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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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anbanden. Ein Feuer entzündeten sie nicht. Ethelbearn übernahm die erste Wache; die anderen, in ihre dicken Mäntel gewickelt, rollten sich auf der feuchten Erde zusammen, um so viel Schlaf zu ergattern, wie sie nur konnten.
    Simon erwachte unter einem Morgenhimmel, der wie dünnerHaferschleim aussah, mit Nase und Ohren, die sich über Nacht wie durch einen Zauber in Eisklötze verwandelt hatten. Er hockte sich an das kleine Feuer und kaute Brot und Käse, die Binabik ausgeteilt hatte. Sludig kam und setzte sich neben ihn. Die Wangen des jungen Rimmersmannes glänzten rot vom scharfen Wind.
    »Ein Wetter wie bei uns zu Hause im Vorfrühling«, grinste er, spießte einen Brotkanten auf die lange Klinge seines Messers und hielt ihn über die Flammen. »Das macht schnell einen Mann aus dir, du wirst schon sehen.«
    »Ich hoffe, es gibt noch andere Arten, ein Mann zu werden, als sich zu Tode zu frieren«, brummte Simon und rieb sich die Hände.
    »Du kannst auch einen Bären mit dem Speer töten«, meinte Sludig. »Das machen wir auch.«
    Simon war sich nicht sicher, ob das ein Scherz sein sollte.
    Binabik, der gerade Qantaqa zum Jagen fortgeschickt hatte, trat zu ihnen und setzte sich mit überkreuzten Beinen hin.
    »Nun, ihr beiden, seid ihr bereit zu einem harten Ritt heute?«, fragte der Troll. Simon antwortete nicht, weil er den Mund voller Brot hatte; als Sludig einen Moment später auch noch nichts erwidert hatte, schaute Simon auf. Der Rimmersmann starrte stur geradeaus ins Feuer. Sein Mund bildete eine feste, waagrechte Linie.
    Das Schweigen war ungemütlich.
    Simon schluckte. »Ich denke schon, Binabik«, sagte er rasch. »Haben wir einen weiten Weg?«
    Binabik lächelte so heiter, als sei das Schweigen des Rimmersmannes völlig natürlich. »Wir werden so weit reiten, wie wir es wünschen. Heute scheint es gut zu sein, wenn man lange reitet, denn der Himmel ist klar. Schneller, als es uns lieb ist, finden uns vielleicht Regen und Schnee.«
    »Kennst du denn unser Ziel?«
    »Zum Teil, Freund Simon.« Binabik nahm einen Zweig vom Rand der Feuergrube und zog damit Striche in die feuchte Erde. »Hier erhebt sich Naglimund«, erklärte er und malte einen ungefähren Kreis. Dann zog er eine Reihe von Bögen, die sich, von der rechten Seite des Kreises ausgehend, ein gutes Stück weiter nach oben erstreckten. »Das hier ist der Weldhelm. Dieses Kreuz sind wir, hier andieser Stelle.« Er machte ein Zeichen unweit des Kreises. Dann zeichnete er in schneller Folge ein großes Oval nahe der anderen Seite des Gebirges, ein paar kleinere, darum verstreute Kreise und dahinter etwas, das wie eine weitere Bergkette aussah.
    »Nun also«, meinte er dann und kauerte sich dicht vor sein durchfurchtes Stück Erde. »Bald werden wir uns diesem See nähern«, er deutete auf die große, elliptische Form, »den man Drorshull nennt.«
    Sludig, der sich anscheinend widerwillig herübergebeugt und zugeschaut hatte, richtete sich auf. »Drorshullvenn – Drorshammersee.« Er runzelte die Stirn und beugte sich nochmals nach unten, um mit dem Finger einen Punkt am Westufer des Sees zu bezeichnen. »Dort liegt Vestvennby – das Thanland dieses Verräters Storfot. Ich würde dort liebend gern nachts vorbeireiten.« Er wischte die Brotkrumen von der Klinge seines Dolches und hielt den Stahl in das schwache Licht des Feuers.
    »Wir werden aber nicht dorthin kommen«, erklärte Binabik streng, »und du wirst deine Rache aufschieben müssen. Wir nehmen die andere Seite, an Hullnir vorbei nach Haethstad, weiter in Richtung der Abtei von Sankt Skendi und dann höchstwahrscheinlich den Weg über die nördliche Ebene hinauf zu den Bergen. Kein vorheriges Anhalten zum Halsabschneiden.« Er schob den Stock über den See weiter, auf die Reihe der runden Bögen zu.
    »Das liegt daran, dass ihr Trolle nicht wisst, was Ehre ist«, bemerkte Sludig bitter und starrte Binabik unter seinen dichten blonden Augenbrauen an.
    »Sludig«, begann Simon fast flehentlich, aber Binabik nahm die Herausforderung des anderen gelassen hin.
    »Wir haben einen Auftrag zu erfüllen«, erwiderte der Troll ruhig. »Isgrimnur, dein Herzog, wünscht es, und seinem Willen ist nicht mit Treue gedient, wenn man sich zur Nachtzeit fortschleicht, um Storfot die Kehle aufzuschlitzen. Das ist kein Mangel an Ehre bei einem Troll, Sludig.«
    Der Rimmersmann warf ihm einen kurzen, scharfen Blick zu und schüttelte dann den Kopf. »Du hast recht.« Zu Simons Erstaunen lag in seiner

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