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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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angespannt wirkender, muskulöser junger Mann mit langem, dunklem Schnurrbart, sprach mit einem Südländer, einem außergewöhnlich gut gekleideten Burschen, der kaum älter zu sein schien als er. Mit seinen kunstvoll gelockten Haaren und seinem in zarten Farbtönen von Blasslila und Blau gehaltenen Gewand war er so elegant, dass Simon überzeugt war, er müsste selbst Sangfugol beeindrucken. Ein paar alte Soldaten an der Tafel grinsten unverhohlen über den geckenhaften Aufzug.
    »Und diese?«, fragte Simon. »Die in Weiß, mit Gold um den Hals – Männer von Hernystir, ja?«
    »Richtig. Prinz Gwythinn ist das, mit seiner Gesandtschaft. Der andere, würde ich denken, ist Baron Devasalles von Nabban. Er steht im Ruf eines Mannes von scharfem Verstand, auch wenn er vielleicht ein bisschen zu viel Wert auf seine Aufmachung legt. Übrigens ein tapferer Kämpe, habe ich gehört.«
    »Woher weißt du das alles, Binabik?«, wollte Simon wissen und wandte seine Aufmerksamkeit von den Neuankömmlingen wieder seinem Freund zu. »Horchst du an Schlüssellöchern?«
    Hochmütig richtete der Troll sich auf. »Ich lebe nicht ständig auf Berggipfeln, weißt du. Außerdem habe ich mit Strangyeard und anderen geredet, während du dein Bett warmgehalten hast.«
    »Was?« Simons Stimme klang lauter als beabsichtigt; er merkte, dass er zumindest leicht angetrunken war. Der Mann neben ihm drehte sich mit neugierigem Blick zu ihm um; Simon beugte sich vor, um seine Verteidigung in leiserem Ton fortzusetzen.
    »Ich habe …«, begann er – in diesem Augenblick knarrten überall in der Halle die Stühle, als die auf ihnen Sitzenden sich plötzlich erhoben. Simon sah auf und erkannte Prinz Josuas schlanke, wie üblichganz in Grau gekleidete Gestalt, die vom anderen Ende der Halle her eintrat. Josuas Miene war gelassen, aber ernst. Das einzige Zeichen seines Ranges bestand in dem Silberreif auf seiner Stirn.
    Josua nickte der Versammlung zu und setzte sich. Die anderen folgten rasch seinem Beispiel. Als die Pagen vortraten, um Wein einzuschenken, erhob sich der alte Bischof an Josuas linker Seite. Zu seiner Rechten saß Gwythinn von Hernystir.
    »Nun bitte« – der Bischof klang mürrisch wie ein Mann, der eine Gunst erweist, von der er weiß, dass sie nichts Gutes bringen wird –, »beugt Eure Häupter, und lasst uns den Segen Usires Ädons für diese Tafel und was an ihr beraten wird erbitten.« Mit diesen Worten ergriff er einen wundervollen Baum aus gehämmertem Gold und blauen Steinen und hielt ihn vor sich in die Höhe.
    »Du, der du von unserer Welt warst und doch nicht nur von unserem Fleische bist, höre uns.
    Du, der du ein Mensch warst, doch dessen Vater kein Mensch war, sondern der lebendige Gott, tröste uns.
    Wache über dieser Tafel und denen, die an ihr sitzen, und lege dem, der verirrt und auf der Suche ist, deine Hand auf die Schulter.«
    Der Alte holte Atem und blickte sich giftig am Tisch um. Simon, der ihn mit auf die Brust gesunkenem Kinn scharf beobachtete, fand, er sehe aus, als würde er am liebsten seinen juwelenbesetzten Baum nehmen und ihnen allen den Schädel einschlagen.
    »Außerdem«, schloss der Bischof jäh, »vergib den hier Versammelten all die verdammungswürdigen, hochmütigen Torheiten, die sie vielleicht sprechen werden. Wir sind deine Kinder.«
    Er schwankte leicht und kippte in seinen Stuhl; am Tisch entstand ein leises Murmeln.
    »Denkst du auch, Simon, dass der Bischof sich hier nicht so ganz wohlfühlt?«, flüsterte Binabik.
    Josua stand auf. »Dank sei Euch, Bischof Anodis, für Euer … von Herzen kommendes Gebet. Dank auch allen, die sich in dieser Halle eingefunden haben.« Er ließ den Blick durch den hohen, vom Feuerschein erhellten Raum schweifen, die linke Hand auf dem Tisch, den anderen Arm in den Falten seines Mantels verborgen. »Es sind schwere Zeiten«, fuhr er fort und blickte der Reihe nach in dieGesichter der Männer. Simon fühlte, wie ihm die Wärme des Raumes in die Wangen stieg; er fragte sich, ob der Prinz wohl etwas über seine Rettung erzählen würde. Er blinzelte und öffnete gerade noch rechtzeitig die Augen, um zu sehen, wie Josuas Blick ihn streifte und dann in die Mitte des Raumes zurückkehrte. »Schwere und sorgenvolle Zeiten. Der Hochkönig auf dem Drachenbeinthron – gewiss ja, natürlich ist er auch mein Bruder, aber für unsere Zwecke hier ist er der König – scheint unserer Not den Rücken gekehrt zu haben. Die Steuern hat er derart in die Höhe

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