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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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entdeckt, das euch unterwegs helfen könnte«, erklärte Jarnauga Binabik bedauernd. »Die skendianischen Mönche haben außer dem Geschäft mit der Ausrüstung kaum etwas über Colmunds Expedition vermerkt. Wahrscheinlich hielten sie ihn für einen Verrückten.«
    »Womit sie höchstwahrscheinlich recht hatten«, entgegnete der Troll, und es klang nicht nach einem Scherz. Er war damit beschäftigt, das Knochengriffmesser zu polieren, das er sich als Ersatz für das fehlende Stück seines Stabes geschnitzt hatte.
    »Aber eines haben wir doch gefunden«, sagte jetzt Strangyeard. Das Haar des Priesters stand in wilden Büscheln vom Kopf ab, und seine Augenklappe war ein wenig verrutscht, als sei er unmittelbar von einer über seinen Büchern verbrachten Nacht gekommen … was den Tatsachen entsprach. »Der Buchhalter der Abtei schrieb: ›Der Baron weiß nicht, wie lange die Reise zum Reimerbaum dauern wird‹.«
    »Ich kenne das Wort nicht«, erklärte Jarnauga, »wahrscheinlich wird es etwas sein, das der Mönch falsch verstanden oder von Dritten gehört hat … aber immerhin ist es ein Name. Möglicherweise werdet ihr daraus klug, wenn ihr erst den Berg Urmsheim erreicht habt.«
    »Vielleicht«, sagte Josua nachdenklich, »ist es eine Stadt, die am Wege liegt, oder ein Dorf am Fuß des Berges.«
    »Mag sein«, erwiderte Binabik skeptisch, »aber nach allem, was ich von dieser Gegend weiß, liegt zwischen den Ruinen des Skendiklosters und dem Gebirge nichts mehr – es gibt dort nur Eis, Bäume und natürlich Felsen. Von diesen Dingen freilich gibt es eine große Menge.«
    Während sie endgültig Abschied nahmen, hörte Simon aus dem hinteren Raum Sangfugols Stimme herüberklingen; der Harfner sang für die Herrin Vara.
    Und soll hinaus ich wandern
    in Wintereis und Schnee?
    Oder mich nach Hause kehren?
    Befiehl – ich komm und geh …
    Simon nahm seinen Köcher und untersuchte ihn zum dritten oder vierten Mal, um sich zu vergewissern, dass der Weiße Pfeil noch darin steckte. Verwirrt, wie in einem tiefen Traum gefangen, der nicht abzuschütteln war, begriff er langsam, dass er dabei war, zu einer neuen Reise aufzubrechen – und wieder nicht recht wusste, warum. Seine Zeit in Naglimund war so kurz gewesen. Nun war sie schon vorbei, zumindest für eine lange Weile. Als seine Hand den blauen, lose um seinen Hals geschlungenen Schal berührte, wurde ihm klar, dass er von den anderen hier im Zimmer vielleicht niemanden wiedersehen würde, vielleicht niemanden in ganz Naglimund … Sangfugol, den alten Strupp, Miriamel. Es war ihm, als stottere der Schlag seines Herzens wie trunken, und er wollte schon die Hand ausstrecken, um sich irgendwo festzuhalten, als sich eine starke Faust um seinen Ellenbogen schloss.
    »Schon gut, Junge.« Es war Haestan. »Schlimm genug, dass du von Schwert und Bogen nichts verstehst, jetzt setzen wir dich auch noch aufs Pferd.«
    »Aufs Pferd?«, fragte Simon. »Das wird mir gefallen.«
    »Wird es nicht«, versetzte Haestan grinsend. »Ein, zwei Monate lang erst mal nicht.«
    Josua sagte jedem noch ein paar Worte, dann gab es ein warmes, feierliches Händeschütteln ringsum. Wenig später standen sie auf dem dunklen, kalten Hof, wo Qantaqa und sieben stampfende, dampfende Pferde auf sie warteten, fünf zum Reiten und ein Paar, um die schweren Gepäckstücke zu tragen. Falls ein Mond am Himmel stand, hatte er sich hinter den Wolken versteckt wie eine schlafende Katze in einer Wolldecke.
    »Gut ist es, dass wir diese Dunkelheit haben«, sagte Binabik und schwang sich in den neuen Sattel auf Qantaqas grauem Rücken. Die Männer, die das Reittier des Trolls zum ersten Mal zu Gesicht bekamen, tauschten verwunderte Blicke, als Binabik mit der Zungeschnalzte und die Wölfin sich an die Spitze des kleinen Trupps setzte. Eine Gruppe Soldaten zog leise das gut geölte Fallgatter in die Höhe, dann waren sie draußen unter dem weiten Himmel. Um sie her dehnte sich das Feld der Schattennägel, und sie ritten auf die vor ihnen aufragenden Berge zu.
    »Lebt wohl, ihr alle«, sagte Simon still. Dann schlugen sie den nach oben führenden Pfad ein.

    Hoch oben auf der Steige, auf dem Kamm des Berges über Naglimund, beobachtete sie eine schwarze Gestalt.
    Selbst mit seinen scharfen Augen konnte Ingen Jegger in der mondlosen Düsternis nur erkennen, dass jemand die Burg durch das östliche Tor verlassen hatte. Allerdings war das mehr als ausreichend, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Er stand da, rieb

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