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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Bürgermeisters gelandet ist.

6
Das Steinmal auf den Klippen

    ur Strafe für diese letzte Untat wurde Simon vorübergehend die Erlaubnis entzogen, bei Morgenes zu arbeiten, und zu Arrest in den Dienstbotenquartieren verurteilt. Tagelang schritt er die Grenzen seines Gefängnisses ab, von der Spülküche zu den Wäschekammern und wieder zurück, rastlos wie ein Falke unter der Haube.
    Das habe ich mir selbst zuzuschreiben, dachte er manchmal. Ich bin wirklich so dumm, wie der Drache sagt.
    Und zu anderen Zeiten schnaubte er: Warum machen sie mir alle so viel Ärger? Man könnte glauben, ich sei ein wildes Tier, dem man nicht trauen könne.
    Rachel, die ein gewisses Mitleid hegte, fand eine Reihe kleinerer Aufgaben, um ihn zu beschäftigen, sodass die Tage nicht ganz so öde verstrichen, wie es hätte sein können; aber das diente Simon nur als weiterer Beweis dafür, dass er auf ewig ein Karrengaul bleiben sollte. Er würde auf Zuruf springen müssen, bis er zu alt war, um überhaupt noch zu arbeiten, und dann würde man ihn hinaus hinter die Burg führen und ihm mit Shems abgesplittertem Holzhammer den Schädel einschlagen.
    So schlichen die letzten Novandertage vorüber, und schon kroch der Decander zur Tür herein wie ein heimlicher Dieb.
    Am Ende der zweiten Woche des neuen Monats bekam Simon seine Freiheit wieder – wenn man es so nennen konnte. Der Engelsturm und bestimmte andere Lieblingsplätze wurden ihm verboten; seinen Dienst beim Doktor durfte er zwar wieder aufnehmen, jedoch ergänzt durch zusätzliche Aufgaben, die es erforderlich machten, dass er sich zur Essenszeit stets wieder in denDienstbotenquartieren einfand. Aber selbst diese nur kurzen Besuche beim Doktor bedeuteten eine erhebliche Verbesserung. Tatsächlich sah es so aus, als verlasse sich Morgenes immer mehr auf Simon. Er lehrte ihn eine Menge Dinge über den Gebrauch und die Pflege der fantastischen Vielfalt von Merkwürdigkeiten, von denen sein Studierzimmer überquoll. Außerdem lernte Simon – unter Schmerzen – lesen. Es war unendlich viel mühsamer, als Böden zu fegen oder staubige Destillierkolben und Becher auszuwaschen, aber Morgenes trieb ihn mit entschlossener Hand an und erklärte, ohne Alphabet könne aus Simon niemals ein brauchbarer Lehrling werden.
    An Sankt Tunath, dem einundzwanzigsten Decander, herrschte auf dem Hochhorst geschäftiges Treiben. Der Tag dieses Heiligen war der letzte hohe Feiertag vor Ädonmess, und man bereitete ein großes Festmahl vor. Dienstmägde umkränzten Dutzende schlanker, weißer Bienenwachskerzen, die alle bei Sonnenuntergang angezündet werden sollten, mit Mistel- und Stechpalmenzweigen. Aus jedem Fenster würde der Schein ihrer Flammen strömen und den umherwandernden Sankt Tunath aus der Mittwinterdunkelheit hereinholen, damit er die Burg und ihre Bewohner segnete. Andere Bediente stapelten pechfeuchte, frisch gespaltene Holzscheite in den Kaminen auf oder streuten neue Binsen auf die Fußböden.
    Simon, der den ganzen Nachmittag sein Bestes getan hatte, um nicht aufzufallen, wurde trotzdem entdeckt und zu Doktor Morgenes geschickt, wo er herausfinden sollte, ob dieser irgendein zum Polieren der Möbel geeignetes Öl besäße – Rachels Truppen hatten sämtliche Vorräte aufgebraucht, um der Großen Tafel blendenden Glanz zu verleihen, und die Arbeit in der Haupthalle war noch lange nicht beendet. Simon, der schon den ganzen Morgen in der Wohnung des Doktors damit zugebracht hatte, laut – ein zögerndes Wort nach dem anderen – in einem Buch mit dem Titel »Die unfelbarn Heylmittel der Wranna-Heyler« zu lesen, zog dennoch alles, was Morgenes von ihm verlangen mochte, dem Grauen von Rachels stählernem Blick vor. Geschwind wie ein Vogel entflog er der Haupthalle, vorbei an der langen Kanzleihalle und hinaus auf den Inneren Anger unterhalb des Grünen Engels. Sekunden später hatteer wie ein flüchtiger Sperber die Zugbrücke überquert, und es waren nur Augenblicke vergangen, bis er zum zweiten Mal an diesem Tag vor der Tür des Doktors stand.
    Eine ganze Weile reagierte Morgenes nicht auf sein Klopfen, obwohl Simon von innen Stimmen vernahm. Er wartete so geduldig er konnte, kratzte inzwischen lange Splitter aus dem verwitterten Türrahmen, und endlich öffnete der alte Mann. Der Doktor hatte Simon zwar erst vor kurzer Zeit entlassen, machte jedoch keine Bemerkung über seine Rückkehr. Ohne ein Wort ließ er den jungen Mann eintreten; Simon, der seine seltsame Stimmung spürte,

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