Der Dorfpfarrer (German Edition)
und heftete ihn dann sachte auf den Pfarrer.
»Bemerken Sie nicht«, sagte er, Véroniques Unwissenheit in diesem Blicke erratend, »Striche, wo Bäume jeglicher Art noch ganz grün sind?«
»Ach das ist wahr!« rief sie. »Warum?«
»Dort«, fuhr der Pfarrer fort, »befindet sich Montégnacs und Ihr Vermögen, ein ungeheures Vermögen, das ich Monsieur Graslin angezeigt hatte. Sie sehen die Rinnen dreier Täler, deren Gewässer sich in dem Bergstrom des Gabou verlieren. Dieser Wildbach trennt den Wald von Montégnac von der Gemeinde, die von dort her an die unsere stößt. Im September und Oktober noch trocken, führt er im November viel Wasser. Sein Wasser, dessen Menge, um nichts umkommen zu lassen, durch Waldarbeiten und durch Vereinigung der kleinsten Quellen noch leicht vermehrt werden könnte, dies Wasser ist zu nichts nutze; errichten Sie aber zwischen den beiden Uferhügeln des Stromes ein oder zwei Wehre, um es zurückzuhalten, um es aufzubewahren, wie es Riquet in Saint-Ferréol getan hat, wo man ungeheure Reservoire anlegte, um den Languedockanal zu speisen, dann werden Sie diese unangebaute Ebene mit dem weise in Läufe, die durch Schützen versorgt werden, verteilten Wasser, mit dem sich diese Ländereien zu nützlicher Zeit speisen werden, und dessen Ueberschuß überdies in unseren kleinen Fluß abgeleitet würde, fruchtbar machen. Alle Ihre schönen Kanäle entlang würden Sie Pappeln stehen haben und auf den denkbar besten Wiesen Vieh aufziehen. Was ist Gras? Sonne und Wasser. Es gibt reichlich genug Erde auf diesen Ebenen für die Wurzeln des wildwachsenden Grases, die Gewässer werden für Tau sorgen, der den Boden fruchtbar macht, die Pappeln werden sich davon nähren und die Nebel festhalten, deren Bestandteile von allen Pflanzen aufgesogen werden: das sind die Geheimnisse der üppigen Vegetation in den Tälern. Eines Tages werden Sie Leben, Freude und Bewegung sehen, wo Stille herrscht, und der Blick sich über die Unfruchtbarkeit betrübt. Wird das nicht ein schönes Gebet sein? Werden solche Arbeiten Ihre Muße nicht besser beschäftigen als melancholische Gedanken?«
Véronique drückte des Pfarrers Hand, sagte nur ein Wort, aber dies Wort wog schwer:
»Das wird geschehen, mein Herr.«
»Sie verstehen diese große Sache wohl,« fuhr er fort, »können sie aber nicht ausführen. Weder Sie noch ich besitzen die Kenntnisse, die für die Ausführung eines Gedankens nötig sind, der jedem Menschen kommen kann, aber ungeheure Schwierigkeiten aufwirft, denn, obwohl sie einfach und beinahe verborgen sind, verlangen diese Schwierigkeiten die exaktesten Hilfsmittel der Wissenschaft. Suchen Sie daher gleich heute die menschlichen Instrumente, die Sie in zwölf Jahren sechs- oder siebentausend Louis Rente mit den sechstausend Arpents, die Sie so fruchtbar machen werden, gewinnen lassen. Solch eine Arbeit wird Montégnac eines Tages zu einer der reichsten Gemeinden des Bezirkes machen. Der Wald bringt Ihnen noch nichts ein; früher oder später aber wird die Spekulation die prachtvollen Bäume holen, diese von der Zeit aufgehäuften Schätze, die einzigen, deren Produktion von Menschen weder beschleunigt noch ersetzt werden kann. Der Staat wird vielleicht eines Tages selber die Transportmittel schaffen für diesen Wald, dessen Bäume seiner Marine nützlich sein werden; doch er wird warten bis die verzehnfachte Bevölkerung Montégnacs seine Förderung verlangt, denn der Staat ist wie das Glück, er gibt nur den Reichen. Zu der Zeit wird dies Besitztum eines der schönsten Frankreichs, wird der Stolz Ihrer Enkelkinder sein, die das Schloß, an ihren Einkünften gemessen, vielleicht kläglich finden werden.«
»Das ist eine Zukunft für mein Leben,« sagte Véronique.
»Ein solches Werk kann sehr viele Fehler wieder wettmachen,« sagte der Pfarrer.
Als er sich verstanden sah, versuchte er einen letzten Schlag gegen die Intelligenz dieser Frau; er hatte erraten, daß bei ihr die Intelligenz zum Herzen führte; während bei den anderen Frauen das Herz im Gegenteil der Weg zur Intelligenz ist.
»Wissen Sie,« sagte er nach einer Pause zu ihr, »in welchem Irrtum Sie sich befinden?«
Sie sah ihn ängstlich an.
»Ihre Reue ist nur noch das Gefühl einer erlittenen Niederlage; was furchtbar ist, ist die Verzweiflung Satanas'; und das war vielleicht die Reue der Menschen vor Jesus Christus. Unsere Reue aber, die von uns Katholiken, ist der Schrecken einer Seele, die sich auf schlechter Bahn stößt,
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