Vorführung versammelt waren. » Jedenfalls, es war schrecklich. Ich hätte es wissen sollen. Leute sind verletzt worden, und ich bin mit Verlust

Weitere Kostenlose Bücher