Der Drachenbeinthron
entfliehen, guter Khendraja’aro. Eure Gastfreundschaft ist zu üppig, als dass wir ihr eilig den Rücken kehren wollten. Nein, es gibt einige Dinge, deren Verbleib mich interessiert, Dinge, die ich in Naglimund mit einiger Mühe beschafft habe und die wir auf unserem Weg noch brauchen werden.«
Khendraja’aro blickte den Troll einen Moment lang ausdruckslos an und gab dann zweien seiner Gefolgsleute ein Zeichen. »Sijandi, Ki’ushapo – zeigt es ihnen.«
Das gelbhaarige Paar ging ein paar Schritte am Hang entlang, von der Tunnelmündung fort, blieb dann stehen und winkte Simon und dem Troll, ihnen zu folgen. Als Simon sich umdrehte, sah er Khendraja’aro, der ihnen mit einem undeutbaren Ausdruck in den hellen, schmalen Augen nachschaute.
Sie fanden die Pferde wenige Achtelmeilen entfernt, untergebracht in einer kleinen, hinter zwei schneebeladenen Fichten verborgenen Höhle.
Innen war es warm und trocken; alle sechs Pferde kauten zufrieden an einem Ballen süß duftenden Heues.
»Woher kommt das?«, fragte Simon überrascht.
»Auch wir bringen oft unsere Pferde mit«, erklärte Ki’ushapo, und es war, als taste er die Wörter ab, bevor er sie benutzte. »Überrascht es dich da, dass wir einen Stall für sie haben?«
Während Binabik in einer der Satteltaschen wühlte, untersuchte Simon die Höhle und bemerkte das Licht, das durch einen Spalt hoch oben in der Wand fiel, und den mit klarem Wasser gefülltenSteintrog. An der gegenüberliegenden Seite war ein Haufen Helme, Äxte und Schwerter aufgeschichtet. Simon erkannte eine der Klingen als seine eigene aus der Waffenkammer von Naglimund.
»Das sind ja unsere, Binabik!«, sagte er. »Wie kommen sie hierher?«
Ki’ushapo sprach langsam wie zu einem Kind. »Wir haben sie hergebracht, nachdem wir sie euch und euren Gefährten abgenommen hatten. Hier liegen sie sicher und trocken.«
Simon sah den Sitha misstrauisch an. »Aber ich dachte immer, ihr könntet kein Eisen berühren, es wäre wie Gift …« Er verstummte, weil er fürchtete, sich damit auf verbotenes Gelände gewagt zu haben, aber Ki’ushapo tauschte nur einen Blick mit seinem schweigenden Kameraden und antwortete dann.
»Du hast also Geschichten aus den Tagen des Schwarzen Eisens gehört«, sagte er. »Ja, es war einst so, aber diejenigen von uns, die jene Zeit überlebten, haben viel dazugelernt. Wir wissen heute, welches Wasser wir aus ganz bestimmten Quellen trinken müssen, um mit dem Eisen der Sterblichen für eine Weile ohne Schaden umgehen zu können. Hätten wir dir sonst dein Panzerhemd lassen können? Natürlich lieben wir das Eisen nicht, gebrauchen es nicht … und berühren es auch nicht ohne Not.« Er sah zu Binabik hinüber, der immer noch emsig in den Satteltaschen herumstöberte.
»Wir werden euch allein lassen, damit ihr in Ruhe weitersuchen könnt«, erklärte der Sitha. »Ihr werdet feststellen, dass nichts fehlt – jedenfalls nichts, was ihr bei euch hattet, als ihr in unsere Hände gerietet.«
Binabik blickte auf. »Natürlich«, versetzte er. »Ich bin nur in Sorge über Dinge, die während des gestrigen Kampfes verlorengegangen sein könnten.«
»Natürlich«, erwiderte Ki’ushapo, und er und der schweigsame Sijandi traten hinaus unter die Zweige des Einganges.
»Aha!«, rief Binabik endlich und hielt einen Sack hoch, der klirrte wie eine Börse voller Goldstücke. »Eine Sorge weniger.« Er stopfte ihn wieder in die Satteltasche.
»Was ist es?«, fragte Simon und ärgerte sich, weil er schon wieder eine Frage stellte.
Binabik grinste boshaft. »Noch ein paar Qanuctricks, die uns bald sehr nützlich sein werden. Aber wir sollten jetzt gehen. Wenn die anderen aufwachen, steif vom Trinken und allein, könnten sie Angst bekommen und Dummheiten machen.«
Auf dem kurzen Rückweg fanden sie Qantaqa, Mund und Nase voller Blutflecken von irgendeinem glücklosen Tier. Sie sprang mehrmals um sie herum und schnüffelte mit gesträubten Nackenhaaren im Wind. Dann senkte sie den Kopf und schnüffelte wieder, um schließlich mit großen Sätzen vor ihnen herzuspringen. Bei Khendraja’aro standen inzwischen auch Jiriki und An’nai. Der Prinz hatte sein weißes Gewand mit einer Jacke in hellbraun und blau vertauscht. Er hielt einen hohen, entspannten Bogen in der Hand und trug einen Köcher mit braungefiederten Pfeilen. Qantaqa umrundete die Sithi grollend, aber zugleich mit heftigem Schwanzwedeln, als begrüße sie alte Bekannte. Sie stürmte auf das Schöne Volk zu,
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