Der Distelfink
Sache hier, zum Beispiel… dann die andere da. Zwei verschiedene Stapel. Vielleicht drei. «
» Potter, Potter, Potter… « Zärtlich, halb verächtlich, beugte er sich vor. » Du bist ein Holzkopf. Du hast keinen Sinn für Dankbarkeit oder Schönheit. «
»› Keinen Sinn für Dankbarkeit. ‹ Ich glaube, darauf trinke ich. «
» Was? Erinnerst du dich nicht mehr an unser glückliches Weihnachtsfest damals? In jenen glücklichen, längst vergangenen Zeiten? Die nie mehr wiederkommen? Dein Dad « , eine ausladende, schwungvolle Handbewegung, » an dem Tisch im Restaurant? Unser Festmahl, unsere Freude? Unsere glückliche Feier? Ehrst du dieses Andenken nicht in deinem Herzen? «
» Herrgott noch mal. «
» Potter « , er hielt den Atem an, » du bist eine Nummer. Schlimmer als eine Frau. › Schnell, beeil dich. ‹ › Mach schon, los. ‹ Hast du meine SMS nicht gelesen? «
Boris hatte nach seinem Glas gegriffen, aber jetzt hielt er inne. Er warf einen kurzen Blick auf den Boden, und plötzlich wurde mir bewusst, dass die Tasche neben seinem Stuhl stand.
Amüsiert schob Boris den Daumennagel zwischen seine Schneidezähne. » Na, mach schon. «
Die Worte schwebten über dem verwüsteten Frühstück. Verzerrte Spiegelbilder in der Kuppel auf dem Silberteller.
Ich nahm die Tasche und stand auf, und sein Lächeln verblasste, als ich zur Tür ging.
» Warte! « , sagte er.
» Worauf? «
» Willst du nicht aufmachen? «
» Hör zu… « Ich kannte mich zu gut. Ich wagte nicht zu warten; ich würde nicht zulassen, dass das Gleiche zweimal passierte.
» Was hast du vor? Wo willst du hin? «
» Ich bringe es nach unten. Damit sie es dort in den Tresor schließen. « Ich wusste gar nicht, ob es dort einen Safe gab, aber ich wollte das Bild nicht mehr in meiner Nähe haben. Bei Fremden war es sicherer, in einer Garderobe, irgendwo. Außerdem würde ich die Polizei anrufen, sobald Boris gegangen wäre, aber nicht vorher: Es gab keinen Grund, ihn mit hineinzuziehen.
» Du hast nicht mal aufgemacht! Du weißt gar nicht, was es ist! «
» Nehme ich zur Kenntnis. «
» Was zum Teufel soll das heißen? «
» Vielleicht brauche ich gar nicht zu wissen, was es ist. «
» Ach nein? Vielleicht aber doch. Es ist nicht das, was du denkst « , fügte er ein bisschen selbstzufrieden hinzu.
» Nein? «
» Nein. «
» Woher weißt du, was ich denke? «
» Natürlich weiß ich, was du denkst! Und– du irrst dich. Sorry. Aber « , er hob die Hände, » es ist was viel, viel Besseres. «
» Besser als…? «
» Ja. «
» Wie kann es besser sein? «
» Ist es einfach. Viel, viel besser. Das wirst du mir einfach glaubenmüssen. Mach auf und sieh nach. « Er nickte knapp mit dem Kopf.
» Was ist das? « , fragte ich wie vom Donner gerührt ungefähr eine halbe Minute später, als ich einen Klotz von Hundertern– Dollarscheine– nach dem anderen aus der Tasche gehoben hatte.
» Das ist noch nicht alles. « Er rieb sich mit dem Handballen den Hinterkopf. » Nur ein Bruchteil. «
Ich starrte das Geld an, dann ihn. » Ein Bruchteil wovon? «
» Na ja « , er grinste spöttisch, » ich dachte, ist dramatischer in bar, nicht wahr? «
Gedämpfte Comedy-Stimmen drangen durch die Wand, die artikulierten Kadenzen einer TV -Lachkonserve.
» Schönere Überraschung für dich! Wohlgemerkt, ist nicht alles. US -Währung, dachte ich, ist für dich praktischer zum Zurückbringen. Was du mit hergebracht hast– ein bisschen mehr. Tatsächlich haben sie noch gar nicht gezahlt. Noch ist kein Geld rübergekommen. Aber– ich hoffe, bald. «
» Sie? Wer hat nicht gezahlt? Wofür gezahlt? «
» Dieses Geld ist meins. Eigenes, privates. Aus dem Safe zu Hause. War in Antwerpen, um es zu holen. Ist schöner für dich– schöner zum Aufmachen, oder? Am Weihnachtsmorgen? Ho, ho, ho? Aber du hast noch eine Menge mehr zu kriegen. «
Ich drehte ein Geldbündel um und schaute es an, hin und her. Banderole von der Citibank.
»› Vielen Dank, Boris! ‹ Oh, kein Problem « , sagte er ironisch. » Gern geschehen. «
Geld in Bündeln. Außer der Reihe. Frisch in der Hand. Ganz offensichtlich gehörte eine Geschichte, ein Gefühl, zu dem Ganzen, aber ich hatte noch nicht kapiert, was es war.
» Wie gesagt– ein Bruchteil. Zwei Millionen Euro. In Dollar viel mehr. Also– frohe Weihnachten! Mein Geschenk für dich! Ich kann dir für den Rest ein Konto in der Schweiz eröffnen und dir ein Sparbuch geben, und so– was ist los? « Er
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