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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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können. Das zu verhindern ist jeden Preis wert.‹
    ›Nein‹, entgegnete Iyu’unigato. ›Nein. Manchmal ist ein Preis zu hoch. Betrachte dich doch! Schon jetzt hat es dir Kopf und Herzgeraubt. Als dein Vater und König befehle ich dir, es zu zerstören, bevor es dich ganz und gar verschlingt.‹
    Aber als er vernahm, was sein Vater von ihm forderte, die Vernichtung des Schwertes, das zu schmieden ihn fast das Leben gekostet und das er, wie er glaubte, nur geschaffen hatte, um sein Volk vor der Dunkelheit des Unterganges zu retten, da geriet Ineluki ganz und gar außer sich. Und er hob das Schwert und streckte seinen Vater nieder, sodass der König der Sithi den Tod fand.
    Niemals zuvor war eine solche Tat geschehen, und als Ineluki Iyu’unigato vor sich liegen sah, da weinte er bitterlich, nicht allein um seinen Vater, sondern auch um sich selbst und sein Volk. Endlich aber hob er das graue Schwert an seine Augen. ›Aus Leid bist du geboren‹, sagte er, ›und Leid hast du uns gebracht. Leid soll dein Name sein. Und er nannte die Klinge Jingizu , was in der Sprache der Sithi Leid bedeutet.«
    Leid … ein Schwert mit dem Namen Leid … Simon hörte es in seinem Kopf wie ein Echo, das durch seine Gedanken hallte, bis es schien, als wolle es Jarnaugas Worte und den Sturm draußen und die ganze Welt übertönen. Warum klang es so entsetzlich vertraut? Leid … Jingizu … Leid …
    »Aber damit ist die Geschichte nicht zu Ende«, begann der Nordmann von neuem, und seine Stimme wurde stärker und ein vibrierendes Unbehagen ging durch die lauschenden. »Ineluki, von seiner eigenen Tat immer tiefer in den Wahnsinn getrieben, griff trotz allem nach der weißen Birkenholzkrone seines Vaters und erklärte sich zum König. So betäubt waren seine Angehörigen und sein Volk von dem Mord, dass sie nicht den Mut fanden, ihm Widerstand zu leisten. Einige freuten sich sogar insgeheim – vor allem fünf andere Sithi, die wie Ineluki den Gedanken, sich den Sterblichen kampflos zu ergeben, nicht ertragen konnten.
    Ineluki, Leid in der Hand, war eine zügellose Macht. Mit seinen fünf Gefolgsleuten – von den verschreckten und abergläubischen Nordleuten die Rote Hand genannt, ihrer Zahl und der feuerfarbenen Mäntel wegen – trug Ineluki den Kampf vor die Mauern von Asu’a, zum ersten Mal in der fast dreijährigen Belagerung. Nur die schiere Masse der eisenschwingenden Tausendschaften von Fingils Horde hinderten den Nachtalp, zu dem Ineluki geworden war, daran, die Belagerung zu durchbrechen. Hätten sich die übrigen Sithi hinter sie gestellt, so würden wohl noch heute die Sithikönige über die Zinnen des Hochhorstes wandeln.
    Doch Inelukis Volk hatte nicht mehr den Willen zu kämpfen. Voller Angst vor ihrem neuen König, schaudernd vor seinem Mord an Iyu’unigato, nutzten sie stattdessen das von Ineluki und seiner Roten Hand angerichtete Gemetzel und flohen aus Asu’a , angeführt von Amerasu, der Königin, und Shima’onari, dem Sohn von Inelukis Bruder Hakatri. Sie entkamen über die dunklen, aber schützenden Pfade des Aldheorte und verbargen sich dort vor dem Blutrausch der Sterblichen und vor ihrem eigenen König.
    So geschah es, dass Ineluki sich am Ende mit wenig mehr als seinen fünf Kriegern allein in der glitzernden Feste fand. Selbst sein machtvoller Zauber hatte sich schließlich als zu schwach erwiesen, um der gewaltigen Masse von Fingils Heer zu widerstehen. Die Schamanen aus dem Norden raunten ihre Runen, und der letzte schützende Zauber fiel von den uralten Mauern ab. Mit Pech und Stroh und Fackeln setzten die Rimmersmänner die schlanken Bauten in Brand. Als der Rauch und die Flammen aufstiegen, zerrten die Nordmänner die letzten Sithi aus ihren Schlupfwinkeln, jene, die zu schwach oder zu ängstlich zur Flucht waren oder ihrer Heimat bis zum Schluss treu sein wollten. Schreckliche Greueltaten begingen Fingils Rimmersmänner in diesem Brand; die verbliebenen Sithi fanden kaum noch die Kraft, sich zu wehren. Ihre Welt war dem Untergang geweiht. Die grausamen Morde, die erbarmungslosen Folterungen und Schändungen hilfloser Opfer, die lachende Zerstörung tausender kostbarer und unersetzlicher Dinge – mit diesen Taten setzte Fingils Heer sein scharlachrotes Siegel auf unsere Geschichte und hinterließ einen Fleck, der nie mehr ausgelöscht werden kann. Und zweifellos hörten jene, die in den Wald geflohen waren, die Schreie und schauderten und weinten und baten ihre Ahnen um Gerechtigkeit.
    In

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