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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schlang. Schatten und Schweigen verschluckten die Traumschlacht und die Traumhalle unter ihm und Finsternis legte sich wie eine schwarze Decke um sein fieberndes Hirn.
    Unter seiner blinden Berührung glitten eine Million Stufen vorbei. Eine Million Jahre vergingen, während Simon durch die Leere kroch und im Leid ertrank.
    Dunkelheit um ihn und Dunkelheit in ihm. Das letzte, das er fühlte, war Metall unter seinen Fingern und frische Luft auf dem Gesicht.

14
Das Feuer auf dem Berg

    imon erwachte in einem langgestreckten, dunklen Raum, rings umgeben von reglosen, schlafenden Gestalten. Natürlich war alles nur ein Traum gewesen! Er lag in seinem Bett, mitten unter den anderen schlummernden Küchenjungen, und das einzige Licht war ein dünner Streifen Mondglanz, der durch eine Türritze hereinglitt. Er schüttelte den noch immer schmerzenden Kopf.
    Warum schlafe ich denn auf dem Boden? Diese Steine sind so kalt …
    Und warum lagen die anderen so still da, fantastische Schattenwesen mit Helm und Schild, in ordentlichen Reihen auf ihren Betten aufgebahrt wie … wie Tote, die auf das Jüngste Gericht warten? Es war doch alles nur ein Traum gewesen … oder?
    Mit entsetztem Keuchen kroch Simon von der schwarzen Tunnelmündung fort und auf den blauweißen Spalt in der Tür zu. Die Abbilder der Toten, in starrem Stein auf ihre uralten Grabmäler gebannt, hinderten ihn nicht. Mit der Schulter stieß er die schwere Tür der Krypta auf und fiel vornüber ins hohe, feuchte Gras des Friedhofs.
    Nachdem er, wie es ihm vorkam, unzählige Jahre in den dunklen Höhlen verbracht hatte, erschien ihm der runde, elfenbeinerne Mond, der hoch über ihm in der Dunkelheit seine Bahn zog, wie ein weiteres Loch, ein Loch, das zu einem kühlen, von Lampen erhellten Ort hinter dem Nachthimmel führte, einem Land der schimmernden Flüsse und des Vergessens. Er legte die Wange an die Erde und fühlte, wie sich die feuchten Halme unter seinem Gesicht bogen. Rechts und links von ihm schoben sich kleine Grabsteine durch die Grasoberfläche oder lagen – vom Zahn der Zeit zernagt – in langhingestreckten Bruchstücken da, vom Mond in knochenweißes Licht getaucht, namenlos und ungerührt wie die uralten Toten, deren Gräber sie einst bezeichnet hatten.
    Alles, was in den vergangenen Stunden passiert war, von den letzten feurigen Augenblicken in der Wohnung des Doktors an bis zu dem nachtfeuchten Gras, das er gerade an seiner Wange spürte, erschien Simon so unfassbar weit entfernt wie die fast unsichtbaren Wolken, die über den Himmel zogen.
    Das Geschrei und die grausamen Flammen, Morgenes’ brennendes Gesicht, Pryrates’ Augen, hinter denen die äußerste Finsternis lauerte – sie waren so wirklich wie der Atem, den er gerade ausgestoßen hatte. Der Tunnel war dagegen nur noch ein bereits vergehender, halb vergessener Schmerz, ein Nebel aus Stimmen und leerem Wahnsinn. Er wusste, dass es dort unten unbehauene Wände und Spinnweben und sich endlos gabelnde Tunnel gegeben hatte. Ihm war, als hätte es auch lebhafte Träume von Trauer und dem Tod einst schöner Dinge gegeben. Alles in allem fühlte er sich verdorrt wie ein Herbstblatt, zerbrechlich und ohne Kraft. Es kam ihm vor, als sei er zum Schluss auf allen vieren gekrochen – Knie und Arme jedenfalls taten weh, und seine Kleider waren zerrissen –, aber seine Erinnerungen schienen in Dunkel gehüllt. Nichts davon war ganz und gar wirklich. Anders als der Begräbnisplatz, auf dem er jetzt lag, jener stille Anger des Mondes.
    Mit weichen, schweren Händen beugte der Schlaf seinen Nacken. Simon kämpfte gegen ihn an, richtete sich mit langsamem Kopfschütteln auf. Hier konnte er kein Nickerchen machen. Zwar hatte ihn, soweit er das sagen konnte, niemand durch die blockierte Tür im Zimmer des Doktors verfolgt, aber das hatte wenig zu bedeuten. Seine Feinde verfügten über Soldaten und Pferde – und die Autorität des Königs.
    Furcht und ein ebenso großer Zorn verdrängten die Müdigkeit. Alles andere hatten sie ihm gestohlen: seine Freunde, sein Zuhause – sie sollten ihm nicht auch noch Leben und Freiheit nehmen. Simon blickte sich vorsichtig um. An den schiefstehenden Grabsteinen fand er Halt und wischte sich die Tränen der Erschöpfung und der Angst vom Gesicht.
    In etwa einer halben Meile Entfernung ragte die Stadtmauer von Erchester auf, ein mondbeschienener Steingürtel, der die schlafenden Bürger von der Begräbnisstätte und der Welt hinter ihr trennte. Vor den äußeren

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