Der Drachenbeinthron
Das war dreihundert Jahre, nachdem Fingil den Hochhorst eroberte – oder wie immer er damals hieß. Inzwischen sind fast zweihundert Jahre vergangen. Das klingt für mich, als brauchte dieser … Dämon, muss man wohl sagen … sehr viel Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen.
Nun wissen wir aber alle«, sprach er weiter, »wir Männer, die inmitten gieriger Nachbarn ihr Land verteidigt haben«, er warf einen listigen Blick auf Ordmaer, aber der dicke Baron war schon vor einiger Zeit recht blass geworden und schien keinen Anspielungen zugänglich, »dass der beste Weg, selbst in Sicherheit zu bleiben und dabei Zeit zu gewinnen, um seine Kräfte zu sammeln, darin besteht, die Nachbarn untereinander kämpfen zu lassen. Mich dünkt, genau so verhält es sich hier. Dieser Rimmersgard-Dämon macht Elias ein Geschenk und hetzt ihn dann zum Kampf gegen seine Barone, Herzöge und so weiter auf.« Ethelferth blickte sich um, zog sein Wams gerade und setzte sich wieder hin.
»Es ist kein ›Rimmersgard-Dämon‹«, knurrte Einskaldir. »Wir sind alle entsühnte ädonitische Männer.«
Josua beachtete die Bemerkung des Nordmannes nicht. »Es liegt etwas Wahres in Euren Worten, Herr Ethelferth; aber ich glaube, wer Elias kennt, wird mir zustimmen, dass er eigene Pläne verfolgt.«
»Er hat keinen Sithidämon gebraucht, um mir mein Land zu stehlen«, warf Isgrimnur bitter ein.
»Trotzdem …«, fuhr Josua fort. »Ich finde Jarnauga und Binabik von Yiqanuc … und den jungen Simon, der Doktor Morgenes’ Lehrling war … alle viel zu beunruhigend vertrauenswürdig. Ichwünschte, ich könnte behaupten, ihnen ihre Geschichten nicht zu glauben; ich bin mir auch noch nicht sicher, was ich eigentlich glaube; aber ich kann sie jedenfalls nicht übergehen.« Er wandte sich wieder Jarnauga zu, der mit einem eisernen Schürhaken in einer der Feuerstellen grub.
»Wenn diese unheilvollen Warnungen, die Ihr uns bringt, berechtigt sind, so sagt mir eines: Was will Ineluki?«
Der alte Mann starrte in das Feuer und stocherte dann nochmals energisch darin herum. »Wie ich Euch erzählt habe, Prinz Josua, war es meine Aufgabe, die Augen des Bundes zu sein. Sowohl Morgenes als auch der Meister des jungen Binabik wussten mehr als ich darüber, was im Inneren des Gebieters von Sturmspitze vor sich gehen mag.« Er hob die Hand, als wolle er weitere Fragen abwehren. »Wenn ich aber eine Vermutung äußern soll, so ist es diese: Denkt an den Hass, der Ineluki in der Leere am Leben hielt, ihn aus den Flammen seines eigenen Todes zurückbrachte …«
»Dann ist es«, Josuas Stimme fiel schwer in die dunkle, atmende Halle, »Rache, was Ineluki begehrt?«
Jarnauga starrte wortlos in die Glut.
»Wir müssen über vieles nachdenken«, erklärte der Herr von Naglimund, »und dürfen keine übereilten Beschlüsse fassen.« Er stand auf, hochgewachsen und bleich, das schmale Gesicht wie eine Maske vor seinen verborgenen Gedanken. »Wir kommen morgen bei Sonnenuntergang wieder hier zusammen.« Von zwei graugekleideten Wachsoldaten begleitet, verließ er die Halle.
Im Saal drehten die Männer sich um und sahen einander an, erhoben sich, fanden sich zu kleinen, stummen Gruppen zusammen. Simon sah Miriamel, die keine Möglichkeit zum Reden gefunden hatte, zwischen Ethelferth und dem hinkenden Isgrimnur hinausgehen.
»Komm, Simon«, sagte Binabik und zupfte ihn am Ärmel. »Ich denke, ich werde Qantaqa Auslauf gewähren, nun, da der Regen etwas nachgelassen hat. Solche Umstände muss man nützen. Noch hat man mich nicht meiner Vorliebe beraubt, im Gehen, mit dem Wind im Gesicht, nachzudenken – und es gibt vieles, über das ich nachdenken sollte.«
»Binabik«, begann Simon endlich zögernd, die Schrecken des Tages hatten ihn müde gemacht und lagen schwer auf seinem Gemüt. »Erinnerst du dich noch an den Traum, den ich hatte … den wir alle hatten … damals in Geloës Haus? Sturmspitze … und das Buch?«
»Ja«, erwiderte der kleine Mann ernst. »Das ist eines der Dinge, die mir Sorgen machen. Die Worte – die Worte, die du sahst – lassen mich nicht los. Ich fürchte, es liegt ein Rätsel von allergrößter Bedeutung darin.«
»Du … du Svar …« Simon kämpfte mit seinen Erinnerungen.
»Du Svardenvyrd hieß es«, seufzte Binabik. »Das Verhängnis der Schwerter.«
Die heiße Luft schlug schmerzhaft an Pryrates’ haarloses und ungeschütztes Gesicht, aber er gestattete es sich nicht, sein Unbehagen zu zeigen. Während er mit wehenden
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