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Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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ziemlich gute Fälschung. Da gibt’s einen Kanadier, ganz unterhaltsam, Sie würden ihn mögen, der malt sie auf Bestellung. Pollocks, Modiglianis– ich mache Sie gern mit ihm bekannt, wenn Sie wollen. Für mich ist da nicht viel Geld drin, aber man könnte ein Vermögen machen, wenn eins davon im richtigen Nachlass auftauchte. « Nach kurzer Pause redete er geschmeidig weiter. » Unter den älteren Werken sehe ich eine Menge Italiener, aber meine Vorliebe– sie neigt dem Norden zu, wie Sie sehen. Dieser Berchem hier– ein sehr schönes Beispiel für das, was er ist, aber natürlich entsprechen diese Italianaten-Landschaften mit den geborstenen Säulen und den einfachen Milchmädchen dem modernen Geschmack nicht so sehr, oder? Der van Goyen da ist mir sehr viel lieber. Leider nicht zu verkaufen. «
    » Van Goyen? Ich hätte geschworen, es ist ein Corot. «
    » Von hier aus, ja, könnte man glauben. « Er war erfreut über den Vergleich. Sehr ähnlich, diese beiden– Vincent selbst hat es bemerkt– Sie kennen den Brief? › Der Corot der Niederländer ‹ ? Der gleiche zarte Dunst, diese Offenheit des Nebels– wissen Sie, was ich meine? «
    » Woher… « Beinahe hätte ich die typische Händlerfrage gestellt: Woher haben Sie das? Aber ich bremste mich noch.
    » Ein wunderbarer Maler. Sehr produktiv. Und das hier ist ein besonders schönes Beispiel « , sagte er voller Sammlerstolz. » Viele amüsante Details, aus der Nähe betrachtet– winziger Jäger, bellender Hund. Auch ganz typisch die Signatur auf dem Heck des Bootes. Bezaubernd. Wenn es Ihnen nichts ausmacht « , er deutete mit dem Kopf auf die Gestalten hinter dem Wandteppich, » gehen Sie nur hin. Sie werden sie nicht stören. «
    » Nein, aber… «
    » Nein. « Er hob die Hand. » Ich verstehe vollkommen. Soll ich es Ihnen herbringen? «
    » Ja, ich würde es gern sehen. «
    » Ich muss sagen, ich habe es inzwischen so liebgewonnen, dass ich es ungern weggeben werde. Er hat selbst mit Bildern gehandelt, van Goyen. Das haben viele der niederländischen Meister getan. Jan Steen. Vermeer. Rembrandt. Aber Jan van Goyen « , er lächelte, » war wie unser Freund Boris hier. Er hatte seine Finger überall. Bilder, Immobilien, Tulpenkontrakte. «
    Boris machte im Dunkeln ein missmutiges Geräusch und wollte anscheinend etwas sagen, als plötzlich ein klapperdürrer Junge von vielleicht zweiundzwanzig Jahren und mit wildem Haar aus der Küche getaumelt kam. Er hatte ein altmodisches Quecksilberthermometer im Mund und beschirmte sich die Augen vor dem Licht der hochgehaltenen Lampe. Er trug eine verrückte, feminine, grob gestrickte Jacke, die ihm wie ein Bademantel fast bis an die Knie reichte, und er sah krank und verwirrt aus. Er hatte einen Ärmel hochgeschoben und rieb sich die Innenseite des Unterarms mit zwei Fingern. Ehe ich michs versah, knickten seine Knie seitwärts ein, und er fiel auf den Boden. Das Thermometer rutschte mit gläsernem Geräusch über das Parkett, ohne zu zerbrechen.
    » Was…? « Boris drückte seine Zigarette aus und stand auf. Die Katze sprang von seinem Schoß in den Schatten. Horst stellte stirnrunzelnd die Lampe auf den Boden, und der Lichtschein schwenkte irrwitzig über Wände und Decke. » Ach « , sagte er genervt, strich sich das Haar aus den Augen und ließ sich auf die Knie fallen, um den jungen Mann zu untersuchen. » Geh weg! « , sagte er in gereiztem Ton zu der Frau, die in der Tür erschienen war, zusammen mit einem kalt blickenden, dunkelhaarigen, aufmerksam wirkenden Schlägertypen und zwei Prep-School-Jungen mit glasigen Augen, nicht älter als sechzehn. Als alle stehen blieben und gafften, wedelte er mit der Hand. » In die Küche mit euch! Ulrika « , sagte er zu der Blonden und redete auf Deutsch weiter: » Halt sie zurück. «
    Der Teppich bewegte sich. Dahinter in Decken eingehüllte Haufen, verschlafene Stimmen: Hä? was ist los? Deutsch.
    » Ruhe, schlaft weiter « , rief die Blonde, bevor sie sich an Horst wandte und eindringlich weiter Deutsch redete, schnell wie ein Maschinengewehr.
    Gähnen. Stöhnen. Weiter hinten richtete sich ein Bündel auf, eine benommene amerikanische Stimme wimmerte: » Hä? Klaus? Was hat sie gesagt? «
    » Klappe, Baby, und leg dich wieder hin . «
    Boris hatte seinen Mantel aufgehoben und wand sich mit den Schultern hinein. » Potter « , sagte er, und als ich nicht antwortete, sondern nur entsetzt auf den Boden starrte, wo der Junge röchelnd atmete, noch einmal: »

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