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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dünnstem, reinstem Elfenbein. Gleich darauf wehte die Kapuze wieder zurück.
    Was sind das für Wesen? Hexen? Geister? Hinter den schützenden Felsen hob Simon eine zitternde Hand, um das Zeichen des Baumes zu machen.
    Die Weißfüchse … Morgenes sprach von ›Weißfüchsen‹ …
    Pryrates – diese Dämonen, oder was sie sonst waren – es war alles zu viel. Bestimmt lag er immer noch auf dem Begräbnisplatz und träumte. Er betete, dass es so sein möge, und schloss die Augen, um die gottlosen Bilder zu verscheuchen. Aber der Boden unter ihm roch stechend und unverkennbar nach feuchter Erde, und in seinen Ohren prasselte das Feuer. Als Simon die Augen wieder öffnete, fand er den Alptraum unverändert.
    Aber was geht hier vor?
    Die beiden schattenhaften Gestalten betraten den Feuerkreis. Während die Soldaten noch weiter zurückwichen, setzten sie ihre Last ab und rückten davon ab. Es war ein Sarg, zumindest besaß es die gleiche Form, war aber nur drei Hände hoch. Um seine Kanten schwelte ein geisterhaftes bläuliches Licht.
    »Bringt uns nun, was ihr versprochen habt«, sagte der erste Schwarzgewandete. Pryrates machte eine Handbewegung, und zweiMänner schleiften das zu seinen Füßen liegende Bündel nach vorn. Als sie zurückgetreten waren, drehte der Alchimist es mit der Fußspitze um. Es war ein Mann, geknebelt und an den Handgelenken gefesselt. Erst allmählich erkannte Simon das runde, blasse Gesicht Graf Breyugars, des Obersten der königlichen Wachen.
    Lange musterte die verhüllte Gestalt Breyugars zerschundenes Antlitz. Ihre Miene blieb unter den düsteren Falten der Kapuze verborgen, aber als sie sprach, lag ein zorniger Unterton in der klaren, unirdischen Stimme.
    »Das scheint nicht zu sein, was versprochen war.«
    Pryrates hielt seinen Körper ein wenig schief, als wollte er dem verhüllten Wesen eine geringere Angriffsfläche bieten.
    »Dieser Mann ließ zu, dass der Versprochene entkam«, erklärte er, wobei seine Stimme eine gewisse Besorgnis zu verraten schien. »Er wird die Stelle des Versprochenen einnehmen.«
    Zwischen zwei Wachen drängte sich eine Gestalt nach vorn, trat vor und ragte plötzlich neben Pryrates auf. Laut und deutlich erklärte sie: »Versprochen? Was bedeutet das: ›versprochen‹? Wer wurde hier versprochen?«
    Der Priester hob beschwichtigend die Hand, aber sein Gesicht hatte einen strengen Ausdruck. »Bitte, mein König; ich glaube, Ihr wisst es. Bitte.«
    Elias wandte ruckartig den Kopf und starrte seinen Ratgeber an. »Weiß ich es wirklich, Priester? Was habt Ihr in meinem Namen versprochen?«
    Pryrates beugte sich näher zu seinem König. Ein verletzter Ton trat in die rauhe Stimme. »Herr, Ihr befahlt mir, alles für diese Zusammenkunft Nötige vorzubereiten. Das habe ich getan … oder ich hätte, wenn nicht dieser – cenit «, er stieß mit dem Fuß nach dem gefesselten Breyugar, »in seiner Pflicht Euch gegenüber versagt hätte.« Der Alchimist sah zu dem Schwarzverhüllten hinüber, dessen scheinbare Gleichgültigkeit trotz allem einen Hauch von Ungeduld ahnen ließ. Pryrates runzelte die Stirn. »Bitte, mein König. Der, von dem wir sprechen, ist nicht mehr da; es ist daher müßig, diesen Punkt zu berühren. Bitte!« Er legte leicht die Hand auf die Schulter von Elias’ Mantel. Der König schüttelte sie ab und starrte denPriester aus dem Schatten seiner Kapuze an, sagte jedoch nichts mehr. Pryrates wandte sich wieder dem Schwarzgewandeten zu.
    »Er, den wir euch bieten … auch sein Blut ist edel. Er ist von hoher Abkunft.«
    »Von hoher Abkunft?«, fragte das dunkle Wesen, und seine Schultern zuckten, als lachte es. »O ja, das ist sehr wichtig. Reicht seine Familie viele Generationen der Menschen zurück?« Die dunkle Kapuze drehte sich um und suchte den verhüllten Blick ihrer Gefährten.
    »Gewiss«, erwiderte Pryrates scheinbar beunruhigt. »Hunderte von Jahren.«
    »Dann wird unser Meister gewiss zufrieden sein.« Und dann lachte das Wesen, ein messerscharfes Trillern der Erheiterung, das Pryrates einen Schritt zurückweichen ließ. »Fahr fort.«
    Der Priester warf Elias einen Blick zu, und der König schlug die Kapuze zurück. Simon fühlte, wie der drohende Himmel noch tiefer sank. Das Gesicht des Königs, selbst im rötlichen Feuerschein noch blass, schien mitten in der Luft zu schweben. Die Nacht wirbelte, und der ausdruckslose Blick des Königs zog Licht an wie ein Spiegel in einem von Fackeln erleuchteten Korridor. Endlich nickte

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