Der Drache aus dem blauen Ei
hatte auch Lavundel Platz.
Mama nippte noch ganz verschlafen an ihrem Kaffee. „Ist es nicht zu gefährlich, Lavundel zum Strand mitzunehmen?“, fragte sie.
Aber Oma Filiz ließ ihre Sorge nicht gelten. „ Yok ya “, sagte sie und winkte ab. „Ach was! Wir gehen zu einem abgelegenen Strand. Da sind nur wenige Touristen. Die sonnen sich und achten kaum auf das, was um sie herum passiert.“
So zogen sie gemeinsam los. Schließlich kamen sie in einer kleinen Bucht an. Der Sandstrand leuchtete weiß. Das Meer glitzerte blau und silbern und die Wellen plätscherten leise. Sogar ein paar Palmen wiegten sich sanft im Wind. Das war viel, viel schöner als der grüne Baggersee zu Hause!
Lavundel lugte vorsichtig über den Rand der Badetasche. „Oh, wie auf den Unseln in der Karubik!“, sagte er andächtig. Anja freute sich mit Lavundel. Sicher stellte er sich jetzt vor, dass seine Mama und die anderen Drachen gerade zu dieser Zeit auch an einem Strand waren.
Familie Lukas-Aslan schlug ihr Lager auf und stellte einen Sonnenschirm auf. Papa pumpte die Luftmatratze auf. Mama schmierte Baby-Bo mit Sonnencreme ein, bis er glänzte wie eine Speckschwarte.
Anja und Yasemin sahen sich um. Nur wenige Touristen lagen hier am Strand oder badeten. Aber es gab so einige bunte Schwimmtiere: Fische, eine riesige Ente und sogar einen grünen Drachen zum Aufblasen.
Yasemin und Anja sahen einander an und hatten genau im selben Moment dieselbe Idee. Anja beugte sich über die Badetasche, in der Lavundel saß. „Du hast doch eine Eins fürs Luftanhalten bekommen“, sagte sie leise. „Also halt die Luft an und beweg dich nicht. Du darfst auch nicht blinzeln. Dann bist du unser Schwimmtier und wir können dich einfach so zum Wasser tragen. Niemand wird was merken.“
Lavundel begann zu strahlen. „Nicht blunzeln.“ Dann holte er tief Luft und blies sich auf. Anja staunte, denn sein Gesicht hatte richtige Plusterbacken. Er sah aus, als hätte er einen Luftballon verschluckt.
Anja nahm ihn unter den Arm. Mama schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Papa wollte etwas sagen, aber Oma Filiz lachte. „Sehr schlau“, lobte sie. „Und jetzt hopp, hopp zum Wasser!“
Das ließen sich die Mädchen nicht zweimal sagen.
„Ich will mit! Ich will mit!“ Bo holte sie ein. Heute hatte er keinen Helm auf. Dafür trug er Schwimmflügel und sah deshalb aus wie eine farbenfrohe Fledermaus.
So marschierten sie nun zu viert zum Wasser. Anjas Herz schlug bis zum Hals. Aber der Trick klappte! Niemand wunderte sich über Lavundel. Nur ein kleiner Junge zeigte auf den Drachen und sagte zu seinem Vater: „ Ben de istiyorun! “
„Das heißt, er will auch so ein Schwimmtier“, sagte Yasemin grinsend.
Plötzlich lief ihnen eine Frau über den Weg. Sie hatte eine Brille in Form eines Schmetterlings auf der Nase. Als sie Lavundel sah, rief sie „Oh!“ und blieb stehen. „Ihr habt aber ein schönes Schwimmtier“, rief sie auf Deutsch aus. „Wo gibt es denn so was zu kaufen?“
„In Drachenhausen“, krähte Bo.
„Pst!“, zischte Anja.
Die Touristin lachte. „Ach wirklich?“
Anja schielte besorgt zu Lavundel, doch er blieb ernst und verzog keine Miene. Die Dame ging lachend weiter.
Es spritze gehörig, als Anja, Bo und Yasemin sich ins seichte Wasser stürzten. Es war angenehm warm und so klar, dass man auf den Grund sehen konnte. Papa und Alexander kamen mit der Luftmatratze angerannt und dann paddelten sie alle gemeinsam ein Stück am Strand entlang.
Lavundel blubberte ein bisschen und atmete dann mit einem langen „Pfff“ aus. Er sank ein Stück ins Wasser und bewegte vorsichtig die Flügel. „Sooo weiches Wusser“, piepste er selig vor Glück. „Und da unten ist eine Muschel.“
„Pass bloß auf, dass dich kein Taucher sieht!“, rief Papa ihm noch besorgt hinterher. Aber da glitt der blaue Lavundel schon mit langsamen Flügelschlägen in die Tiefe.
Neue Freunde
Es waren die tollsten Sommerferien aller Zeiten. Oma Filiz kochte jeden Tag ein anderes türkisches Gericht. Mama, Papa und Yasemins Eltern machten Ausflüge und spielten abends Brettspiele. Alexander besuchte mit den Aslans zusammen Yasemins Tanten und Onkel. Mit ihren Cousins spielte er ganze Tage lang Fußball. Nach kurzer Zeit konnten alle Lukas-Kinder ein paar Worte Türkisch.
Am glücklichsten aber war Lavundel. Anfangs machte sich Familie Lukas noch Sorgen, aber nach einer Weile gewöhnten sie sich daran, dass der kleine Drache so viel schwamm. Oft
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