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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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»die Zornsteine«.
    Und jenseits von Erchester, noch hinter Begräbnisstätte, Grashügeln und steinbekränztem Thisterborg, lag der Wald . Aldheorte hieß er, Altherz, und dehnte sich aus wie das Meer, unendlich, dunkel und undurchschaubar. Menschen lebten an seinem Saum und hatten sogar ein paar Straßen entlang seiner Ränder angelegt; aber nur sehr wenige wagten sich weiter in sein Inneres. Er bildete ein eigenes, großes, schattenreiches Land mitten in Osten Ard, das keine Gesandten schickte und nur selten Besucher empfing. Im Vergleich zu seiner Erhabenheit schien selbst der riesige Circoille, der Kammwald von Hernystir, im Westen nur ein Wäldchen zu sein. Es gab nur einen Wald .
    Das Meer im Westen; der Wald im Osten; der Norden und seine Männer aus Eisen; das Land der zerschmetterten Reiche im Süden – weit blickte Simon hinaus über das Antlitz von Osten Ard undvergaß für eine Weile sein Knie. Ja, eine Zeitlang war Simon selbst König der ganzen bekannten Welt.
    Als die verhangene Wintersonne den Scheitel des Himmels verlassen hatte, rüstete Simon sich endlich zum Aufbruch. Beim Versuch, das Bein auszustrecken, keuchte er vor Schmerz; in der langen Stunde am Fenstersims war das Knie steif geworden. Es war völlig klar, dass er den anstrengenden Geheimweg für den Abstieg vom Glockenturm nicht benutzen konnte. Er musste sein Glück mit Barnabas und Vater Dreosan versuchen.
    Die lange Treppe war eine einzige Qual, aber die Aussicht vom Turm hatte alle Wehleidigkeit verdrängt; er bedauerte sich selbst nicht halb so sehr, wie er es ohne dieses Erlebnis getan hätte. Wie ein niedrig gehaltenes Feuer glühte in ihm der Wunsch, mehr von der Welt zu sehen, und wärmte ihn bis in die Fingerspitzen. Er würde Morgenes bitten, ihm mehr über Nabban und die Südlichen Inseln zu erzählen, und auch über die Sechs Könige.
    Im vierten Stock, dort, wo er ursprünglich hereingekommen war, hörte er ein Geräusch: Unter ihm rannte jemand die Treppe hinab. Simon verharrte regungslos und überlegte, ob er entdeckt worden war. Es war nicht verboten, den Turm zu betreten, aber er hatte keinen triftigen Grund dafür, und der Küster würde vermuten, dass er irgendetwas ausgefressen hätte. Trotzdem war es sonderbar, dass die Schritte sich entfernten. Ganz bestimmt wäre Barnabas oder jeder andere ohne Zögern zu ihm hinaufgestiegen, um ihn am vielgeplagten Schlafittchen nach unten zu zerren. Simon kletterte weiter die Wendeltreppe hinunter, zuerst ganz vorsichtig, dann trotz des schmerzenden Knies immer schneller, denn die Neugier hatte ihn gepackt.
    Die Treppe endete in der großen Eingangshalle des Turmes, die schwach erleuchtet war; die Wände und verblassten Wandbehänge lagen in Schatten gehüllt. Keine Schritte – und auch sonst nichts. So geräuschlos wie möglich lief Simon über den Steinfußboden. Jedes versehentliche Kratzen seiner Stiefel stieg zischend bis zu den Eichenrippen der Decke empor. Die Haupttür der Halle war geschlossen; das einzige Licht fiel durch die Fenster über dem Türsturz.
    Wie konnte jemand, der eben noch auf der Treppe gewesen war, unbemerkt die riesige Tür geöffnet und wieder geschlossen haben? Simon hatte die leichten Schritte sofort gehört und sich selber Sorgen über das Quietschen gemacht, das die großen Angeln verursachen würden. Noch einmal blickte er sich prüfend in der Eingangshalle um.
    Da! Unter der Fransenborte des fleckigen Silbergobelins neben der Treppe lugten zwei kleine, abgerundete Gebilde hervor – Schuhe. Bei genauerer Betrachtung erkannte er auch, wie sich dort, wo sich jemand versteckt hielt, die Falten des alten Wandbehanges bauschten.
    Auf einem Fuß balancierend wie ein Reiher, zog er leise erst den einen, dann den anderen Stiefel aus. Wer konnte es sein? Vielleicht der dicke Jeremias, der ihm nachgeschlichen war, um ihm einen Streich zu spielen? Nun, wenn das der Fall war, würde Simon es ihm schon zeigen.
    Mit nackten Füßen und damit auf den Steinen fast ohne einen Laut, schlich er durch die Halle, bis er unmittelbar vor der verdächtigen Ausbuchtung stand. Als er die Hand nach dem Wandbehang ausstreckte, fiel ihm plötzlich der seltsame Satz ein, den Bruder Cadrach, als sie dem Puppenspiel zugeschaut hatten, über Vorhänge gesagt hatte. Simon zögerte, schämte sich dann aber seiner Ängstlichkeit und riss den Wandbehang zur Seite.
    Anstatt aufzufliegen und den Spion zu enthüllen, riss der schwere Gobelin jedoch aus seinen Halterungen und fiel

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