Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
ab, die das Hexenholz gedeihen ließen, während über ihnen im Palast der König und sein Hof immer tiefer in Verzweiflung und Melancholie versanken.
    Aber Ineluki hatte weder die Gärten vergessen noch die dunklen Bücher, die er gelesen hatte, und auch nicht die Schattenpfade, die er bei seiner Suche nach Weisheit gegangen war. In seinen Gemächern, die keiner der anderen mehr betrat, begann er mit einem Werk, von dem er glaubte, es werde Asu’a und den Sithi die Rettung bringen.Auf irgendeine Weise, unter großen Opfern, beschaffte er schwarzes Eisen, das er den Hexenholzbäumen zuführte wie ein Mönch, der seine Reben wässert. Viele der Bäume, nicht weniger empfindsam als die Sithi selbst, erkrankten daran und starben. Einer jedoch blieb am Leben.
    Ineluki wob einen Zauber um diesen Baum, mit Worten, die älter waren als die Sithi, und mit Beschwörungen, die noch tiefer hinabreichten als die Wurzeln des Hexenholzes. Der Baum wurde wieder stark, und jetzt rann giftiges Eisen durch seine Adern wie Blut. Die Hüter des heiligen Gartens sahen ihre Schützlinge sterben und flohen. Sie berichteten es König Iyu’unigato, der bestürzt war, aber seinem Sohn, da er ohnehin das Ende seiner Welt vor sich sah, nicht Einhalt gebieten wollte. Was nützte jetzt noch Hexenholz, da man von helläugigen Männern mit tödlichem Eisen in den Händen umringt war?
    Das Wachstum des Baumes schwächte Ineluki sehr – genau wie die Gärten, aber sein Wille war stärker als jede Krankheit. Er gab nicht auf, und endlich war es an der Zeit, die ersehnte Ernte einzubringen. Er nahm das Grausige, das er gepflanzt hatte, das ganz von boshaftem Eisen durchwucherte Hexenholz, und stieg hinauf zu den Schmieden von Asu’a .
    Ausgezehrt, so krank, dass er dem Wahnsinn nahe war, sah er die Schmiedemeister vor sich fliehen; er kümmerte sich nicht darum. Ganz allein schürte er die Feuer heißer als je zuvor; allein intonierte er die Worte der Schöpfung und schwang dabei den Hammerder-formt, den keiner als der Oberste der Schmiede jemals geführt hatte.
    Allein in den rotglühenden Tiefen von Asu’a schuf er ein Schwert, ein graues, grausiges Schwert, das vom Innersten seines Wesens her Unheil auszustrahlen schien. Solch entsetzlichen, unheiligen Zauber beschwor Ineluki beim Schmieden, dass die Luft in der Schmiede vor Hitze zu knistern schien und die Mauern der Feste erbebten wie unter dem Schlag riesiger Fäuste.
    Dann brachte er das neu geschmiedete Schwert in die große Halle seines Vaters, um seinem Volke zu zeigen, was ihnen die Rettung bringen würde. Aber so schrecklich war sein Anblick und sofurchterregend das unerträgliche Licht des grauen Schwerts, dass die Sithi, von Grauen erfüllt, aus der Halle flohen. Nur Ineluki und sein Vater Iyu’unigato blieben zurück.«
    In dem tiefer werdenden Schweigen, das auf Jarnaugas Worte folgte – einer so tiefen Stille, dass selbst das Feuer zu knistern aufgehört hatte, als hielten auch die Flammen den Atem an –, spürte Simon, wie sich in seinem Nacken und an den Armen die Haare sträubten und ein sonderbarer Schwindel ihn befiel.
    Ein … Schwert! Ein graues Schwert! Ich sehe es ganz deutlich! Was bedeutet das? Warum werde ich den Gedanken daran nicht los? Er kratzte sich mit beiden Händen grob am Schädel, als könnte er durch den Schmerz die Antwort heraustreiben.
    »Als nun der Erlkönig endlich sah, was sein Sohn geschaffen hatte, muss ihm das Herz in der Brust zu Eis erstarrt sein, denn die Klinge in Inelukis Hand war keine bloße Waffe, sondern eine Lästerung der Erde, der sowohl Eisen als auch Hexenholz entstammten. Sie war ein Loch im Gewebe der Schöpfung, aus dem das Leben heraussickerte.
    ›Ein Ding wie dieses ist wider die Natur‹, sprach er zu seinem Sohn. ›Besser ist es, uns der Leere der Vergessenheit anheimzugeben, besser, dass die Sterblichen unsere Knochen zernagen – ja, besser wäre es, wir hätten nie gelebt, als dass ein Ding wie dieses jemals geschaffen worden wäre, geschweige denn geschwungen werden soll.‹
    Doch die Macht des Schwertes hatte Ineluki den Verstand geraubt, und er war in die Zauberkünste, die es hervorgebracht hatten, selbst auf das Furchtbarste verstrickt. ›Es ist die einzige Waffe, die uns retten kann‹, erwiderte er seinem Vater. ›Sonst werden diese Geschöpfe, diese Insekten, über das Angesicht unseres Landes ausschwärmen und dabei all das Schöne zugrunde richten und vernichten, das sie weder erkennen noch begreifen

Weitere Kostenlose Bücher