Der Dorfpfarrer (German Edition)
Klerus bei der Erfolglosigkeit in diesen glänzenden Gelegenheiten nicht das Herz bluten sollte. Im Juli 1829 wurde der Umstand durch den Parteigeist, der die kleinsten Einzelheiten des politischen Lebens vergiftet, verschärft. Die liberale Partei freute sich bei einer so öffentlichen Szene die »Pfaffenpartei« – ein von Montlosier, einem Royalisten, der zu den Konstitutionellen übergegangen war und von ihnen über seine Absichten hinaus mit fortgerissen wurde, erfundener Ausdruck – scheitern zu sehen. Die Parteien als Ganzes begehen Handlungen, die einen Einzelnen mit Schimpf bedrohen würden; auch wird ein Mensch, wenn er sie vor den Augen der Menge kurz zusammenfaßt, ein Robespierre, Jeffries, Lauberdemont, die eine Art von Sühnealtären sind, an die alle Mitschuldigen versteckte Votivtafeln anheften. In Uebereinstimmung mit dem Episkopat verschob die Staatsanwaltschaft die Hinrichtung, ebenso sehr in der Hoffnung zu erfahren, was die Justiz von dem Verbrechen noch nicht wußte, wie um die Religion bei dieser Gelegenheit triumphieren zu lassen. Da indessen der Macht der Staatsanwaltschaft Grenzen gesetzt waren, mußte das Urteil früher oder später vollzogen werden. Die nämlichen Liberalen, die aus Opposition Tascheron für unschuldig hielten und in das Gerichtsurteil Bresche zu legen versucht hatten, murrten nun darüber, daß das Urteil nicht vollstreckt würde. Wenn die Opposition systematisch ist, kommt sie zu ähnlichem Nonsens; denn für sie handelt es sich ja nicht darum, recht zu haben, sondern stets mit der Macht unzufrieden zu sein. Der Staatsanwaltschaft waren daher in den ersten Augusttagen durch diese, oft so dumme Bewegung, welche öffentliche Meinung heißt, die Hände gebunden. Die Hinrichtung wurde angezeigt. In letzter Stunde nahm Abbé Dutheil es auf sich, dem Bistum einen letzten Entschluß zu unterbreiten, dessen Erfolg den Effekt haben mußte, in dieses richterliche Drama die außerordentliche Persönlichkeit einzuführen, die sich aller anderen als Band bedient, die sich als größte aller Figuren dieser Szene erweist, und die auf den, der Vorsehung vertrauten Wegen Madame Graslin auf den Schauplatz führen sollte, wo ihre Tugenden im hellsten Lichte strahlten und wo sie sich als erhabene Wohltäterin und engelgleiche Christin zeigte.
Der Limoger Bischofspalast ist auf einem Hügel gelegen, den die Vienne umsäumt, und seine Gärten, die starke, mit Balustraden gekrönte Mauern stützen, steigen absatzweise auf, indem sie dem natürlichen Bodengefälle nachgeben. Das Steigen dieses Hügels ist solcherart, daß die auf dem entgegengesetzten Ufer liegende Vorstadt Saint-Étienne an den Fuß der letzten Terrasse gebettet zu sein scheint. Von dort aus ist der Fluß je nach der Richtung, welche die Spaziergänger einschlagen, teils in gerader Linie fließend, teils im Querschnitt inmitten eines reichen Panoramas zu sehen. Gegen Westen strömt die Vienne hinter den bischöflichen Gärten in einer zierlichen Krümmung, welche die Vorstadt Saint-Martial einfaßt, auf die Stadt zu. Eine kleine Entfernung über diese Vorstadt hinaus liegt ein hübsches Landhaus, das le Cluzeau heißt, dessen Gebäude man von den am weitesten vorgeschobenen Terrassen sieht und durch eine Perspektivewirkung mit den Glockentürmen der Vorstadt ein Ganzes bilden. Le Cluzeau gegenüber liegt jene ausgebogte, mit Obstbäumen und Pappeln reichbesetzte Insel, die Véronique in ihrer ersten Jugend ihre Île-de-France genannt hatte. Im Westen ist die Ferne mit amphitheatralisch aufsteigenden Hügeln besetzt. Die zauberhafte Lage und die Einfachheit des Baus machen den Palast zu dem bemerkenswertesten Denkmal der Stadt, deren Bauwerke weder durch gewählte Materialien noch durch Architektur hervorstechen. Seit langem mit diesen Ausblicken vertraut, welche die Gärten der Aufmerksamkeit der Leute, die gern malerische Reisen machen, empfehlen, stieg Abbé Dutheil, der sich von Monsieur de Granville begleiten ließ, von Terrasse zu Terrasse, ohne die roten Farben, die Orangetöne, die violetten Tinten zu beachten, welche die untergehende Sonne über die alten Mauern und die Balustraden der Rampen, über die Häuser der Vorstadt und die Gewässer des Flusses breitete. Er suchte den Bischof. Dieser saß in der Ecke seiner letzten Terrasse in einer Weinlaube, wo er seinen Nachtisch verspeiste, indem er sich dem zauberhaften Abend hingab. Die Pappeln der Insel schienen in diesem Augenblick die Gewässer mit den
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