Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Doktor und das liebe Vieh

Der Doktor und das liebe Vieh

Titel: Der Doktor und das liebe Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
Vom Netzwerk:
festzustellen. Er sah nicht mehr so verängstigt aus. Und ging der Atem nicht langsamer?
    Dann schüttelte sich der Bulle, wandte den Kopf und sah uns an. Einer der jungen Männer flüsterte ehrfürchtig: »Donnerwetter, es hat geholfen!«
    Ich freute mich. Nichts in meinem Berufsleben hat mir jemals größeres Vergnügen bereitet als in diesem Verschlag zu stehen, den rettenden Wasserstrahl zu dirigieren und zu beobachten, wie der Bulle es genoß. Am liebsten hatte er es im Gesicht, und während ich vom Schwanz hinauf den dampfenden Rücken abspritzte, drehte er seine Nase zum Wasser hin, wiegte den Kopf hin und – her und blinzelte selig.
    Nach einer halben Stunde sah er schon fast normal aus. Seine Brust hob und senkte sich noch ein bißchen hastig, aber er hatte keine Beschwerden mehr. Ich maß noch einmal die Temperatur. Sie war auf vierzig Komma vier heruntergegangen.
    »Bald wird er wieder ganz in Ordnung sein«, sagte ich. »Aber einer der Burschen sollte ihn noch etwa zwanzig Minuten lang besprengen. Ich muß jetzt gehen.«
    »Sie haben noch Zeit für ein Glas«, brummte Phin.
    In der Küche brüllte er sein gewohntes »Mutter«, aber es klang nicht so kraftvoll wie sonst. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und starrte in sein Glas Nutty Brown. »Ehrlich, mein Junge, diesmal haben Sie mich völlig durcheinandergebracht.« Er seufzte und rieb sich das Kinn. »Zum Teufel, ich weiß überhaupt nicht, was ich Ihnen sagen soll.«

Kapitel 15
     
    Diesmal machte ich mir ernstliche Sorgen um Tricki. Ich hatte mein Auto angehalten, als ich ihn auf der Straße mit seiner Herrin sah, und sein Aussehen erschreckte mich. Er war ungeheuer fett geworden und sah aus wie ein Luftballon mit vier Beinen. Seine blutunterlaufenen, wässerigen Augen hatten einen starren Blick; die Zunge hing heraus.
    »Er war so teilnahmslos, Mr. Herriot«, erklärte Mrs. Pumphrey hastig. »Er schien überhaupt keine Energie mehr zu haben. Ich dachte, er litte an Unterernährung, und daher habe ich ihm zwischen den Mahlzeiten immer ein paar Extrahäppchen zur Stärkung gegeben. Kalbssülze zum Beispiel, abends ein Schüsselchen Ovomaltine zum Einschlafen und natürlich Lebertran. Wirklich nicht viel.«
    »Und haben Sie ihn mit Süßigkeiten kurzgehalten, wie ich es Ihnen riet?«
    »Zuerst schon, aber dann kam er mir so entkräftet vor, und da mußte ich nachgeben. Er mag so gern Sahnetorte und Schokolade. Ich bringe es einfach nicht übers Herz, ihn darben zu lassen.«
    Da lag der Hase im Pfeffer: Trickis einziger Fehler war seine Gier. Es kam ihm einfach nicht in den Sinn, Futter abzulehnen; er fraß zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ich fragte mich, was Mrs. Pumphrey ihm wohl noch alles gegeben hatte, ohne es zu erwähnen. Gänseleberpastete auf Toast, feine Butterpralinen – so etwas liebte Tricki.
    »Hat er genügend Bewegung?«
    »Nun, Sie sehen ja, er macht seine kleinen Spaziergänge mit mir, aber Hodgkin liegt mit Hexenschuß im Bett, und daher gab es in letzter Zeit kein Ringspiel.«
    Ich bemühte mich, mit äußerster Strenge zu sprechen. »Hören Sie, Mrs. Pumphrey, wenn Sie sein Futter nicht drastisch reduzieren und er nicht mehr Bewegung hat, kann es ihn das Leben kosten. Sie müssen hart sein und ihn auf eine sehr strenge Diät setzen.«
    Mrs. Pumphrey rang die Hände. »Ja, Mr. Herriot, ich weiß, daß Sie recht haben, aber es ist so schwer, so furchtbar schwer.« Sie ging mit gesenktem Kopf weiter.
    Ich sah den beiden besorgt nach. Tricki wackelte in seinem Tweedmäntelchen neben Mrs. Pumphrey her. Er besaß eine ganze Kollektion solcher Mäntel – aus warmem Tweed- oder Schottenstoff für kalte Tage, aus imprägniertem Gabardine für Regenwetter. Matt und kraftlos zottelte er die Straße entlang. Ich vermutete, daß ich bald von Mrs. Pumphrey hören würde.
    Der erwartete Anruf kam nach ein paar Tagen. Mrs. Pumphrey war verzweifelt. Tricki – wollte nicht fressen, wies sogar seine Lieblingsgerichte zurück und hatte sich mehrmals übergeben. Er lag apathisch auf seinem Lager und atmete keuchend. Zum Spazierengehen hatte er keine Lust und auch zu nichts anderem.
    Mein Plan stand bereits fest: Tricki mußte für einige Zeit von Mrs. Pumphrey getrennt werden. Ich schlug ihr vor, ihn für etwa vierzehn Tage zwecks Beobachtung zu uns zu geben.
    Die arme Frau wurde beinahe ohnmächtig. Sie war noch nie ohne ihren Liebling gewesen und behauptete, er werde vor Sehnsucht vergehen, wenn er sie nicht jeden Tag sehe.
    Aber ich blieb

Weitere Kostenlose Bücher