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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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…«, stammelte der Priester, und Simon konnte seine Unruhe spüren wie einen Geruch. »Schnell«, wandte er sich an die Wachen, »bringt mir diesen Sack voll Unrat!« Die Wachen schleppten ihm Breyugar wieder vor die Füße.
    »Pryrates …«, begann der König.
    »Bitte, Majestät, bitte. Es dauert nur noch einen Augenblick.«
    Zu Simons Grausen steckte ein Teil von Pryrates’ Gedanken noch immer in seinem Hirn, ein klebriger Rest, den der Priester nicht zurückgezogen hatte. Er konnte die bebende Erwartung des Alchimisten beinahe schmecken, als dieser jetzt Breyugars Kopf nach oben riss; konnte fühlen, wie der Priester auf das leise Murmeln der Verhüllten reagierte. Und nun empfand er etwas noch Tieferes, einen Keil aus eisigem Grauen, der gewaltsam in seinen wunden, empfindlichen Verstand eindrang. Etwas unfassbar Fremdes war dort draußen in der Nacht – etwas entsetzlich Anderes. Es schwebte über dem Gipfel wie eine erstickende Wolke und brannte wie eine verborgene schwarze Flamme in dem, der da auf dem Wagen hockte; auch in den Körpern der Steine lebte es und erfüllte sie mit seiner gierigen Aufmerksamkeit.
    Die Sichel hob sich. Die scharlachrot aufblitzende Krümmung der Klinge stand am Himmel wie ein zweiter Mond, ein alter, roter Halbmond.
    Pryrates rief in hohen Tönen in einer Sprache, die Simon nicht verstehen konnte:
    »Aí Samu’sitech’a! – Aí Nakkiga!«
    Die Sichel fiel, und Breyugar sackte nach vorn. Purpurrotes Blut pumpte aus seiner Kehle und spritzte hinunter auf den Sarg. Einen Moment lang zuckte sein Körper wild unter der Hand des Priesters, um dann zu erschlaffen. Das dunkle Rinnsal tropfte weiter auf den schwarzen Sargdeckel. In die bizarre Verflechtung fremder Gedanken verstrickt wie in ein Netz, erlebte Simon hilflos das panikartige Hochgefühl mit, das Pryrates erfasste.
    Dahinter spürte er das Andere – etwas Kaltes, Dunkles, grauenhaft Ungeheures, dessen uralte Gedanken in widerwärtiger Freude sangen.
    Einer der Soldaten erbrach sich. Wäre die matte Betäubung nichtgewesen, die ihn lähmte und verstummen ließ, hätte Simon das Gleiche getan.
    Pryrates stieß den Leichnam des Grafen beiseite; Breyugar sank zu einem plumpen Haufen zusammen, austernblasse Finger gegen den Himmel gekrümmt. Auf der dunklen Truhe dampfte das Blut, und das blaue Licht flackerte heller. Die Linien, mit der es die Kanten des Sarges umrahmte, wurden deutlicher. Langsam, entsetzlich langsam begann sich der Deckel zu heben, als zwinge ihn jemand von innen auf.
    Heiliger Usires, der du mich liebst, heiliger Usires, der du mich liebst – Simons Gedanken überstürzten sich, ein vor Furcht sinnloses Gewirr –, hilf mir, hilf mir, es ist der Teufel dort in der Truhe, er kommt heraus, hilf mir, rette mich, hilf …
    Wir haben es getan, wir haben es getan! Andere Gedanken, fremde, nicht aus Simons Kopf. Zu spät zur Umkehr. Zu spät!
    Der erste Schritt. Die kältesten, furchtbarsten Gedanken von allen. Wie sie bezahlen werden, bezahlen, bezahlen …
    Als der Deckel schräg stand, brach aus dem Inneren das Licht hervor, pochendes Indigoblau, rauchgrau und purpur gefleckt, ein schreckliches, pulsierendes Licht, das Simon blendete. Der Deckel fiel nach hinten, und der Wind dämpfte sein Heulen, als habe er Angst bekommen, als sei ihm übel geworden von den Strahlen der langen, schwarzen Truhe. Endlich wurde ihr Inhalt sichtbar.
    Jingizu , flüsterte eine Stimme in Simons Kopf, Jingizu …
    Es war ein Schwert. Tödlich wie eine Viper lag es in der Truhe. Vielleicht war es schwarz, aber ein darüberschwebender Glanz machte die Schwärze fleckig, ein kriechendes Grau wie Öl auf dunklem Wasser.
    Der Wind kreischte.
    Es schlägt wie ein Herz – das Herz allen Leids …
    In Simons Kopf sang es und rief nach ihm, eine Stimme, grauenvoll und schön zugleich, verführerisch wie Krallen, die sanft über die Haut kratzen.
    »Nehmt es, Hoheit!«, drängte Pryrates durch das Zischen des Windes. Gebannt und wehrlos, wünschte sich Simon plötzlich, starkgenug zu sein, um selber danach zu greifen. Warum nicht? Macht sang zu ihm, sang von den Thronen der Gewaltigen, der Verzückung gestillter Sehnsucht.
    Elias machte einen zögernden Schritt vorwärts. Einer nach dem anderen wichen die Soldaten von ihm zurück, machten kehrt und rannten schluchzend oder betend den Berg hinunter, taumelten in die Dunkelheit des Baumgürtels. Nach wenigen Augenblicken waren nur noch Elias, Pryrates und der versteckte Simon mit den

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