Der Dorfpfarrer (German Edition)
ich das Dasein nicht genug, um einem anderen Menschen dies traurige Geschenk zu machen. Obwohl ich das Geld für eines der wichtigsten Mittel ansehe, die dem sozialen Menschen zum Handeln gegeben sind, ist es schließlich doch nur ein Mittel. Ich setze also mein einziges Vergnügen in die Gewißheit, meinem Vaterlande nützlich zu sein. Meine größte Freude würde sein, in einer meinen Fähigkeiten entsprechenden Umgebung zu wirken. Wenn Sie in dem Umkreise Ihrer Gegend, Ihrer Bekannten, wenn Sie in dem Raume, wo Sie tätig sind, von einem Unternehmen reden hören, das einige von den Fähigkeiten verlangt, die Sie an mir kennen, erwarte ich innerhalb von sechs Monaten eine Antwort von Ihnen. Was ich Ihnen hier schreibe, mein Herr und Freund, denken andere auch. Ich habe viele meiner Kameraden oder ehemalige Schüler gesehen, die wie ich in der Falle eines besonderen Wissenschaftszweiges sitzen, Kartenzeichner, Kriegsschullehrer, Genieoffiziere, die sich für den Rest ihrer Tage als Hauptleute sehen und es bitter bedauern, nicht in die aktive Armee eingetreten zu sein. Kurz, zu verschiedenen Malen haben wir uns untereinander die lange Täuschung eingestanden, der wir zum Opfer gefallen sind, und die man erst erkennt, wenn es nicht mehr Zeit ist, sich ihr zu entziehen, wenn das Tier vor der Maschine steht, die es dreht, wenn der Kranke an seine Krankheit gewöhnt ist. Als ich diese traurigen Resultate genau nachprüfte, habe ich mir folgende Fragen vorgelegt, und ich teile sie Ihnen mit, Ihnen, der Sie ein geistvoller Mann und fähig sind, sie reiflich zu ergründen, indem Sie wissen, daß sie die Frucht im Feuer der Leiden geläuterter Erwägungen sind. Welches Ziel steckt sich der Staat? Will er Kapazitäten erlangen? Die angewandten Mittel widersprechen geradezu der Absicht. Sicherlich hat er die ehrenwertesten Mittelmäßigkeiten geschaffen, die eine der Ueberlegenheit feindliche Regierung sich wünschen kann. Will er erlesenen Intelligenzen eine Karriere eröffnen? Er hat ihnen die mäßigste Stellung verschafft: keiner der aus den Schulen hervorgegangenen Männer bedauert es nicht zwischen seinem fünfzigsten und sechzigsten Lebensjahre, in die Falle geraten zu sein, welche die Versprechungen des Staates verbergen. Will er geniale Männer erhalten? Welches ungeheure Talent haben die Schulen seit 1790 hervorgebracht? Würde Cachin, der geniale Mann, dem man Cherbourg verdankt, ohne Napoleon existiert haben? Der kaiserliche Despotismus hat ihn ausgezeichnet, das verfassungsmäßige Regime würde ihn erstickt haben. Gehören viele der aus Spezialschulen hervorgegangenen Männer der Akademie der Wissenschaft an? Vielleicht zwei oder drei! Der geniale Mensch wird sich immer außerhalb der Spezialschulen offenbaren. In den Wissenschaften, mit denen jene Schulen sich abgeben, gehorcht das Genie nur seinen eigenen Gesetzen, es entwickelt sich nur unter Umständen, über die der Mensch nichts vermag: weder der Staat, noch die Menschenwissenschaft, die Anthropologie kennen sie. Riquet, Perronet, Leonardo da Vinci, Cachin, Palladio, Brunelleschi, Michelangelo, Bramante, Vauban, Vicat erhielten ihr Genie aus unbeobachteten und vorbereitenden Ursachen, denen wir den Namen Zufall, das Schlagwort der Dummköpfe, geben. Nimmer fehlen solche erhabene Arbeiter ihrem Jahrhundert mit oder ohne Schule. Kriegt der Staat jetzt dank solcher Organisation Arbeiten von Allgemeinnutzen besser oder wohlfeiler gemacht? Erstens kommen die besonderen Unternehmungen sehr wohl ohne Ingenieure aus, zweitens sind die Arbeiten unserer Regierung die kostspieligsten und kosten überdies noch den ungeheuren Stab der Brücken- und Straßenbauer. Endlich werden in anderen Ländern, in Deutschland, England, Italien, wo es solche Institutionen nicht gibt, analoge Arbeiten mindestens ebensogut und weniger kostspielig als in Frankreich erstellt. Diese drei Länder machen sich durch neue und nützliche Erfindungen dieser Art bemerkbar. Es ist, wie ich weiß, Mode, wenn man von unseren Schulen spricht, zu sagen, daß Europa uns um sie beneidet; seit fünfzehn Jahren aber hat Europa, das auf uns sieht, keine ähnlichen geschaffen. Das geschickt rechnende England besitzt bessere Schulen in seiner Arbeiterbevölkerung, aus der praktische Männer hervorgehen, die im Augenblick groß werden, wenn sie sich von der Praxis zur Theorie erheben. Stephenson und Mac-Adam sind nicht aus unseren berühmten Schulen hervorgegangen. Wozu auch? Wenn junge und geschickte
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