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Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sarg.
    Nur war ich in meinem Job einiges gewohnt. Eine fremde Person wäre wahrscheinlich vor Angst umgekommen.
    Die Strömung und meine eigenen Schwimmbewegungen schafften mich voran. Ich hatte mir die Richtung merken können. Wenn mich nicht alles täuschte, wurde ich sogar in Richtung Dogenpalast gezogen. Es wäre herrlich gewesen, wenn der Gang dort sein Ende gefunden hätte. Das Glück hatte ich leider nicht. Irgendwann wurde es über mir etwas heller. Ein Graustich, dann ein Schimmer, der sich ausbreitete wie Mondstrahlen auf dunklem Wasser.
    Ich tauchte hoch. Kein Hindernis hielt mich auf. Als ich mit dem Kopf die Wasserfläche durchstieß, umfächerte kühle Luft mein Gesicht. Ich schob die Brille in die Stirn und begann mich umzuschauen. Es war heller geworden. Über mir lag der Himmel wie eine graue Wand. Ihr entgegen wuchsen hohe Mauern, die mich von drei Seiten abschirmten. Nur zur rechten Seite hin war das Gelände offen. Sehr bald hatte ich herausgefunden, daß ich in einem toten Kanalarm wieder an die Oberfläche gekommen war. In der Nähe schaukelten zwei hölzerne Ruderboote auf den Wellen. Das Mauerwerk des Kanals glänzte feucht, als hätte es jemand mit einer dünnen Ölschicht eingerieben. Ich wischte das Schmutzwasser aus dem Gesicht und schwamm auf das nächstliegende Ufer zu.
    In der Nähe befand sich eine rostige Leiter. Ich kletterte sie hinauf und schaute mir die Hausfronten an.
    Hier wohnte niemand. Das Mauerwerk sah aus, als würde es zu alten Lagerhäusern gehören. Und damit war auch die Spur des Henkers und des Dogen verschwunden.
    Tropfnaß, frierend und zitternd drückte ich mich an die Mauer und verwünschte mich und meinen Plan. Wahrscheinlich war es am besten, wenn ich zurückging und den gleichen Weg nahm wie Jane Collins. Ich hatte mich bereits mit dem Gedanken angefreundet, als ich nicht weit entfernt das Quietschen einer Türangel hörte.
    Ich preßte mich gegen die Mauer und wartete gespannt ab. Die Tür war links von mir aufgestoßen worden und kam auf mich zu, so daß ich in deren Deckung stand. Der Heraustretende sah mich nicht. Sekunden später mußte ich mir ein Lachen verbeißen, denn der Typ, der das Lagerhaus verließ, sah aus, wie man sich einen Dieb landläufig vorstellt. Er trug einen mit geklauter Ware gefüllten Sack auf dem Rücken, ließ das Tor offen und bewegte sich auf leisen Sohlen auf den Kanalrand zu, wo er in gleicher Höhe mit einem der dort liegende Boote stehenblieb.
    Vom Rand aus ließ er den Sack in das Boot fallen, bevor er hinterhersprang.
    Er mußte das Boot erst lostäuen, deshalb hatte ich noch Zeit. So leise wie möglich ging auch ich auf den Kanal zu und sprang. Der Dieb bekam fast einen Schreikrampf, als ich wie ein Schatten neben ihm erschien, das Boot in heftige Schwankungen geriet und Wasser über kam.
    Bevor er schreien konnte, preßte ich ihm meine Hand auf den Mund und brachte meine Lippen dicht an sein linkes Ohr. Dabei stellte ich fest, daß seine Haare ranzig rochen. »Keinen Laut!«
    Ich wartete sein Nicken noch ab, erst dann löste ich die Hand von seinen Lippen. Sofort redete er. »Ich habe nicht viel gestohlen, nur das, was meine Familie und ich…«
    »Das interessiert mich nicht.«
    »Nicht?«
    Er glotzte mich an. Ja, der Mann besaß tatsächlich Glotzaugen, die weit vorstanden. »So ist es, mein Freund.«
    »Aber was…?«
    »Ich will etwas von dir wissen.«
    »Ich weiß gar nichts, überhaupt nichts.« Er bewegte beide Hände vor seinem Gesicht hin und her.
    »Vielleicht. Es geht mir um zwei Gestalten!« Ich spreizte Daumen und Zeigefinger ab, um die Wirkung zu verstärken. »Einer von ihnen trägt eine goldene Maske, der andere ist mit einem Schwert bewaffnet. Hast du die beiden gesehen.«
    Er schüttelte viel zu schnell den Kopf. Er mußte etwas wissen.
    »Sag es!«
    »Nein, ich…«
    Mit beiden Händen packte ich ihn an den Revers seiner alten Cordjacke und schüttelte ihn durch. »Wenn du etwas gesehen hast, wirst du den Mund aufmachen!«
    »Bitte, lassen Sie…«
    Ich ließ ihn nicht los. »Hast du etwas gesehen oder nicht, verdammt noch mal?«
    »Ja, ich habe. Ich habe… sie… sie kamen aus dem Wasser.« Er drehte seinen Oberkörper nach links und streckte den Arm aus. »Dort tauchten sie auf.«
    »Der mit der Maske und der Schwertträger?«
    »So ist es.«
    »Und was hast du getan?«
    Er lachte gequält. »Getan? Nichts habe ich getan. Ich hatte Schiß! Die beiden sahen nämlich verdammt gefährlich aus, verstehst

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