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Der Dolchstoss

Der Dolchstoss

Titel: Der Dolchstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wie ein Blumengarten duftete.
    Mein kleiner Rammler, ich erwarte dich heute abend zum Essen in meinen Räumen.
    Keine Unterschrift, aber die war auch nicht nötig. Licht! Die Frau besaß überhaupt kein Schamgefühl! An der Tür zum Gang befand sich ein rot bemaltes Eisenschloß. Er fand den Schlüssel und schloß es ab. Dann verhakte er vorsichtshalber noch einen Stuhl unter der Klinke der Tür zu Nerims Raum. Er konnte gut auf das Essen verzichten. Als er gerade zu Bett gehen wollte, rüttelte jemand an dem Schloß. Draußen im Gang lachte eine Frau, als sie die Tür gesichert vorfand.
    Danach hätte er tief schlafen müssen, aber er lag aus einem unbestimmten Grund wach und lauschte seinem knurrenden Magen. Warum tat sie das? Nun, er wußte warum, aber warum er? Sicherlich hatte sie nicht allen Anstand über Bord geworfen, nur um mit einem Ta'veren zu schlafen. Wie dem auch sei - er war jetzt in Sicherheit. Tylin würde wohl nicht die Tür einschlagen. Oder? Und durch den schmiedeeisernen Sichtschutz des Balkons kämen nicht einmal Vögel herein. Außerdem würde sie eine lange Leiter brauchen, um zu dieser Höhe zu gelangen. Und Männer, welche die Leiter trugen. Es sei denn, sie kletterte an einem Seil vom Dach herab. Oder sie könnte... Die Nacht verging, sein Magen knurrte, die Sonne stieg auf, und er hatte kein einziges Mal die Augen geschlossen oder einen vernünftigen Gedanken gehegt. Aber er hatte eine Entscheidung getroffen. Ihm schwebte eine Nutzungsmöglichkeit des Schmollwinkels vor, denn er schmollte gewiß niemals.
    Er schlich sich beim ersten Tageslicht aus seinen Räumen und traf auf einen weiteren, ihm bekannten Diener, ein bereits kahl werdender Bursche namens Madie, mit einer selbstgefälligen Art und einem durchtriebenen Zug um den Mund, der besagte, daß er überhaupt nicht zufrieden war. Ein Mann, den man kaufen konnte. Obwohl der bestürzte Ausdruck, der sich kurz auf seinem kantigen Gesicht zeigte, und das höhnische Grinsen, das er kaum zu verbergen versuchte, besagten, daß er genau wußte, warum Mat ihm Gold in die Hand drückte. Verdammt! Wie viele Leute wußten, was Tylin vorhatte?
    Nynaeve und Elayne schienen es, dem Licht sei Dank, nicht zu wissen. Statt dessen schalten sie ihn, weil er das Essen mit der Königin versäumt hatte, wovon sie erfuhren, als Tylin sie fragte, ob er krank sei. Und schlimmer noch...
    »Bitte«, sagte Elayne und lächelte fast so, als würde ihr dieses Wort nicht schwerfallen. »Ihr müßt Euch mit der Königin vertragen. Seid nicht nervös. Ihr werdet einen Abend mit ihr genießen.«
    »Stoßt sie nicht vor den Kopf«, murrte auch Nynaeve. Bei ihr bestand kein Zweifel, daß es ihr schwerfiel, höflich zu sein, Sie zog angestrengt die Brauen zusammen, ihr Kiefer war angespannt, und ihre Hände zitterten, weil sie an ihrem Zopf ziehen wollte. »Seid einmal in Eurem Leben entgegenkommend... Ich meine, denkt daran, daß sie eine anständige Frau ist, und versucht keine Eurer... Licht, Ihr wißt, was ich meine.«
    Nervös. Ha! Eine anständige Frau. Ha!
    Keine von beiden schien im mindesten besorgt, daß er einen ganzen Nachmittag verschwendet hatte. Elayne tätschelte ihm mitfühlend die Schulter und bat ihn, es bitte noch einen oder zwei Tage lang zu versuchen. Es war gewiß besser, als in dieser Hitze durch den Rahad zu stapfen. Nynaeve sagte genau das gleiche, wie Frauen es nun einmal taten, aber ohne seine Schulter zu tätscheln. Sie gaben offen zu, daß sie den Tag damit zu verbringen beabsichtigten, mit Aviendhas Hilfe Carridin auszuspionieren, obwohl sie seiner Frage auswichen, wen sie vielleicht wiederzuerkennen hofften. Nynaeve sagte ihm dies, und Elayne sah sie auf eine Art an, daß er glaubte, er würde endlich einmal zu sehen bekommen, wie Nynaeve geohrfeigt wurde. Sie nahmen seine strikte Anweisung, ihre Leibwächter nicht zu verlassen, sanftmütig entgegen und zeigten ihm ebenso bereitwillig die Verkleidungen, die sie zu tragen beabsichtigten. Selbst nachdem Thom es ihm beschrieben hatte, war der Anblick der beiden Frauen, die sich vor seinen Augen in Ebou Dari verwandelten, fast ein genauso großer Schock wie ihre Sanftmütigkeit. Nun, Nynaeve versetzte der Sanftmütigkeit einen gewaltigen Schlag, indem sie zornig wurde, als sie erkannte, daß er seine Worte ernst gemeint hatte, daß die Aielfrau keinen Leibwächter brauche, aber sie beruhigte sich wieder. Es machte ihn bei beiden Frauen nervös, wenn sie ihre Hände falteten und ergeben

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