Der Dominoeffekt
weil ich noch einige Besorgungen erledigen wollte. Um halb fünf haben wir uns im Café Zürich getroffen, dort waren wir etwa zwei Stunden. Anschließend sind wir in ein anderes Restaurant etwas essen gegangen. Gegen neun war ich wieder zu Hause.«
Katharina hatte ein kleines Notizbuch gezückt. »Könnten Sie mir die Namen Ihrer Freundinnen geben?«
Schepers’ Augen verengten sich zu Schlitzen. »Natürlich. Aber warum sollte ich?«
»Wenn die das bestätigen, hätten Sie ein einwandfreies Alibi.«
»Alibi? Ich? Wofür?«
»Vollmert wurde ermordet. Und wenn sich Ihre Aussage bewahrheitet, können Sie es nicht gewesen sein.«
»Ach du lieber Gott! Ermordet, sagen Sie?«
»Die Namen, bitte.«
Schepers zählte an den Fingern die Namen von drei Frauen auf, inklusive Adresse und Telefonnummer.
»Das wäre dann schon alles«, erklärte Hofmann, als Katharina das Büchlein wieder verstaut hatte. »Haben Sie vielen Dank für Ihre Hilfe. Vielleicht melden wir uns noch einmal bei Ihnen, falls wir eine offizielle Aussage brauchen sollten.«
»Werden Sie meinen Mann über diese Angelegenheit in Kenntnis setzen?«
»Ich sehe keinen Grund dafür. Danke, wir finden schon allein nach draußen.«
»Mann, Berthold«, kicherte Katharina, als sie den Rückweg zum Auto angetreten hatten. »Um was für körperliche Dienstleistungen kann sich das wohl gehandelt haben? Bestimmt keine Fußzonenreflexmassage.«
»Bin mal gespannt, wie lange ich mir das jetzt wieder anhören kann. Hast du wirklich geglaubt, diese Schepers habe Vollmert umgebracht?«
»Natürlich nicht. So ein schmächtiges Persönchen wird wohl kaum in der Lage sein, einem Mann wie Vollmert das Genick zu brechen.«
»Warum auch? Lieber fünftausend Euro abdrücken und weiter ein Luxusleben genießen als das Risiko eingehen, die nächsten zwanzig Jahre im Knast zu sitzen. Ist eine ganz einfache Rechnung.«
»Ist trotzdem interessant. Wenn Vollmert regelmäßig so ein Ding durchgezogen hat, gibt es gleich einen ganzen Berg von Verdächtigen. Vielleicht hat ja ein Auftraggeber herausgefunden, dass er beschissen wurde… oder eines von Vollmerts Erpressungsopfern hat rotgesehen. Möglicherweise ist es auch gar nicht bei einmaligen Zahlungen geblieben. Aber jetzt erst mal ab nach Geldern. Bin gespannt, was uns Frau Mempel-Werner zu berichten hat. Vielleicht wollte er seine Nummer ja auch bei der durchziehen.«
Als Katharina den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, piepste ihr Handy.
»Thalbach. – Ach du bist es, Bernd. Was gibt’s?«
Hofmann lehnte sich gegen das Auto und behielt seine Kollegin im Blick. Der sich langsam verändernde Gesichtsausdruck der Blonden gefiel ihm gar nicht.
»Das wird immer komplizierter«, erklärte Katharina, nachdem sie das Mobiltelefon wieder ausgeschaltet hatte. »Bernd hatte vorhin eine ausführliche Unterhaltung mit de Vries und Fresenius. Kommst du nie drauf, was dabei rausgekommen ist.«
»Jetzt mach es nicht so spannend.«
»Vollmert hat früher beim BKA gearbeitet, in Fresenius’ Abteilung. Hat einen dicken Skandal gegeben, Vollmert wurde achtkantig raus geworfen.«
»Na klasse. Sollen wir zurück ins Präsidium?«
»Nein, wir fahren nach Geldern, Bernd kümmert sich um die Sache. Unterwegs erzähle ich dir die Einzelheiten.«
41
Endlich klingelte das Handy.
Ion Illic wuchtete sich von der Matratze hoch, durchquerte das Hotelzimmer mit zwei schnellen Schritten und schaltete das Telefon auf Empfang.
»Ja?«, meinte er knapp.
Es war Toralf.
Der Rumäne hörte etwa eine halbe Minute zu, stellte noch ein paar kurze Fragen und unterbrach dann die Verbindung wieder.
Es war auch höchste Zeit gewesen, dass der Anruf erfolgte. Der Balken, der die Leistungsfähigkeit des Akkus anzeigte, war bedrohlich klein geworden, Illic schätzte, dass der Saft maximal noch heute reichen würde. Ohne Ladegerät konnte er das Gerät dann in eine Mülltonne werfen. Er wusste nicht, ob in Deutschland gestohlene Handys registriert waren und ob er ohne Weiteres in einem der zahlreichen Läden für Zubehör einfach ein neues Ladegerät kaufen konnte. Er wollte lieber kein Risiko eingehen.
Nachdem er das Gerät ausgeschaltet hatte, legte er sich wieder auf das Hotelbett und dachte nach. Er hatte fast alle Informationen, die er brauchte. Nur, wie sollte er vorgehen?
Eigentlich benötigte er eine Waffe, aber daran zu kommen, schien ihm unmöglich. Sicher, in einer Großstadt wie Frankfurt oder Hamburg wäre das
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