Der Drachenbeinthron
schmutzigen Steinfußboden lag.
»Nein, nein«, versetzte der andere – Herzog Isgrimnur, der sich nervös am Bart zupfte.
»Was … ist geschehen?« War er gestürzt und hatte sich den Kopf aufgeschlagen? Er griff hinauf und tastete ihn vorsichtig ab, aber es tat ihm eigentlich überall weh, auch konnte er keine Beule finden.
»Umgekippt bist du, Junge«, brummte Isgrimnur. »Geschrien hast du von … von Dingen, die du gesehen hast. Ich hab dich hinausgetragen – was ein ordentliches Stück Arbeit war.«
»Und dann stand er da und hat dich angestarrt, als du am Boden lagst«, erklärte Miriamel in strengem Ton. »Nur gut, dass ich kam.« Sie blickte zu dem Rimmersmann auf. »Ihr kämpft doch in der Schlacht, oder nicht, Herzog? Was tut Ihr dort, wenn jemand verwundet ist – ihn anstarren?«
»Das ist etwas anderes«, verteidigte sich Isgrimnur. »Verbinden, wenn sie bluten. Auf dem Schild zurücktragen, wenn sie tot sind.«
»Sehr gescheit«, meinte Miriamel bissig, aber Simon sah ein verstohlenes Lächeln über ihre Lippen gleiten. »Und wenn sie nicht bluten oder tot sind, steigt Ihr wohl einfach über sie hinweg? Aber lassen wir das.« Der Herzog klappte den Mund zu und fuhr fort, an seinem Bart zu zupfen.
Die Prinzessin wischte Simon weiter mit ihrem angefeuchteten Taschentuch die Stirn ab. Er konnte sich nicht recht vorstellen, was das nützen sollte, aber für den Augenblick war er damit zufrieden, liegen zu bleiben und sich pflegen zu lassen. Er wusste, dass er nur allzu bald eine Erklärung abgeben musste.
»Ich … mir schwante gleich, dass ich dir schon begegnet bin, Junge«, bemerkte Isgrimnur nach einer Weile. »Du warst doch der Bursche in Sankt Hoderund, habe ich recht? Und dieser Troll … mir war, als hätte ich …«
Die Küchentür öffnete sich ein weiteres Stück. »Ah, Simon! Ich hoffe, es geht deiner Gesundheit wieder besser.«
»Binabik«, sagte Simon und versuchte sich aufzurichten. Aber Miriamel lehnte sich sanft, aber fest gegen seine Brust und zwang ihn wieder nach unten. »Ich habe es gesehen, wirklich! Das war es, woran ich mich nicht erinnern konnte! Der Berghang und das Feuer und … und …«
»Ich weiß, Freund Simon. Vieles wurde mir klar, als du aufsprangest – wenn auch nicht alles. Es gibt noch genug Ungeklärtes in diesem Rätsel.«
»Sie müssen mich für einen Verrückten halten«, stöhnte Simon und schob die Hand der Prinzessin fort, nicht ohne den Augenblick der Berührung zu genießen. Was mochte sie wohl denken? Jetzt schaute sie ihn an wie ein großes Mädchen einen nichtsnutzigen kleinen Bruder. Verdammte Mädchen und verdammte Frauen!
»Nein, Simon«, erwiderte Binabik und hockte sich neben Miriamel, um ihn sorgfältig zu mustern. »Ich habe inzwischen viele Geschichten erzählt, nicht zuletzt von unseren gemeinsamen Abenteuern. Jarnauga hat vieles bestätigt, das mein Meister angedeutet hat. Auch er erhielt eine von Morgenes’ letzten Botschaften. Nein, niemand hält dich für verrückt, obwohl ich glaube, dass immer noch viele die wirkliche Gefahr unterschätzen. Besonders Baron Devasalles.«
»Ähem …« Isgrimnur scharrte mit dem Stiefel auf dem Boden. »Wenn der Junge gesund ist, sollte ich wohl lieber wieder hineingehen. Simon, ja? Hmmm, du und ich, wir reden noch miteinander.« Der Herzog manövrierte seinen beträchtlichen Umfang aus der schmalen Küche und polterte den Gang hinunter.
»Und ich gehe auch hinein«, verkündete Miriamel und klopfte sich energisch den ärgsten Staub vom Leib. »Es gibt Fragen, über die nicht entschieden werden sollte, bevor man mich nicht gehört hat, wie auch immer mein Onkel darüber denken mag.«
Simon wollte ihr danken, aber als er da so auf dem Rücken lag, fiel ihm nichts ein, bei dem er sich nicht noch lächerlicher vorgekommen wäre als sowieso schon. Bis er sich durchgerungen hatte, seinen Stolz über Bord zu werfen, war die Prinzessin schon in einem Wirbel aus Seide zur Tür hinaus.
»Und wenn du dich bis zur Genüge erholt hast, Simon«, bemerkte Binabik und streckte eine kleine, klumpige Hand aus, »dann gibt es Dinge in der Halle des Rates, die wir uns anhören müssen; denn ich denke, dass Naglimund nie zuvor einen Raed erlebt hat, der diesem ähnelte.«
»Sei gewiss, Junge«, erläuterte Jarnauga, »dass ich dir zwar fast alles glaube, was du uns gesagt hast, aber du solltest wissen, dass es sicher nicht Ineluki war, den du auf dem Berg gesehen hast.«
Die Feuer waren zu träumenden Kohlen
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