Der Dominoeffekt
Sie Namen und Adresse, um mein Alibi zu überprüfen?« Den letzten Teil des Satzes spie er fast aus.
»Nicht nötig. Wir wissen, dass Sie Vollmert nicht getötet haben können.«
Fresenius blinzelte den Hauptkommissar wütend an und stiefelte endlich entschlossen auf den Flur.
Nachdem der Bundesbeamte gegangen war, faltete Wielert abwartend die Hände und legte den Kopf leicht nach vorn.
»Ja, ich weiß«, kam de Vries seiner Frage zuvor. »Tut mir leid, aber ich musste Sie zurückpfeifen. Der Fall hat damals für reichlich Ärger gesorgt.«
»Ich höre.«
Die Staatsanwältin zückte eine ihrer Zigaretten und wartete, bis Wielert ihr einen Aschenbecher zugeschoben hatte.
»Damals habe ich den Fall für die zuständige Staatsanwaltschaft bearbeitet. Im Großen und Ganzen ist das, was Fresenius erzählt hat, zutreffend. Interessant sind aber auch die Details, die er verschwiegen hat.«
»Ich höre«, wiederholte Wielert.
»Fresenius wollte damals diesen Vollmert den Wölfen zum Fraß vorwerfen. Der Beamte, der getötet worden ist, hieß Werner Dehrendorf, bis dahin Fresenius’ engster Mitarbeiter. Das BKA hat alles daran gesetzt, Vollmert wegen gemeinschaftlichen Mordes vor Gericht zu bringen. Doch die Kollegen konnten nur Indizien vorbringen, keine Beweise. Auf dem Beutel, in dem das Rauschgift war, fanden wir keinen einzigen Fingerabdruck, auf den Geldscheinen ebenso wenig. Wir konnten nicht rekonstruieren, wie das Flugticket bezahlt worden ist. Den Treffpunkt, an dem die beiden Beamten abgefangen wurden, hatte Dehrendorf bestimmt, und zwar erst eine Viertelstunde, bevor er sich mit Vollmert treffen wollte. Natürlich hätte Vollmert die Information trotzdem noch weitergeben können, aber eine Überprüfung seines Handys ergab, dass er in den Stunden vor dem Überfall weder eine SMS verschickt noch telefoniert hat. Vollmerts Wohnung, wo ihn der Anruf Dehrendorfs erreichte, war verwanzt. Dort konnte sich also auch keine zweite Person aufgehalten haben, ohne dass wir es mitbekommen hätten.«
»Und warum wurde Vollmert dann gefeuert, wenn ihm nichts nachgewiesen werden konnte?«
»Wielert, ich will nicht sagen, dass er unschuldig war, wir konnten ihm nur nichts nachweisen. Und plötzlich schaltete sich die Bundesanwaltschaft ein und wollte uns den Fall wegnehmen, angeblich hatten wir die Ermittlungen nicht mit dem nötigen Nachdruck betrieben. Natürlich steckte Fresenius dahinter, der wollte Vollmert auf Biegen und Brechen hinter Gitter bringen.«
»Aus persönlichen Rachemotiven?«
»So sehe ich das. Den Bundesstaatsanwalt abzubiegen, das war eine Verfahrensfrage, der durfte sich für den Fall gar nicht zuständig erklären. Letzten Endes musste Fresenius sich damit zufrieden geben, dass wir die Ermittlungen einstellten. Im Gegenzug hat er aber dafür gesorgt, dass Vollmert geschasst wurde.«
»Hm«, überlegte Wielert. »Können Sie sich deshalb so gut leiden?«
De Vries grinste schwach. »Es ging damals hoch her zwischen ihm und mir. Und er ist ein schlechter Verlierer. Ein Vierteljahr nach dieser Sache bekam ich zunehmend Schwierigkeiten, ich erhielt nur noch uninteressante Fälle, wurde bei einer Beförderung übergangen und und und. Ich vermute, Fresenius hatte da seine Finger im Spiel. Aber auch das war natürlich nicht nachzuweisen.«
»Ist ja alles hochinteressant. Doch was bedeutet das für unseren aktuellen Fall? Welche Rolle spielt Vollmert in der ganzen Sache?«
»Das weiß ich natürlich auch nicht. Vielleicht schadet es nicht, sich die alten Ermittlungsakten aus Vollmern BKA-Zeiten anzusehen. Unter Umständen ist dieser tote Detektiv auf einen alten Bekannten gestoßen, der bei unserer Sache mit drin hängt.«
»Können Sie die besorgen?«, fragte Wielert überrascht.
»Fresenius ist nicht der Einzige, der über gute Kontakte verfügt«, lächelte de Vries verschwörerisch. »Eine gute Freundin von mir arbeitet immer noch in Wiesbaden.«
»Erfreulich zu hören. Wussten Sie eigentlich, dass einige Kollegen beim BKA Fresenius in Verdacht haben, er sei der gesuchte Maulwurf?«
»Was sagen Sie da?«
»Ich habe es auch eben erst erfahren, allerdings hat Hofmann nur im Telegrammstil berichten können. Doch die Quelle, aus der die Informationen stammen, scheint sehr zuverlässig zu sein.«
40
»Hofmann, du nervst. Geldern wird nicht von der Landkarte verschwinden, wenn wir eine Stunde später fahren.«
Katharina stopfte den Autoschlüssel in die Hosentasche und sah sich
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