Der Doge, sein Henker und Ich
Restrisiko.«
»Restrisiko ist gut. Du kannst voll reinfallen.«
»Oder auch nicht.«
»Wenn ich etwas sagen darf«, meinte Renate Gehrmann. »Bitte.«
»Auch ich finde Ihren Plan nicht gut. Wenn Sie doch diese Verdachtsmomente haben, weshalb lassen Sie den Palast dann nicht von der venezianischen Polizei durchkämmen? Nehmen Sie einen Führer mit, der das Gebäude kennt, dann werden Sie Erfolg haben.«
»Das will ich nicht einmal bestreiten. Vielleicht hätte ich das auch getan, doch unsere Aktion ist geheim. Was nicht sein kann, das darf auch nicht sein.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Denken Sie mal daran, wenn das an die Öffentlichkeit gerät. Das Auftauchen dieser beiden Gestalten aus der Vergangenheit würde dem Tourismus unermeßlichen Schaden zufügen. Die Menschen hätten Furcht davor, die Stadt zu besuchen. Deshalb läuft unsere Aktion im Geheimen ab.«
»Wenn Sie das so sehen, kann ich nichts dagegen sagen.« Renate schaute auf die Wasserfläche und schüttelte sich. »Also mich bekommen Sie in die Brühe nicht hinein.«
»Sie sollen ja auch in Sicherheit gebracht werden.« Jane schaute auf die Uhr. »Wann willst du tauchen, John?«
»Jetzt.«
»Bißchen kalt, nicht.«
»Daran gewöhne ich mich.« Ich war schon dabei, meine Kleidung abzustreifen.
Die wichtigen Papiere übergab ich Jane, aber meine Waffen nahm ich mit.
Beretta, Kreuz und den Dolch. Die drei Dinge fanden noch unter dem Neoprenanzug Platz.
Ich nahm beide Preßluftflaschen, schnallte sie fest, steckte mir das Atemventil zwischen die Zähne und probierte es aus.
»Alles in Ordnung«, sagte ich wenig später.
»Haben Sie keine Schwimmflossen?« fragte die Deutsche.
»Leider nicht. Es wird auch so gehen. Wenn ich keinen Erfolg habe, rufe ich Torri an. Nein, das mache ich nicht. Ich komme dann auf dem normalen Weg zum Dogenpalast.«
»Du mußt es wissen«, erwiderte Jane etwas pikiert. »Es ist ja nicht mein Leben, das ich aufs Spiel setze.«
»Stimmt. Aber ich habe schon schlimmere Dinge überstanden.«
»Noch weißt du nicht, was dich erwartet. Und Bleikammern sind kein Luxushotel.«
»Stimmt. Deshalb werde ich mich auch so kurz wie möglich dort aufhalten, falls ich sie finde. Wir sehen uns dann später.« Mit diesem Satz verabschiedete ich mich von den beiden Frauen. Mit bangen Blicken schauten sie mir zu, wie ich die Taucherbrille aufsetzte und über Bord sprang…
Vor Jahren schon hatte ich mich in Venedig unter Wasser bewegen müssen. Damals hatte ich noch gegen die Strigen und ihren Anführer Strigus gekämpft, der das Meer mit weißen Särgen übersät hatte. Diesmal hatte ich es mit anderen Gegnern zu tun, die auch nicht ungefährlicher waren.
Ich konnte sie nicht in dieser schwarzbraunen, widerlichen Wasserbrühe entdecken. Zudem war sie verdammt kalt, lange konnte ich mich sowieso nicht unter Wasser aufhalten, ohne eine Verkühlung davonzutragen. Ich erreichte rasch den Grund. Der Kanal war nicht sehr tief. Schon bald fanden meine ausgestreckten Hände Kontakt. In was ich da alles herumwühlte, war mir egal. Zudem wollte ich es auch nicht sehen. Jedenfalls wirbelte ich Schlamm auf und bekam auch irgendwelche Gegenstände zu fassen, die darin verborgen lagen. Einige bestanden aus Metall, andere wiederum waren weich wie Matsch. Dicht über dem Grund schwamm ich weiter. Normalerweise besitzen Kanäle keine Strömung, hier aber war es anders.
Als ich unter Wasser weiterglitt, spürte ich an der rechten Seite so etwas wie eine Strömung. Sie zupfte oder glitt an meiner Hüfte entlang. Ich stellte die Schwimmbewegungen ein und merkte nach einer Weile, daß mich die Strömung herumdriftete. Das war schon günstig. So brauchte ich ihr nur zu folgen, um die Stelle zu erreichen, wo sich die Strömung gebildet hatte.
Dort zog es auch mich hin. Je mehr ich mich dem Ziel näherte, um so stärker wurde die Strömung, bis ich mir die Schulter an einer Mauer stieß.
Und da fand ich auch das Loch in der Mauer!
Genau das hatte ich gesucht. Ich freute mich darüber, es so schnell gefunden zu haben. Die Öffnung war so groß, daß ich hindurchschwimmen konnte. Dahinter mußte ein Gang oder ein Tunnel liegen, in den mich die Strömung ohne mein Zutun hineinzog. Ich ließ mich treiben.
Gern hätte ich eine Unterwasserlampe gehabt, so aber mußte ich allein auf mein Glück vertrauen.
Ich konnte wirklich nichts sehen.
Zudem war der Gang nicht gerade geräumig oder hoch. Ich kam mir vor wie in einem engen, nie enden wollenden
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