Der Drachenbeinthron
wahnsinnigen Gedränge, der Musterung unserer Truppen, all dem Kommen und Gehen, fiele es einem Verräter oder einem von Elias’ Spionen nur allzu leicht, den Hochkönig von unseren Befürchtungen und Plänen zu unterrichten.«
»Aber unsere Befürchtungen sind allgemein bekannt«, wandte Devasalles jetzt ein, »und Pläne haben wir noch nicht gemacht – noch nicht.«
»Wenn der Zeitpunkt für mich gekommen ist, mit den Edlen über diese Dinge zu sprechen, werde ich auch die Tore gesichert haben – denn seht Ihr, Baron, Ihr kennt noch nicht die ganze Geschichte.«
Der Prinz erzählte nun Devasalles alles über die neuesten Entdeckungen, über die drei Schwerter und das prophetische Gedicht im Buch des wahnsinnigen Priesters und darüber, wie diese Dinge zu den Träumen vieler Menschen passten.
»Aber wenn Ihr das schon bald allen Euren Lehensmännern erzählen werdet, warum sagt Ihr es mir jetzt?«, erkundigte sich Devasalles.
Isgrimnur an der Tür schnaubte; er hatte sich die gleiche Frage gestellt.
»Weil ich Euren Herrn Leobardis brauche, und zwar rasch!«, erklärte Josua. »Ich brauche Nabban!« Er sprang auf und fing an, das Zimmer zu umrunden, das Gesicht zur Wand, als studiere er die Behänge; aber sein Blick war auf einen Punkt gerichtet, der Meilen hinter dem Stein und dem gewebtem Tuch lag.
»Von Anfang an habe ich die Unterstützung Eures Herrn gebraucht, jetzt aber ist sie mir nötiger denn je. Elias hat, soweit es um die tatsächliche Herrschaft geht, Rimmersgard Skali und seinem Stamm der Raben von Kaldskryke übergeben. Damit hat er König Lluth ein Messer an den Rücken gesetzt; die Hernystiri werden mir nur noch wenige Männer schicken können, weil sie gezwungen sind, genügend zurückzubehalten, um ihr eigenes Land verteidigen zu können. Schon jetzt drängt Gwythinn, der noch vor einer Wochekaum davon abzuhalten war, sich auf Elias zu stürzen, auf Heimkehr, um seinem Vater bei der Verteidigung von Hernysadharc zu helfen.«
Josua wirbelte herum und starrte Devasalles an. Das Gesicht des Prinzen war eine Maske kalten Stolzes, aber seine Hand umspielte nervös die Schnürbänder seines Hemdes, eine Bewegung, die weder Isgrimnur noch dem Baron entging. »Wenn Leobardis je etwas anderes sein möchte als einer von Elias’ Lakaien, dann muss er sich jetzt für mich entscheiden.«
»Aber warum erzählt Ihr mir das?«, fragte Devasalles, der ehrlich verwirrt wirkte. »All dies ist mir klar, und die anderen Dinge – die Schwerter und das Buch und der Rest – machen keinen Unterschied.«
»Verdammt, Mann, eben doch!«, fauchte Josua, und seine Stimme hob sich fast zum Aufschrei. »Ohne Nabban und mit einem von Norden her bedrohten Hernystir wird mein Bruder uns so mühelos fangen, als säßen wir in einem vernagelten Fass. Außerdem hat er Dämonen als Verbündete, und wer weiß, welch schrecklichen Vorteil ihm das bringt! Wir haben ein paar kleine, schwächliche Versuche unternommen, diesen Kräften Widerstand zu leisten, aber was nützt uns das – vorausgesetzt, dass wir entgegen aller Wahrscheinlichkeit Erfolg haben sollten –, wenn das ganze freie Land bereits niedergeworfen ist? Weder Euer Herzog noch sonst jemand wird dann König Elias jemals etwas anderes antworten als ›Jawohl, mein Gebieter!‹«
Wieder schüttelte der Baron den Kopf, und seine Halsketten klimperten leise. »Ich bin verwirrt, Herr. Wie kann es sein, dass Ihr noch nichts wisst? Vorgestern Abend schon habe ich meinen schnellsten Reiter mit einer Botschaft an die Sancellanische Mahistrevis nach Nabban geschickt und Leobardis mitgeteilt, dass ich glaube, Ihr würdet kämpfen, und er beginnen möge, seine Männer zu Eurer Unterstützung in Marsch zu setzen.«
»Was?« Isgrimnur sprang auf, seine Verblüffung das Echo von Josuas Erstaunen. Schwankend standen sie beide vor Devasalles, im Gesicht den Ausdruck von Männern, die man nachts überfallen hat.
»Wieso habt Ihr mir das nicht gesagt?«, fragte Josua.
»Aber Prinz, ich habe es Euch gesagt«, stotterte Devasalles, »oder zumindest, da man mir mitteilte, Ihr dürftet nicht gestört werden, sandte ich eine Nachricht in Eure Gemächer. Mein Siegel war darauf. Ihr müsst sie gelesen haben …«
»Heiliger Usires und seine Mutter!« Josua schlug sich mit der flachen Linken auf den Schenkel. »Ich habe nur mir selbst Vorwürfe zu machen, denn sie liegt immer noch auf meinem Nachttisch. Deornoth brachte sie mir, aber ich wollte einen ruhigeren Moment abwarten.
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