Der Drachenbeinthron
vor.«
»Eines weiß ich von meiner Großmutter, die eine Geschichtenerzählerin war«, antwortete Isgrimnur und kaute an seinem Schnurrbart, während er sich zu erinnern versuchte. »Von Elvrits Linie ging es auf Fingil Rothand über, und von Fingil auf seinen Sohn Hjeldin; und als dann Hjeldin vom Turm stürzte – und hinter ihm Nisses tot am Boden lag –, nahm es Hjeldins Unterführer Ikferdig an sich, zusammen mit Fingils Rimmerskrone und der Herrschaft über den Hochhorst.«
»Ikferdig starb auf dem Hochhorst«, bemerkte Strangyeard, der sich am Kaminfeuer die Hände wärmte, schüchtern. »In meinen Büchern heißt er ›Der verbrannte König‹.«
»Starb im Drachenfeuer des roten Shurakai«, ergänzte Jarnauga. »In seinem Thronsaal gebraten wie ein Kaninchen.«
»Also …«, sagte Binabik nachdenklich, während den weichherzigen Strangyeard bei Jarnaugas Worten ein Schauer überlief,»befindet sich Minneyar jetzt entweder irgendwo in den Mauern des Hochhorstes … oder der feurige Atem des Drachens hat es damals zerstört.«
Josua stand auf und ging zum Kamin, wo er sich hinstellte und in die tanzenden Flammen starrte. Strangyeard wich vorsichtig zur Seite, um seinen Fürsten nicht durch seine Nähe zu bedrängen.
»Zwei verwirrende und unglückselige Möglichkeiten.« Josua verzog das Gesicht. Dann wandte er sich zu Vater Strangyeard und meinte: »Ihr habt mir heute keine guten Nachrichten gebracht, Ihr weisen Männer.« Der Archivar schaute bedrückt. »Zuerst erzählt Ihr mir, unsere einzige Hoffnung liege darin, diese drei sagenhaften Klingen wiederzufinden, und nun erklärt Ihr, zwei davon befänden sich in der Festung meines Bruders – falls sie überhaupt noch existieren.« Der Prinz seufzte bekümmert. »Und das dritte Schwert? Benutzt Pryrates es dazu, sich bei Tisch das Fleisch zu schneiden?«
»Dorn«, sagte Binabik und kletterte auf die Tischkante, um sich dort niederzulassen. »Das Schwert des großen Ritters, der Camaris hieß.«
»Geschmiedet aus dem Sternenstein, der den Tempel des Yuvenis im alten Nabban zerstörte«, fügte Jarnauga hinzu. »Sicher ist es mit dem großen Camaris im Meer versunken, als er in der Bucht von Firannos über Bord gespült wurde.«
»Da habt Ihr es!«, fauchte Josua. »Zwei sind in der Hand meines Bruders, und das dritte liegt im noch festeren Griff der eifersüchtigen See. Unsere Suche ist verflucht, bevor wir sie noch begonnen haben!«
»Ohne Zweifel hätte man es auch als unmöglichen Zufall betrachtet, dass Morgenes’ Werk die Vernichtung seiner Person und seines Heims überleben könnte«, warf Jarnauga ein, und seine Stimme klang streng, »um dann durch Gefahren und Verzweiflung unversehrt zu uns zu gelangen, nur damit wir Nisses’ Weissagung lesen könnten. Aber es hat überlebt. Und es hat uns erreicht. Es gibt immer Hoffnung.«
»Verzeiht mir, Prinz, aber mich dünkt, dass uns nur eines bleibt«, schaltete sich Binabik ein und nickte weise von der Tischplatteherunter. »Wir müssen zurück in die Archive und schnellstens weiterforschen, bis wir Antworten auf das Rätsel von Dorn und den beiden anderen Klingen finden. Und wir müssen sie bald finden.«
»Sehr bald, in der Tat«, bemerkte Jarnauga, »denn wir verschwenden Zeit, die im Moment kostbarer ist als Diamanten.«
»Wie wahr«, bestätigte Josua, zog sich den Stuhl an den Kamin und ließ sich müde nieder, »beeilt Euch unbedingt; doch ich fürchte tief in meinem Herzen, dass unsere Zeit bereits abgelaufen ist.«
»Verdammt, verdammt und verdammt«, rief Simon und schleuderte einen Stein von den Zinnen hinunter in die Fänge des Windes. Naglimund schien inmitten einer weiten Fläche aus grauem Nichts zu stehen wie ein Berg, der sich aus einem Meer wirbelnden Regens erhebt. »Verdammt«, wiederholte er und bückte sich, um auf der nassen Steinmauer nach einem weiteren Brocken zu suchen.
Sangfugol warf ihm einen Blick zu. Seine schöne Mütze saß ihm als formlose, triefende Masse auf dem Kopf. »Simon«, mahnte er ärgerlich, »du kannst nicht beides haben. Zuerst schimpfst du über alle, weil sie dich einfach mitgeschleift hätten wie einen Hausierersack, dann fluchst du und schmeißt Steine, weil man dich zu den Beratungen heute Nachmittag nicht hinzugezogen hat.«
»Ich weiß«, knurrte Simon und schickte ein neues Wurfgeschoss von den Burgmauern. »Ich weiß selbst nicht, was ich will. Ich weiß überhaupt nichts.«
Der Harfner machte ein finsteres Gesicht. »Was ich gern
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