Der Distelfink
kurz und klein « prügelte– im Laufschritt zu Hause erschienen war und Hobies Vater niedergeschlagen hatte. ( » Father Keegan! Er war es, der zu uns nach Hause kam, als ich das rheumatische Fieber hatte, und mir die Kommunion brachte. Ich war sein Messdiener, und er wusste Bescheid, denn er hatte die Striemen auf meinem Rücken gesehen. In letzter Zeit waren so viele Priester unanständig mit den Jungen, aber er war gut zu mir– ich frage mich immer, was aus ihm geworden ist, und ich habe versucht, ihn zu finden, aber ich kann’s nicht. Mein Vater hat den Erzbischof angerufen, und im nächsten Moment, ehe man sichs versah, war alles erledigt, und sie hatten ihn nach Uruguay verfrachtet. « ) Alles war hier ganz anders als bei den Barbours, wo ich trotz der allgemein freundlichen Atmosphäre entweder im Getümmel unterging oder der von Unbehagen erfüllte Gegenstand formeller Untersuchungen war. Mir war wohler, als ich wusste, dass er nur eine Busfahrt entfernt war, schnurgerade die Fifth Avenue hinunter, und wenn ich nachts aufwachte, von Panik geschüttelt, weil die Explosion mir wieder durch die Glieder fuhr, konnte ich mich manchmal in den Schlaf lullen, indem ich an dieses Haus dachte, wo man, ohne es zu merken, gelegentlich ins Jahr 1850 zurückglitt, in eine Welt von tickenden Uhren, knarrenden Bodendielen, Kupfertöpfen und Körben mit Pastinaken und Zwiebeln in der Küche, von Kerzenflammen, die sich im Luftzug von einer offenen Tür nach links lehnten, von hohen Salonfenstern, deren Vorhänge sich blähten, elegant wie ein Ballkleid, von kühlen, stillen Zimmern, in denen alte Dinge schliefen.
Es wurde indessen immer schwieriger, meine Abwesenheiten zu erklären (oft fehlte ich sogar beim Abendessen), und Andys Erfindungsreichtum wurde auf eine harte Probe gestellt. » Soll ich mit dir hinauffahren und mit ihr sprechen? « , fragte Hobie eines Nachmittags, als wir in der Küche saßen und ein Kirschtörtchen aßen, das er auf dem Biomarkt gekauft hatte. » Ich würde gern mitkommen und sie kennenlernen. Oder vielleicht möchtest du sie hierher einladen. «
» Vielleicht « , sagte ich, nachdem ich darüber nachgedacht hatte.
» Könnte sein, dass sie sich für die Chippendale-Doppelkommode interessiert– die Philadelphia, weißt du, mit dem Sprenggiebel. Nicht kaufen, nur anschauen. Oder wir könnten sie, wenn du willst, zum Lunch ins La Grenouille einladen « , er lachte, » oder sogar in ein kleines Lokal hier unten, das sie vielleicht amüsant findet. «
» Lassen Sie mich drüber nachdenken. « Ich fuhr schon früher mit dem Bus nach Hause, tief in Gedanken versunken. Ganz abgesehen von meiner chronischen Unehrlichkeit gegen Mrs. Barbour– immer wieder lange Abende in der Bibliothek, ein nicht existierendes Geschichtsprojekt–, wäre es mir peinlich, Hobie zu gestehen, dass ich Mr. Blackwells Ring als Familienerbstück ausgegeben hatte. Aber wenn Mrs. Barbour und er sich träfen, würde meine Lüge ganz sicher ans Licht kommen, so oder so. Das erschien mir unvermeidlich.
» Wo bist du gewesen? « , fragte Mrs. Barbour in scharfem Ton, als sie, zum Abendessen angezogen, aber ohne Schuhe, mit einem Glas Gin and Lime in der Hand aus dem hinteren Teil der Wohnung kam.
Etwas in ihrer Haltung ließ mich fürchten, dass hier eine Falle lauerte. » Na ja « , sagte ich, » ich war unten in Downtown und habe einen Freund meiner Mutter besucht. «
Andy drehte sich um und starrte mich ausdruckslos an.
» Ach ja? « , sagte Mrs. Barbour argwöhnisch und warf Andy einen Seitenblick zu. » Andy hat mir eben erzählt, du müsstest heute Abend wieder in der Bibliothek arbeiten. «
» Heute Abend nicht « , sagte ich so mühelos, dass ich selbst überrascht war.
» Ich muss sagen, ich bin erleichtert, das zu hören « , stellte Mrs. Barbour kühl fest. » Denn die Zentralbibliothek ist montags ja geschlossen. «
» Ich habe nicht gesagt, er ist in der Zentralbibliothek, Mutter. «
» Ich glaube übrigens, Sie könnten ihn sogar kennen. « Ich musste Andy aus der Schusslinie nehmen. » Zumindest könnten Sie wissen, wer er ist. «
» Wer? « Mrs. Barbours Blick kehrte zu mir zurück.
» Der Freund, den ich besucht habe. Er heißt James Hobart. Er führt ein Möbelgeschäft in Downtown. Na ja, er führt es nicht. Er macht Restaurierungsarbeiten. «
Sie zog die Brauen zusammen. » Hobart? «
» Er arbeitet für viele Leute in der Stadt. Manchmal für Sotheby’s. «
» Dann hättest du nichts
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