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Der Dolchstoss

Der Dolchstoss

Titel: Der Dolchstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Stunde lang vergessen könnte, daß sie ihm mehr als einmal den Hosenboden versohlt hatte, und sich daran erinnern würde, daß er kein Junge mehr war. Aber die Freundschaft mit einer Frau unterschied sich von der Freundschaft mit einem Mann. Dabei war man sich stets bewußt, daß sie anders dachte als man selbst, daß sie die Welt mit anderen Augen sah.
    Birgitte beugte sich auf der Bank zu ihm. »Ihr solltet besser vorsichtig sein«, murmelte sie. »Diese Witwe hält nach einem neuen Ehemann Ausschau. Ihr Hochzeitsdolch steckt in einer blauen Scheide. Außerdem ist das Haus dort drüben.«
    Er blinzelte, verlor die rundliche Frau, die ihre Hüften beim Gehen so außerordentlich schwang, aus den Augen, und Birgitte reagierte auf seinen verlegenen Gesichtsausdruck mit Lachen. Nynaeve hätte ihn wortreich gerügt, und selbst Egwene hätte kühle Mißbilligung gezeigt. Am Ende des zweiten Tages auf dieser Bank erkannte er, daß er die ganze Zeit dicht mit Birgitte zusammengesessen und nicht einmal daran gedacht hatte, sie zu küssen. Er war sich sicher, daß sie auch nicht von ihm geküßt werden wollte -offen gesagt, wäre er, wenn man die häßlichen Männer bedachte, die sie anscheinend gern betrachtete, vielleicht beleidigt gewesen, wenn sie es gewollt hätte. Birgitte war zudem eine Heldin aus der Legende, von der er noch immer halbwegs erwartete, daß sie über ein Haus springen und unterwegs einige Verlorene am Kragen packen würde. Aber das war es nicht: Er hätte genausogut daran denken können, Nalesean zu küssen. Genauso wie den Tairener, ganz genauso, mochte er Birgitte.
    Zwei Tage verbrachten sie bereits auf dieser Bank und gingen die Gasse neben der Färberei auf und ab, um die hohe Mauer aus kahlen Ziegelsteinen an der Rückseite des Gartens des Hauses zu betrachten. Birgitte hätte hinaufklettern können, aber selbst sie hätte sich vielleicht den Hals gebrochen, wenn sie es in einem Kleid versuchte. Dreimal beschloß er spontan, Frauen zu folgen, die das Haus verließen, von denen zwei den roten Gürtel einer Weisen Frau trugen. Die zufällige Gelegenheit schien sein Glück zu beschwören. Eine der Weisen Frauen ging um die Ecke und kaufte ein Bündel gedörrte Rüben, bevor sie zurückging. Die andere lief zwei Straßen weiter, um zwei große, grün gestreifte Fische zu kaufen. Die dritte Frau, groß und dunkel in geschmackvollem grauen Tuch - vielleicht eine Tairenerin - überquerte zwei Brücken, bevor sie einen großen Laden betrat, in dem sie von einem mageren, sich verbeugenden Burschen lächelnd begrüßt wurde und dann das Verladen von lackierten Schachteln und Kästchen in mit Sägespänen gefüllte Körbe überwachte, die wiederum auf einen Wagen geladen wurden. Soweit er hören konnte, hoffte sie, damit in Andor einen hübschen Betrag in Silber zu verdienen. Mat konnte nur knapp davonkommen, ohne eine Schachtel zu kaufen. Soviel zu zufälligem Glück.
    Auch niemand sonst hatte Glück. Nynaeve, Elayne und Aviendha schlenderten durch die Straßen rund um Carridins kleinen Palast, ohne jemanden zu sehen, den sie wiedererkannt hätten, was sie unendlich enttäuschte. Sie weigerten sich noch immer, ihm zu sagen, um wen es ging. Es war auch einerlei, da die Leute sich ohnehin nicht zeigten. Das sagten sie ihm, während sie ihn strahlend anlächelten. Zumindest dachte er, daß es ein Lächeln sein sollte. Es war eine Schande, daß Aviendha sich anscheinend so sehr mit den beiden anderen eingelassen hatte, aber dann gab es einen Moment, in dem er sie zu einer Antwort drängte und Elayne ihn anfauchte und die Aielfrau ihr etwas ins Ohr flüsterte.
    »Verzeiht, Mat«, sagte Elayne ernst, während sich ihr Gesicht so stark rötete, wie ihr Haar hell schien. »Ich bitte demütig um Verzeihung, so gesprochen zu haben. Ich ... werde Euch auf Knien darum bitten, wenn Ihr es wünscht.« Natürlich stockte ihre Stimme bei den letzten Worten.
    »Das ist nicht nötig«, sagte er matt und bemühte sich, sie nicht anzustarren. »Ich verzeihe Euch. Es war nichts.« Das Seltsamste daran war jedoch, daß Elayne die ganze Zeit, während sie mit ihm sprach, Aviendha ansah und bei seiner Erwiderung mit keiner Wimper zuckte, aber zutiefst erleichtert aufseufzte, als Aviendha zustimmend nickte. Frauen waren einfach eigenartig.
    Thom berichtete, daß Carridin häufig Bettlern etwas gab und außerdem alles Gerede über ihn in Ebou Dar dem entsprach, was zu erwarten gewesen war, abhängig davon, ob der Sprecher glaubte,

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