Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drache am Himmel

Der Drache am Himmel

Titel: Der Drache am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Sommer
Vom Netzwerk:
fröhlicher, tapferer Bub. Eigentlich sollte ich ihn zu meinem Guru machen, ich glaube, ich könnte noch viel von ihm lernen.«
    »Ach, Rosa, jetzt übertreibst du aber.«
    »Nein, das mein ich ganz ernst. Hast du ihm mal in die Augen gesehen? Natürlich hast du. Der schaut dich doch an wie selten jemand. Sein Blick nimmt dich voll und ganz auf. Schwärzer können Augen gar nicht sein und trotzdem kommt dir ein heller Blick entgegen. Nichts Dunkles ist da drin. Kein Hass, kein Misstrauen, keine Vorbehalte.«
    »Das stimmt ja alles, Rosa, aber …«
    » Water is so smart , hat er einmal zu mir gesagt, als wir dem Raddampfer zuschauten. Dieses heavy ship schneide vorne very brutal den See entzwei. Aber hinten füge sich das Wasser wieder zusammen, als sei nichts gewesen. You can never hurt the water. It’s too wise. Mich hat das damals sehr irritiert, aber jetzt verstehe ich, was er damit gemeint hat.« Rosa nahm Réas Hand und fügte wie nebenbei hinzu: »Du musst wissen, dass Severin der Sohn von Salvatore Bellini ist.«
    Im ersten Schreck hörte Réa nur Severins Verschweigen. »Dieser Lügner! Das hat er mir nie …«
    »Severin weiß es selbst nicht. Niemand weiß davon. Du bist die Erste, die es erfährt.«
    »Rosa!« Réa umklammerte das Steuer und stöhnte: »Severin, da hab ich dir wohl unrecht getan.« Heimliche Brüder! Verflucht!, dachte sie und blickte zu der Alten, die kerzengerade auf dem Beifahrersitz saß – abwesend und unbeteiligt und mit nichts anderem beschäftigt, als geradeaus zu schauen. Als sei alles gesagt und erledigt, dachte Réa irgendwie empört und rief: »Warum? Warum bin ausgerechnet ich die Erste, der du es sagst?«
    »Dafür nehme ich Shandar auf der Rückfahrt mit in den Süden«, beschied Rosa nüchtern.
    »Und was hat das eine mit dem anderen zu tun?«
    »Mach dir einfach klar, dass ich nichts mehr zu verlieren habe«, sagte Rosa. »Und Shandar soll unbedingt den Film mitnehmen. Er muss ihn mir überlassen, sag ihm das.«
    »Ich hab das Gefühl, eine von uns ist verrückt geworden«, konstatierte Réa.
    »Das nehm ich gern auf meine Kappe.«
    »Bist du deswegen zurückgekommen?«
    »Wegen Severin, ja!«
    »Um es ihm zu sagen?«
    »Um ihm alles zu sagen, was ich ihm schuldig bin.«
    »Und warum hast du mich eingeweiht?«
    »Weil … Das war die Generalprobe. Ich musste üben, musste mein Geständnis üben. Da draußen im kalten Wasser wusste ich plötzlich, dass ich es ohne Probe nicht schaffen werde, mit Severin zu reden. Es geht um viel. Aber jetzt muss ich es wagen. Mich bis auf die Knochen entblößen. Das wird ihn aufschrecken. Vielleicht kann ich damit erreichen, dass er endlich aufwacht.«
    »Rosa! Übernimm dich nur nicht. Und was willst du eigentlich mit diesem grauenvollen Video?«
    »Ich schaff das schon«, sagte Rosa statt einer Antwort. Als Réa erstaunt hinsah, wurde sie vollends aus der Fassung gebracht, weil die Alte in ihrem Sitz weit hinabgerutscht war und sie von unten her schelmisch anblinzelte: »So ist das nämlich: Jetzt übernimmt Rosa die Regie.«
    Und Réa dachte: Diese Hexe!
    Die Septembersonne brannte wie sonst nur an Nachmittagen im Hochsommer auf den Kiesweg, als Maurice und Lilith zum Burgportal hinaufrannten. Durch die Hitze strömten ihnen schwülstige Klänge entgegen. Mit Kennerstolz keuchte Maurice: »Hörst du? Die guten alten Procol Harum«, und bekam Liliths Zunge zu sehen, bevor sie zurückkeuchte: »Wir sind zu spät, verdammt, Harum hin oder Harum her.«
    Die Pforte zum Innenhof war mit einem Gitter versperrt und beim Kassenhäuschen die Klappe unten. Sie spähten durch die Gitterstäbe und konnten gerade mal die Enden von Bankreihen erkennen, auf denen dicht an dicht faszinierte Zuschauer saßen und nach oben blickten – es war zu gemein! Von hier aus würden sie das Spektakel kaum sehen können. Lilith riss empört am Gittertor und rief »Hallo!« und » Au secour! « und » Avant les Bleus! « und rüttelte noch heftiger, bis Maurice sie neckte: »Typisch Frau, immer gleich mit Gewalt! Hat doch keinen Sinn. So wie die Sound machen, merkt da drin keiner was.« – » Aigles! Aigles! Sauvez-moi! «, steigerte sich Lilith. Maurice sah sich um. Beim Hinaufrennen war ihm ein Wehrturm in der Parkanlage seitlich zur Burg aufgefallen. Von dort oben könnten sie vielleicht … Lilith fand seinen Vorschlag gefährlich, daher einen Versuch wert und schrie: » Allez les Bleus, allez … «
    Sie schafften den Einstieg, indem sie die Sperre

Weitere Kostenlose Bücher