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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Bahrtuch seiner Gedanken zu tun. In gewisser Hinsicht fühlte er sich neugeboren, wie das Fohlen, das Shem ihm letztes Frühjahr gezeigt hatte – nichts als wacklige Beine und Neugier. Aber diese neue Fremdartigkeit der Welt war nicht gänzlich unschuldig; hinter dem bunten Teppich, der da vor ihm ausgebreitet lag, lauerte etwas Absonderliches und Verborgenes; die Farben waren fast zu leuchtend, die Düfte und Töne allzu süß.
    Bald wurde er sich auch mit Unbehagen Morgenes’ Manuskripts bewusst, das in seinem Gürtelband steckte; aber nachdem er ein paar hundert Schritte weit versucht hatte, das Pergamentbündel in den schwitzenden Händen zu tragen, gab er auf und stopfte es wieder unter den Gürtel. Der alte Mann hatte ihn gebeten, es in Sicherheit zu bringen, und das wollte er tun. Er schob den Hemdzipfel darunter, damit es nicht so scheuerte.
    Als er es satt hatte, geduldig nach seichten Stellen zu suchen, an denen er die kleinen Bäche überqueren konnte, die immer wieder die Wiesen durchzogen, streifte er die Schuhe ab. Der Duft des Graslandes und die feuchte Maialuft trugen, auch wenn man sich auf ihre Verheißungen nicht verlassen konnte, doch einiges dazu bei, dass Simons Gedanken sich nicht mehr an die schwarzen, schmerzhaften Orte zurückverirrten; auch das Gefühl von Schlamm zwischen den Zehen half.
    Nicht lange und er hatte die Alte Forststraße erreicht. Anstatt jedoch auf der Straße selbst weiterzugehen, die breit und lehmig und mit vom Regen gefüllten Fahrrinnen durchfurcht war, hielt Simon sich westlich und begleitete sie oben auf der hohen Grasböschung. Unter ihm standen weiße Narzissen und blaue Levkojen beschämt und schutzlos zwischen den Radspuren, als hätte man sie in der Mitte eines langsamen Pilgerzuges von einer Böschung zur anderen überrascht. Das Nachmittagsblau des Himmels spiegelte sich in Pfützen, und der bescheidene Schlamm schien mit blinkendem Glas besetzt.
    Eine Achtelmeile jenseits der Straße standen die Bäume des Aldheorte in endloser Reihe wie ein im Stehen eingeschlafenes Heer. Zwischen manchen Stämmen gähnte eine so undurchdringliche Finsternis, als wären sie Tore ins Erdinnere. An anderen Stellen gab es Gebilde, die Holzfällerhütten sein mussten, auffällig eckig im Gegensatz zu den anmutigen Linien des Forstes.
    Während Simon so weiterging und die unendliche Halle des Waldes betrachtete, stolperte er über einen Beerenstrauch und zerkratzte sich schmerzhaft die Füße. Sobald er jedoch bemerkte, worüber er gestrauchelt war, hörte er mit dem Fluchen auf. Die meisten Beeren waren noch grün, aber es gab schon so viele reifedarunter, dass wenige Minuten später, als er zufrieden kauend seinen Weg fortsetzte, Wangen und Kinn voller Beerensaft waren. Auch wenn die Beeren noch nicht die richtige Süße besaßen, schienen sie ihm seit langer Zeit das erste ernsthafte Argument für eine wohlwollende Ordnung der Schöpfung zu sein. Als er aufgegessen hatte, wischte er sich an den Überresten seines Hemdes die Hände ab.
    Als die Straße, mit Simon als treuem Gefährten, eine lange Strecke über ansteigendes Gelände zu klettern begann, zeigten sich endlich auch unverkennbare Anzeichen menschlicher Besiedlung. Am südlichen Horizont reckten sich hier und da die rohen Spitzen von Spaltholzzäunen aus dem hohen Gras; hinter diesen verwitterten Grenzwächtern bewegten sich undeutliche Gestalten im langsamen Rhythmus des Säens und legten die Früherbsen. Irgendwo in ihrer Nähe würden andere bedächtig die Reihen abschreiten, Unkraut hacken und ihr Bestes versuchen, die Früchte eines schlimmen Jahres zu retten. Die jüngeren Leute würden auf den Dächern der Häuschen stehen und das Stroh wenden, es mit langen Stöcken festklopfen und das Moos abkratzen, das dort im Aprilregen gewachsen war. Simon fühlte den starken Drang, querfeldein zu laufen, auf diese ruhigen, wohlgeordneten Bauernhöfe zu. Irgendjemand würde ihm sicher Arbeit geben … eine Unterkunft … Essen …
    Kann ich überhaupt noch dümmer sein? , dachte er. Warum gehe ich nicht gleich zurück in die Burg und stelle mich schreiend auf den Angerhof? Landleute, das war wohlbekannt, begegneten Fremden grundsätzlich mit Misstrauen, erst recht in solchen Zeiten, da von Norden her ständig Gerüchte über Raubüberfälle und Schlimmeres zu ihnen drangen. Außerdem war Simon überzeugt, dass die Erkyngarde nach ihm suchte. Die Bewohner dieser einsamen Gehöfte würden sich höchstwahrscheinlich gut an

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