Der Drachenbeinthron
wiederhabe?«
»Ich bin überzeugt davon, mein König.«
»Gut. Nachdem ich das weiß, freue ich mich umso mehr auf diesen Moment.«
Elias glitt durch den düsteren Gang davon.
Pryrates regte sich nicht, sondern lauschte den entschwindenden Schritten des Königs, die sich mit dem Schlag der Hämmer von Erkynland vermischten, deren eintöniger Lärm aus der Tiefe heraufdröhnte.
34
Vergessene Schwerter
ara war wütend. Der Pinsel in ihrer Hand zitterte, und ein roter Strich zog sich über ihr Kinn. »Nun seht Euch an, was ich getan habe!«, sagte sie, und der Ärger verstärkte ihren breiten Thrithingakzent noch. »Es ist grausam von Euch, mich so zu drängen.« Sie wischte sich den Mund mit einem Tuch ab und begann von neuem.
»Bei Ädon, Weib, es geht um wichtigere Dinge als Eure Lippenbemalung!« Josua stand auf und begann, wieder auf und ab zu gehen.
»Sprecht nicht so mit mir, Herr! Und lauft nicht so in meinem Rücken herum …«, sie machte eine Handbewegung und suchte nach Worten, »… hin und her, hin und her … Wenn Ihr mich schon auf den Gang hinauswerfen müsst wie eine Trossdirne, dann will ich mich wenigstens erst dazu bereitmachen.«
Der Prinz hob einen Schürhaken vom Boden auf, bückte sich und stocherte in der Glut. »Ich werfe Euch nicht ›auf den Gang hinaus‹, Herrin.«
»Wenn ich wirklich Eure Herrin bin«, versetzte Vara finster, »wieso darf ich dann nicht bleiben? Schämt Ihr Euch meiner?«
»Unsinn! Aber wir werden Dinge besprechen, die Euch nicht betreffen. Falls Ihr es noch nicht bemerkt haben solltet – wir rüsten uns für einen Krieg. Ich bedaure es, wenn Euch das lästig ist.« Er erhob sich ächzend, wobei er den Schürhaken wieder sorgfältig neben den Kamin legte. »Geht und unterhaltet Euch mit den anderen Damen. Seid froh, dass Ihr meine Last nicht tragen müsst.«
Vara fuhr herum und sah ihn an. »Die anderen Damen hassen mich«, stellte sie mit schmalen Augen fest. Eine schwarze Haarlocke lag lose auf ihrer Wange. »Ich habe gehört, wie sie über Prinz JosuasGrasländerschlampe tuscheln. Und ich hasse sie auch, diese Kühe aus dem Norden! In meines Vaters Markland würde man sie auspeitschen für diesen … diesen …«, sie kämpfte mit der Sprache, die sie noch nicht völlig beherrschte, »… diesen Mangel an Ehrerbietung!« Sie holte tief Atem, um sich zu beruhigen. »Warum seid Ihr so kalt zu mir, Herr?«, fragte sie dann. »Und warum habt Ihr mich hierher gebracht, in dieses kalte Land?«
Der Prinz blickte auf, und sein strenges Gesicht wurde weicher. »Das frage ich mich auch manchmal.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Bitte – wenn Ihr die Gesellschaft der anderen Damen des Hofes verachtet, so lasst den Harfner für Euch singen. Bitte, ich wünsche heute Abend keinen Streit.«
»Und auch an keinem anderen Abend!«, fauchte Vara. »Und mich scheint Ihr auch nicht zu wollen – nur dieses alte Zeug, o ja, daran seid Ihr interessiert; Ihr und Eure alten Bücher!«
Josuas Geduld war fast erschöpft. »Die Ereignisse, über die wir nachher reden werden, sind lange her, ja, aber sie sind für unseren jetzigen Kampf von Bedeutung. Verdammt, Weib, ich bin ein Prinz dieses Reiches und kann mich meiner Verantwortung nicht entziehen!«
»Darin seid Ihr besser, als Ihr glaubt, Prinz Josua«, erwiderte sie eisig und warf sich den Umhang um die Schultern. An der Tür drehte sie sich um. »Ich hasse Eure Art, nur an die Vergangenheit zu denken – alte Bücher, alte Schlachten, alte Geschichte …«, ihr Mund verzog sich, »… und alte Liebe.«
Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
»Habt Dank, Prinz, dass Ihr uns in Euren Gemächern empfangt«, sagte Binabik. Sein rundes Gesicht verriet Besorgnis. »Ich hätte Euch nicht darum ersucht, wenn die Wichtigkeit mich nicht dazu gedrängt hätte.«
»Natürlich, Binabik«, erwiderte der Prinz. »Auch ich ziehe es vor, mich in einer ruhigeren Umgebung zu unterhalten.«
Der Troll und der alte Jarnauga hatten sich harte Holzschemel herangezogen und neben Josua am Tisch Platz genommen. VaterStrangyeard, der sie begleitet hatte, wanderte lautlos im Zimmer herum und betrachtete die Wandteppiche. In all seinen Jahren in Naglimund war es das erste Mal, dass er die Privaträume des Prinzen betrat.
»Ich bin immer noch ganz betäubt von dem, was ich gestern Abend gehört habe«, begann Josua und wies auf die Pergamentblätter, die Binabik vor ihm ausgebreitet hatte. »Nun sagt Ihr, es gebe noch viel mehr, das ich
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