Der Doge, sein Henker und Ich
zwei Gegnern aus der Vergangenheit zu tun bekommen.«
Torri schabte über seine Wangen, wo die Barthaare wuchsen.
»Irgendwie könnten Sie recht haben, dann müssen Sie die beiden Gestalten auch jagen.«
»Deshalb sind wir gekommen.«
Der Commissario packte die Plastiktüte wieder ein. »Ich beneide Sie nicht um Ihren Job, wirklich nicht.«
»Wer tut das schon?!«
»Aber ich weiß«, fuhr Torri fort, »daß Sie es schaffen werden. Nur dürfen Sie keinen Kontakt zu anderen Dienststellen aufnehmen. Sie haben ja früher schon mit Kollegen zusammengearbeitet, das ist nun gestrichen. Meine Telefonnummer haben Sie sich gemerkt?«
»Ja.«
»Ich bin Tag und Nacht für Sie zu erreichen.«
»Noch eine Frage habe ich. Was haben Sie eigentlich für einen Job, Commissario?«
»Ich bin Polizist.« Er lächelte bei der Antwort so falsch, daß ich ihm nicht glaubte.
»Aber kein normaler.«
»Das allerdings. Sagen wir so. Es ist eine Spezialeinheit, in der ich tätig bin.«
»Geheimdienst?«
»Kann sein.« Er schaute auf seine Uhr. »So, ich darf Ihnen nur noch einen guten Erfolg wünschen.« Knapp verbeugte er sich vor Jane Collins. »Signorina, ich hoffe, wir sehen uns noch.«
Mir nickte er zu. »Wie gesagt, wenn etwas ist, rufen Sie an.«
»Natürlich.«
Dann ging er weg. Nach einigen Schritten schon verschwand er in einer kleinen Gasse.
Jane und ich blieben zurück und schauten uns an. »Ein seltsamer Mensch«, sagte meine Begleiterin. »Irgendwie nicht zu durchschauen. Ein Mann gegen die Mafia.«
»Meinst du?«
»Ja, so ähnlich kommt er mir vor.«
Ich hob die Schultern. »Möglicherweise gehört er tatsächlich einer geheimen Abteilung an, die sich um die Korruption in diesem Lande kümmert. In der letzten Zeit sind da ja einige Dinge gelaufen.«
Jane hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Du willst also nicht die Polizei einschalten?«
»Nein.«
»Kennst du Venedig?«
»Nicht wie die Touristen. Ich hatte hier dreimal zu tun. Einmal ging es gegen die Strigen, das war schon eine heiße Sache. Wir werden sehen. Schauen wir uns zunächst einmal die Zimmer an.«
Wir standen ja in der Nähe des Hotels. Wie bei vielen Pensionen, Hotels und Gasthäusern war der Eingang nur vom Wasser aus zu erreichen. Die Anlegestelle befand sich in unserer unmittelbaren Nähe. Auf dem Kanal herrschte reger Betrieb. Motorboote legten an und fuhren ab. Ein Portier in roter Uniform pfiff die Boote herbei und half den Gästen beim Einsteigen.
Wir waren am Morgen geflogen und hatten die Neuigkeiten erfahren. Es gab keine Spuren mehr, wir konnten mit Pietro Lombardi keine Bekanntschaft mehr schließen. Der Faden war gerissen. Neben mir standen die beiden Koffer. Jane blieb an meiner Seite, während ich sie zum Hoteleingang abschleppte.
Der Portier sah uns, öffnete die Tür, verbeugte sich und wünschte uns einen guten Tag.
Wir nickten ihm zu und betraten eine prächtige Hotelhalle. In Venedig ist vieles alt. Auch wenn die Fassaden der Häuser noch so grau und schmutzig aussahen, das Innere der Häuser zeugte oft genug von der Pracht einer reichen Vergangenheit, die hinter dieser Stadt an der Adria lag.
Viel Holz, Marmor und unter der Decke hängende Lüster gaben dem Raum eine Atmosphäre der Behaglichkeit. Die Teppiche schluckten die Schritte, und an der Rezeption empfing man uns mit ausgesuchter Höflichkeit. Unser Zimmer war fertig.
Ein Boy begleitete uns im Lift und weiter zum Zimmer. Das Gepäck wurde extra nach oben geschafft.
Uns nahm ein breiter Gang mit einer stuckverzierten Decke auf. An den Wänden hingen breite Bilder, die samt und sonders Ansichten der Stadt zeigten.
Venedig bei Nacht, bei Tage, in der Vergangenheit, in der Gegenwart. Gondeln, Kanäle und Paläste.
Unser Zimmer lag in einem Seitengang. Uns wurde die Tür aufgeschlossen, und wir betraten den Flur. An seinem Ende machte er einen Knick nach links. Dort öffnete sich ein großer Raum, in dem das breite Bett, der »Kamin«, ein Schreibtisch, ein Sofa, ein Schminktisch und zwei Sessel standen. Graugrün schimmerte die Mattscheibe einer Glotzkiste. An der Seite führte eine Tür ins Bad. Es war mattweiß gekachelt.
Auch unser Gepäck wurde gebracht. Ich gab ein Trinkgeld, erntete ein Dankeschön, dann ließ man uns allein.
Ich hatte die beiden Koffer auf eine Kommode gewuchtet, drehte mich um und sah Jane neben dem breiten Holzbett stehen. Sie hob die Schultern und breitete die Arme aus. Den Mantel hatte sie abgelegt. Darunter trug sie ein
Weitere Kostenlose Bücher