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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sich die Hände und erwog, einen seiner Männer zu rufen, um mit ihm nach unten zu steigen und sich die Sache genauer anzuschauen. Aber dann hob er die Faust an den Mund und ahmte den Ruf der Schnee-Eule nach. Sofort tauchte aus dem Unterholz ein riesenhaftes Geschöpf auf und sprang zu ihm auf die Steige. Es war ein Hund, größer noch als derjenige, den die Wölfin des Trolls getötet hatte. Weiß glänzte sein Fell im Licht des Mondes, der in diesem Augenblick hinter den Wolken hervorkam. Seine Augen funkelten im langen, grinsenden Gesicht wie eingelassene Perlen, und als er knurrte, kam ein tiefes Grollen aus seiner Kehle, und er bewegte den Kopf mit den gekräuselten Nüstern nach allen Seiten.
    »Ja, Niku’a, ja«, zischte Ingen leise. »Es ist wieder Zeit zum Jagen.«
    Gleich darauf war die Steige leer. Neben dem uralten Steinpflaster raschelten die Blätter, aber es wehte kein Wind.

35
Der Rabe und der Kessel

    aegwin zuckte zusammen, als das Hämmern von neuem einsetzte, dieses klagende Klirren, in dem so vieles mitschwang – nur nichts Gutes. Eines der Mädchen, eine schmale, hellhäutige Schönheit, die Maegwin schon auf den ersten Blick als Versagerin eingestuft hatte, ließ, um sich die Ohren zuzuhalten, den Balken los, an dem sie alle gemeinsam schoben. Das schwere Zaunstück, das zum Absichern des Tores diente, wäre um ein Haar hingefallen, hätten es nicht Maegwin und die beiden anderen verbissen festgehalten.
    »Bei Bagbas Herde, Cifgha«, fuhr sie das Mädchen an, »bist du von Sinnen? Wenn dieses Ding heruntergefallen wäre, hätte jemand zerquetscht werden oder sich zumindest den Fuß brechen können!«
    »Es tut mir leid, Herrin, wirklich«, antwortete das Mädchen mit hochroten Wangen, »es ist nur dieser schreckliche Lärm … er macht mir Angst!« Sie trat zurück, um sich wieder an ihren Platz zu stellen, und alle vier strengten sich an, den massiven Eichenbalken über den Zaun und in die Vertiefung zu schieben, damit das Tor zur Koppel halten würde. Im Inneren der Einfriedung muhte eine dicht gedrängte Ansammlung von roten Rindern, die der ständige Lärm ebenso unruhig machte wie die jungen Frauen.
    Scharrend und krachend fiel das Holzstück in die Führung, und alle vier drehten sich keuchend um und lehnten sich erschöpft mit dem Rücken an das Tor.
    »Barmherzig sind die Götter«, ächzte Maegwin, »gleich wäre mein Rückgrat gebrochen!«
    »Es gehört sich einfach nicht«, meinte Cifgha und starrtebekümmert auf die blutenden Kratzer in ihren Handflächen. »Das ist Männerarbeit!«
    Das metallische Scheppern verstummte, und einen Augenblick lang schien die Stille selbst zu singen. Lluths Tochter seufzte und sog tief die frostige Luft ein.
    »Nein, kleine Cifgha«, erwiderte sie, »das, was die Männer jetzt tun, ist Männerarbeit, und alles, was übrigbleibt, müssen wir Frauen erledigen – sofern du nicht Schwert und Speer führen willst.«
    »Cifgha?«, sagte eines der anderen Mädchen lachend. »Sie kann ja nicht einmal eine Spinne töten.«
    »Ich rufe immer Tuilleth«, erklärte Cifgha, stolz auf ihre Verwöhntheit, »und er kommt gleich und macht es.«
    Maegwin zog ein saures Gesicht. »Wir sollten uns lieber daran gewöhnen, selbst mit unseren Spinnen fertigzuwerden. In nächster Zeit wird es hier nicht mehr viele Männer geben, und die wenigen, die hierbleiben, werden eine Menge anderer Sachen zu tun haben.«
    »Bei Euch ist das anders, Prinzessin«, wandte Cifgha ein. »Ihr seid groß und stark.«
    Maegwin blickte sie scharf an, antwortete jedoch nicht.
    »Meint Ihr denn, dass sie den ganzen Sommer über kämpfen werden?«, fragte eine andere, als spreche sie von einer besonders unangenehmen Arbeit. Maegwin drehte sich um und betrachtete die drei, ihre schweißnassen Gesichter und die bereits umherschweifenden Blicke, die nach einem fesselnderen Gesprächsgegenstand suchten. Einen Moment lang hätte sie am liebsten laut geschrien, sie so erschreckt, dass sie begriffen, dass es hier nicht um ein Turnier ging, nicht um ein Spiel. Dies hier war tödlicher Ernst.
    Aber warum soll ich sie jetzt mit der Nase hineinstoßen? , dachte sie dann milder. Nur allzu bald werden wir alle mehr abbekommen, als wir vertragen können.
    »Ich weiß nicht, ob es so lange dauern wird, Gwelan«, erwiderte sie kopfschüttelnd. »Ich hoffe nicht. Ich hoffe es wirklich nicht.«
    Als sie von den Koppeln hinunter zur großen Halle ging, fingen die beiden Männer gerade wieder an, auf den

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