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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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bis der zweite nachfolgte.
    Einige Minuten später hinkte Simon an Binabiks Seite zur Tür, hinaus in den immer stärker werdenden Wind und eisigen Regen.
    »Werden wir dort auch das Abendessen über uns ergehen lassen müssen?«, erkundigte sich der Junge. Dieses eine Mal in seinem Leben fühlte er sich tatsächlich zu wund zum Essen.
    »Das glaube ich nicht. Josua ist in dieser Hinsicht ein seltsamer Mann; er hält nicht viel vom Essen und Trinken mit seinem Hof. Er hegt den Wunsch nach Einsamkeit. Darum werden wohl alle schon gegessen haben. Damit versöhne ich übrigens auch Qantaqa, damit sie im Zimmer bleibt.« Er lächelte und klopfte Simon auf das Knie. Simon fuhr zusammen. »Alles, was wir zu speisen bekommen werden, sind Sorgen und Gezänk. Schlecht für die Verdauung von Troll, Mensch oder Wolf.«
    Während draußen ein heftiger Sturm tobte, war die große Halle von Naglimund trocken. Drei gewaltige offene Kamine wärmten und die Flammen unzähliger Kerzen erhellten sie. Die schrägen Dachbalken verschwanden oben im Dunkel, und die Wände waren dicht mit düsteren Wandteppichen voller frommer Motive verkleidet.
    Man hatte Dutzende von Tischen zu einem riesigen Hufeisen zusammengeschoben. An der Spitze des Bogens stand Josuas hoher, schmaler Holzstuhl mit dem Zeichen des Schwans von Naglimund. An verschiedenen Stellen entlang des Hufeisens hatte schon ein halbes Hundert Männer Platz genommen, die sich eifrig unterhielten – hochgewachsene Gestalten, zumeist mit den Pelzröcken und dem grellen Putz des Kleinadels, einige aber auch in der rauhen Tracht von Soldaten. Mehrere blickten auf, als Simon und Binabik an ihnen vorbeikamen, und betrachteten sie abschätzend, um dann ihre Diskussionen fortzusetzen.
    Binabik stieß Simon mit dem Ellenbogen in die Hüfte. »Vielleicht halten sie uns für die gemieteten Gaukler.« Er lachte, aber Simon fand, dass er nicht wirklich amüsiert aussah.
    »Wer sind alle diese Leute?«, flüsterte der Junge, als sie sich am äußersten Ende des einen Hufeisenarmes niederließen. Ein Page stellte ihnen Wein hin und goss heißes Wasser hinzu, bevor er wieder mit den langen Schatten der Wand verschmolz.
    »Edelleute aus Erkynland, die treu zu Naglimund und Josua stehen – oder sich zumindest noch nicht sicher sind, welcher Seite sie sich anschließen sollen. Der Beleibte dort in Rot und Weiß ist Ordmaer, Baron von Utersall. Er spricht mit Grimsted, Ethelferth und ein paar anderen Adligen.« Der Troll hob den Bronzepokal und trank. »Hmmm. Unser Prinz geht mit seinem Wein nicht verschwenderisch um, oder er wünscht vielleicht, dass wir das hervorragende Wasser dieser Gegend preisen.« Binabiks schalkhaftes Lächeln war zurückgekehrt; Simon rutschte auf seinem Stuhl nach hinten, schon weil er fürchtete, der kleine, spitze Ellenbogen könnte sich wieder bemerkbar machen. Aber der Troll sah nur an ihm vorbei den Tisch entlang.
    Simon nahm einen tiefen Zug von seinem Wein. Er war wirklich wässrig, und der Junge fragte sich, ob es der Seneschall oder der Prinz selber war, der da an den Fithingstücken sparte. Immerhin war es besser als gar nichts und würde ihm vielleicht helfen, seine schmerzenden Glieder zu entspannen. Als er ausgetrunken hatte, huschte der Page herbei und schenkte von neuem ein.
    Nach und nach stellten sich weitere Männer ein, manche in angeregtem Gespräch, andere kühl die bereits Erschienenen musternd. Ein wahrhaft uralter Mann in prunkvollen Priestergewändern trat am Arm eines kräftigen, jungen Priesters ein und fing an, am oberen Ende der Tafel verschiedene glänzende Gegenstände aufzubauen; seine Miene verriet entschieden üble Laune. Der jüngere Mann half ihm in einen Stuhl, beugte sich dann zu ihm hinunter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Ältere gab eine offenbar unhöfliche Antwort, worauf der junge Priester mit einem schicksalsergebenen Blick den Raum verließ.
    »Ist das der Lektor?«, fragte Simon mit gedämpfter Stimme.
    Binabik schüttelte den Kopf. »Es dünkt mich sehr unwahrscheinlich, dass das Haupt eurer gesamten ädonitischen Kirche sich hier in der Höhle eines verbannten Prinzen aufhalten würde. Dies hier dürfte Anodis sein, der Bischof von Naglimund.«
    Noch während er das sagte, trat eine weitere Schar von Männern ein, und der Troll verstummte, um sie zu beobachten. Einige, denen das Haar in schmalen Zöpfen über den Rücken hing, trugen die gegürteten weißen Wämser der Hernystiri. Der augenscheinliche Führer, ein

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