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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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von einem tiefen inneren Unglück verzehrt werden, widmete sie äußeren Umständen keine Aufmerksamkeit. In diesem Moment vergrößerte sich ihr Leben wirklich durch den erhabenen Gang der Natur.
    »Bleiben Sie nicht länger hier, Madame,« sagte ein Mann zu ihr, dessen Stimme sie zittern machte, »Sie würden sonst nirgendwohin zurückkehren können, denn Sie sind mehr als zwei Meilen von jedem Wohnsitze entfernt. Bei Nacht ist der Wald unwegsam. Doch diese Gefahren sind nichts im Vergleich mit der, die Ihrer hier harrt. In wenigen Augenblicken wird auf dieser Spitze eine tödliche Kälte herrschen, deren Ursache unbekannt ist, und die bereits mehrere Leute getötet hat.«
    Madame Graslin bemerkte unter sich ein durch Sonnenbrand fast schwarzes Gesicht, in dem zwei Augen blitzten, welche zwei Feuerzungen glichen. Auf jeder Seite dieses Antlitzes hing ein Streifen brauner Haare und darunter flutete ein fächerförmiger Bart. Der Mann lüftete ehrerbietig einen jener großen, breitrandigen Hüte, wie sie die Bauern im Zentrum Frankreichs tragen, und zeigte eine jener kahlen, aber prächtigen Stirnen, durch die gewisse Arme sich der allgemeinen Aufmerksamkeit empfehlen. Véronique verspürte nicht den mindesten Schrecken; sie befand sich in einer jener Lagen, wo für Frauen alle kleinlichen Erwägungen, die sie furchtsam machen, aufhören.
    »Wie kommen Sie hierher?« fragte sie ihn.
    »Meine Wohnung ist nicht weit fort von hier,« antwortete der Unbekannte.
    »Und was tun Sie in dieser Einöde?« forschte Véronique.
    »Ich lebe hier.«
    »Aber wie und wovon?«
    »Man gibt mir einen kleinen Gehalt für die Beaufsichtigung dieses Waldteils,« sagte er, auf den Abhang der Bergspitze hinweisend, die dem entgegengesetzt war, von wo aus man die Ebenen von Montégnac überblickte. Madame Graslin sah dann einen Flintenlauf und bemerkte eine Jagdtasche. Wenn sie ängstlich gewesen wäre, hätte sie sich nun beruhigen müssen.
    »Sie sind Wächter?«
    »Nein, Madame, um Wächter zu sein, muß man einen Eid leisten können, und um ihn zu leisten, muß man sich aller bürgerlichen Rechte erfreuen ...«
    »Wer sind Sie denn?«
    »Ich bin der Farrabesche,« sagte der Mann in tiefer Demut, die Augen auf die Erde senkend.
    Madame Graslin, der dieser Name nichts sagte, sah den Mann an und erblickte auf seinem übermäßig sanften Gesichte Spuren versteckter Wildheit: die schlechtstehenden Zähne drückten dem Munde, dessen Lippen blutrot waren, einen ironischen und heimtückischen Zug auf. Die braunen und hervorspringenden Backenknochen verliehen ihm etwas irgendwie Tierisches. Der Mann hatte eine mittlere Figur, der sehr kurze, dicke Hals saß tief in den kräftigen Schultern und er besaß die großen und haarigen Hände heißblütiger Leute, die fähig sind, von diesen Vorteilen einer tierischen Natur Gebrauch zu machen. Seine letzten Worte kündigten überdies ein Geheimnis an, dem seine Haltung, seine Physiognomie und seine Person einen schrecklichen Sinn verliehen.
    »Sie stehen also in meinen Diensten?« fragte Véronique mit sanfter Stimme.
    »Habe ich denn die Ehre, mit Madame Graslin zu sprechen?« sagte Farrabesche.
    »Ja, mein Freund!« antwortete sie.
    Farrabesche verschwand mit der Schnelligkeit eines wilden Tieres, nachdem er seiner Herrin einen furchtsamen Blick zugeworfen hatte. Véronique beeilte sich, ihr Pferd zu besteigen und suchte ihre beiden Diener wieder auf, die bereits anfingen, sich ihretwegen Sorgen zu machen, denn man kannte die unerklärliche Ungesundheit der Roche-Vive. Colorat bat seine Herrin durch ein kleines Tal hinabzureiten, das in die Ebene führte.
    »Es würde«, sagte er, »gefährlich sein über die Höhen zurückzukehren, wo die schon an und für sich so wenig gebahnten Wege sich kreuzen und wo man trotz der Ortskenntnis sich verirren könnte.«
    Als sie in der Ebene war, verlangsamte Véronique den Gang ihres Pferdes.
    »Wer ist denn der Farrabesche, den Sie angestellt haben?« fragte sie ihren Hauptwächter.
    »Madame ist ihm begegnet?« rief Colorat.
    »Ja, aber er ist geflüchtet.«
    »Der arme Mensch! Vielleicht weiß er nicht, wie gut Madame ist.«
    »Kurz, was hat er getan?«
    »Aber, Madame, Farrabesche ist ein Mörder,« sagte Champion naiv.
    »Ihn hat man also begnadigt?« fragte Véronique mit bewegter Stimme.
    »Nein, Madame,« antwortete Colorat, »Farrabesche hat vorm Schwurgericht gestanden, ist zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden, hat die Hälfte seiner Zeit

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