Der Dominoeffekt
in Gang. Gabriele Schepers war gestochen scharf zu erkennen, der Zoom hatte keine Beeinträchtigungen bewirkt.
Zusammen mit den Bildern, die er mit dem Handy aufgenommen hatte, verfügte er über etwa achtzig Aufnahmen von dem Treffen in der Gastronomie beim Freizeitbad und von dem Schäferstündchen hinter dem Friedhofsparkplatz.
Der Detektiv schnalzte mit der Zunge, der Körper der Frau konnte sich sehen lassen. Kleine, knackige Brüste, bei denen die Wirkung der Schwerkraft noch nicht zu erkennen war. Und das verlängerte Rückgrat war ebenfalls sehr anschaulich.
Nun, sein Auftraggeber würde zufrieden sein, das Beweismaterial war erdrückend.
Vollmert kramte sein Notizbuch hervor, suchte die Nummer des gehörnten Immobilienmaklers im Adressverzeichnis und gab die Ziffern ein. Kurz darauf hatte er den feisten Kerl am Rohr.
Der Detektiv bat um einen Termin für den nächsten Abend, ohne konkret zu werden; schließlich hatte er vor dem Treffen noch etwas zu erledigen.
Nach dem Telefonat überprüfte er wieder den PC. Die Übertragung der Daten war inzwischen beendet, Vollmert klaubte einen Rohling aus der Spindel, startete das Brennprogramm und zog die eben kopierten Fotos in das Datenfenster zum Brennen. Diese Prozedur wiederholte er noch zweimal, kontrollierte jeweils das Ergebnis und verstaute danach eine CD in seinem Rucksack. Die beiden anderen landeten beschriftet in dem braunen DIN-A4-Umschlag, der auch die übrigen Rechercheergebnisse im Fall Schepers enthielt, unter anderem auf vier weiteren CDs.
Vollmert mochte sich privat auch noch so schlunzig geben, für seine Arbeit galten andere Maßstäbe. Nach einer Beschattung wurden die gewonnenen Erkenntnisse sofort in ein Ablaufprotokoll übertragen, kopiert und gesichert. Vor neun Monaten hatte er über zwei Wochen einen der wenigen interessanten Aufträge bearbeitet, bei dem es um Industriespionage gegangen war. Als der fragliche Diplomingenieur dann tatsächlich Blaupausen und Konstruktionsunterlagen an einen Vertreter der Konkurrenz übergeben hatte, war die Speicherkarte von Vollmerts Digi-Cam prallvoll gewesen. Bis er wieder Platz auf dem Speicher geschaffen hatte, war der Deal gelaufen. Zwei Wochen Arbeit waren für die Katz gewesen, so etwas passierte ihm nur einmal.
Zufrieden lehnte sich Vollmert zurück, tippte im Geiste schon die Rechnung für den Immobilienfuzzi und überlegte, was er sich zum Frühstück zubereiten sollte. Sein Büro lag auf demselben Flur wie seine Wohnung, zwei Räume, im Vorzimmer ausreichend Platz für eine Sekretärin – die er sich natürlich nicht leisten konnte –, und eine kleine Kochnische. Den Büroraum selbst füllten eine wuchtige Schreibtischkombination, ein gut ausgerüsteter Computerarbeitsplatz, ein Bücherregal, in dem neben einiger Fachliteratur und Elektronikzeitschriften auch der eine oder andere Thriller zu finden war, und ein kleines Schränkchen, in dem die Unterlagen seiner laufenden Fälle deponiert waren. Für Vollmerts Geschmack hätten ruhig mehr als die drei kümmerlichen Schnellhefter darin stehen können.
Als der letzte Rest Kaffee durch die verkalkten Röhrchen der Maschine gluckerte und der Detektiv gerade das Brotmesser in einem Körnerbrötchen versenken wollte, klingelte es. Vollmert sah auf die Uhr. Viertel vor zehn. Einen Termin hatte er nicht.
Nachdem er den Türöffner gedrückt hatte, ließ er das Brötchen und den Käse in einer der Schreibtischschubladen verschwinden, wischte mit dem Ärmel die Krümel von der Tischplatte und ging zur Tür, um seinen Besucher zu empfangen.
Auf der alten Holztreppe waren schwere, schlurfende Schritte zu hören. Vollmert öffnete genau in dem Augenblick, als sein Besucher an seine Bürotür klopfen wollte.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Detektiv so freundlich wie möglich. Dabei musste er sich ein Grinsen verkneifen. Der Typ, der da vor ihm stand, wirkte von Kopf bis Fuß lächerlich. Strähnige, fettige Haare, ein pausbäckiges Gesicht, Brillengläser so dick wie Glasbausteine. Der schlecht geschnittene, billige Anzug verbarg höchstens fünf der zwanzig Kilo Übergewicht. Um die Griffe der schäbigen Kunstlederaktentasche krampften sich ungepflegte Wurstfinger.
»Haben… haben Sie einen Moment Zeit?«, fragte der Dicke, der Vollmert selbst auf Zehenspitzen stehend lediglich bis zum Kinn gereicht hätte.
»Aber selbstverständlich. Treten Sie ein, Herr…?«
»Werner«, hauchte der Dicke verschüchtert.
Vollmert trat zur Seite
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