Der Drachenbeinthron
riesigen Bronzekessel zu schlagen, der in seinem Gestell aus Eichenpfosten, den Boden nachoben, vor dem Eingangstor des Taig hing. Während sie vorbeitrottete, war der Lärm der Männer, die den Kessel mit ihren vorn eisenbeschlagenen Keulen aus Leibeskräften bearbeiteten, so fürchterlich, dass sie sich mit den Händen die Ohren zuhalten musste. Wieder einmal fragte sie sich, wie ihr Vater und seine Ratgeber bei diesem entsetzlichen Krach unmittelbar vor der Halle überhaupt noch einen klaren Gedanken fassen, geschweige denn Schlachtpläne ausarbeiten konnten, bei denen es um Tod und Leben ging. Andererseits – wenn man Rhynns Kessel nicht läutete, würde es Tage dauern, die verstreuten Orte einen nach dem anderen zu warnen, vor allem diejenigen, die weit oben an den Hängen des Grianspog lagen. So aber würden Dörfer und Herrensitze in Hörweite des Kessels Reiter nach den weiter entfernten senden. Der Herr des Taig hatte stets in Zeiten der Gefahr den Kessel schlagen lassen, schon lange vor der Zeit, als Hern der Jäger und Oinduth, sein mächtiger Speer, ihr Land zu einem großen Königreich gemacht hatten. Selbst Kinder, die das Läuten noch nie gehört hatten, erkannten es sofort, so viele Geschichten erzählte man sich über Rhynns Kessel.
Die hohen Fenster des Taig waren heute mit Läden vor dem eisigen Wind und dem Nebel verschlossen. Maegwin fand ihren Vater und seine Räte in ernstem Gespräch vor dem Kamin.
»Meine Tochter«, sagte Lluth und erhob sich, sichtlich bemüht, ihr ein Lächeln zu zeigen.
»Ich habe ein paar Frauen geholt und mit ihnen den Rest des Viehs auf die große Koppel getrieben«, berichtete Maegwin. »Allerdings halte ich es nicht für richtig, es derart eng zusammenzudrängen. Die Kühe fühlen sich elend.«
Lluth machte eine abwehrende Handbewegung. »Besser, wir verlieren jetzt ein paar, als dass wir sie zusammentreiben müssen, wenn wir uns vielleicht in aller Eile in die Berge zurückziehen.«
Am anderen Ende der Halle öffnete sich die Tür, und die Posten schlugen einmal mit den Schwertern auf die Schilde, so als wollten sie das durchdringende Geräusch des Kessels nachahmen. »Sei bedankt, Maegwin«, erklärte der König und wandte sich von ihr ab, um den Neuankömmling zu begrüßen.
»Eolair!«, rief er. Der Graf trat vor. Er trug noch dieverschmutzten Reisekleider. »Ihr seid rasch zurückgekehrt von den Heilern. Gut. Wie geht es Euren Männern?«
Der Graf von Nad Mullach kam näher, sank kurz auf ein Knie und stand auf Lluths ungeduldige Geste hin sofort wieder auf. »Fünf sind bei Kräften; um die beiden Verwundeten steht es nicht gut. Für sie und die anderen vier werde ich Skali persönlich zur Rechenschaft ziehen.« Jetzt endlich bemerkte er auch Lluths Tochter und lächelte breit; aber seine Brauen blieben zusammengekniffen und verrieten seine Müdigkeit, seine Sorgen. »Maegwin, Herrin«, sagte er, verbeugte sich nochmals und küsste ihre langfingrige Hand, an der, wie Maegwin in peinlicher Verlegenheit feststellen musste, noch Schmutz von der Koppeleinfriedung haftete.
»Ich hörte, dass Ihr zurückgekehrt seid, Graf«, erklärte sie. »Ich wünschte nur, die Umstände wären glücklicher.«
»Es ist unendlich schade um Eure tapferen Männer, Eolair«, brummte der König und setzte sich wieder zu dem alten Craobhan und den anderen Vertrauten. »Doch Dank sei Brynioch und Murhagh Einarm, dass Ihr auf diese Vorhut gestoßen seid. Wenn nicht, hätten Skali und seine Nordbastarde uns ahnungslos erwischt. Wenn er von dem Scharmützel mit Euren Männern erfährt, wird er sich uns weit vorsichtiger nähern, davon bin ich überzeugt. Vielleicht überlegt er es sich sogar anders.«
»Ich wünschte, es wäre so, mein König«, erwiderte Eolair und schüttelte traurig den Kopf. Maegwins Herz schmolz dahin, als sie sah, wie tapfer er seine Erschöpfung trug; wortlos verfluchte sie ihre kindischen Gefühle. »Aber«, fuhr der Graf fort, »ich fürchte, es verhält sich anders. Wenn Skali so weit von seiner Heimat entfernt einen derart heimtückischen Angriff wagt, muss er davon überzeugt sein, das Glück auf seiner Seite zu haben.«
»Aber warum nur, warum?«, protestierte Lluth. »Wir leben mit den Rimmersmännern seit Jahren in Frieden!«
»Ich glaube, Herr, dass das wenig damit zu tun hat.« Eolair sprach respektvoll, scheute sich jedoch nicht, seinen König zu berichtigen. »Wenn noch der alte Isgrimnur in Elvritshalla regieren würde, hättet Ihr recht,
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