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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Gesellschaften oder der Spekulanten die wenigsten Möglichkeiten bieten, welche dem Mißbrauch am wenigsten ausgesetzt sind oder ihn beseitigen, und der Mißbrauch ist in Frankreich ständig stärker als die Verbesserung. Noch fünf Jahre und ich werde daher nicht mehr ich selber sein, werde meinen Ehrgeiz, mein edles Verlangen verlöschen sehen, die Fähigkeiten anzuwenden, deren Entfaltung mein Vaterland von mir verlangt hat, und die in dem dunklen Winkel, wo ich lebe, versauern werden. Auch wenn ich die besten Aussichten erwäge, scheint mir die Zukunft wenig zu bieten. Ich habe einen Urlaub benutzt, um nach Paris zu kommen, will den Beruf wechseln, die Gelegenheit suchen, meine Energie, meine Kenntnisse und meinen Fleiß anzuwenden. Ich will meine Entlassung einreichen, in Länder gehen, wo Spezialisten meines Faches fehlen und große Dinge bewerkstelligen können. Wenn nichts von alledem möglich ist, will ich mich auf eine jener neuen Doktrinen werfen, welche berufen scheinen, wichtige Veränderungen in der aktuellen sozialen Ordnung zu erzeugen, indem sie die Arbeiter besser leiten. Was sind wir, wenn nicht Arbeiter ohne Arbeit, Werkzeuge in einem Speicher? Wir sind organisiert, wie wenn es sich darum handelte, den Erdball zu bewegen, und haben nichts zu tun! Ich fühle etwas Großes in mir, das sich vermindert, das untergehen will, und sage es Ihnen mit mathematischer Sicherheit. Bevor ich meinen Stand ändere, möchte ich Ihre Meinung hören; ich sehe mich als Ihr Kind an, und würde nimmer wichtige Schritte tun, ohne sie Ihnen zu unterbreiten, denn Ihre Erfahrung gleicht Ihrer Güte. Wohl weiß ich, daß der Staat, nachdem er seine Spezialisten erhalten hat, nicht eigens für sie die Errichtung von Monumenten ersinnen kann; es gibt keine dreihundert Brücken jährlich zu bauen, er kann seine Ingenieure ebensowenig Monumente errichten lassen, wie er keinen Krieg erklärt, um große Feldherrn Schlachten gewinnen und hervortreten zu lassen. Da aber der geniale Mensch niemals verfehlt hat, sich darzubieten, wenn die Umstände ihn forderten, da, sobald es viel Gold auszugeben und große Dinge hervorzubringen galt, sich aus der Menge einer jener einzigen Menschen loslöst, und, namentlich in unserem Fache, ein Vauban genügt, beweist nichts besser die Nutzlosigkeit der Einrichtung. Wenn man endlich mit so vielen Vorbereitungen einen auserwählten Menschen angetrieben hat, wie soll man es dann nicht begreiflich finden, daß er tausenderlei Anstrengungen machen wird, ehe er sich zur Null machen läßt? Ist das eine gute Politik? Heißt das nicht glühenden Ehrgeiz entfachen? Würde man all diesen siedenden Gehirnen gesagt haben, sie müßten alles, außer ihrem Schicksal, berechnen können? Unter jenen sechshundert jungen Leuten gibt es indes Ausnahmen, starke Männer, die ihrer Entwertung widerstehen, und ich kenne solche; wenn man aber ihre Kämpfe mit Menschen und Dingen erzählen könnte, wenn sie, von nützlichen Projekten und Ideen erfüllt, die Leben und Reichtum in trägen Provinzen erzeugen müssen, dort Hindernissen begegnen, wo der Staat geglaubt hat für sie Hilfe und Schutz zu finden, würde man den mächtigen Menschen, den talentvollen Menschen, den Menschen, dessen Natur ein Wunder ist, für tausendmal unglücklicher und beklagenswerter halten als den Menschen, dessen verkümmerte Natur sich zur Verminderung ihrer Fähigkeiten herbeiläßt. Auch will ich lieber ein Handels- oder Industrieunternehmen leiten und von wenig leben, indem ich eines der zahlreichen Probleme löse, die der Industrie und der Gesellschaft abgehen, als auf dem Posten bleiben, wo ich jetzt stehe. Sie werden mir entgegnen, daß mich nichts hindere, meine intellektuellen Kräfte an meinem Aufenthaltsorte zu beschäftigen und in dem Schweigen dieses mittelmäßigen Lebens die Lösung irgendeines für die Menschheit nützlichen Problems zu suchen. Ach, mein Herr, kennen Sie nicht den Einfluß der Provinz und die erschlaffende Wirkung eines Lebens, das gerade so viel beschäftigt, daß man die Zeit mit fast wertlosen Arbeiten hinbringt, die nichtsdestoweniger nicht hinreichen, um die reichen Mittel auszunutzen, die unsere Erziehung geschaffen hat? Glauben Sie, mein lieber Beschützer, mich weder von dem Drange, Vermögen zu erwerben, noch von irgendeiner unsinnigen Ruhmsucht verzehrt. Die für dies Leben notwendige Tätigkeit läßt mich nicht wünschen, mich zu verheiraten, denn, wenn ich mein augenblickliches Los ansehe, schätze

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