Der Drachenbeinthron
verwandelte lebende Männer in tote, während die Angreifer unhandliche Breitschwerter oder viel zu kurze Dolche schwangen.
Der Prinz weinte, als man Ordmaers Leiche fand. Die beiden waren keine Freunde gewesen, aber Ordmaer war gestorben wie ein Held, und im Pulsschlag der Schlacht erschien sein Sterben Josua plötzlich wie ein Sinnbild des Todes überhaupt – des Todes aller dieser Spießkämpfer und Bogenschützen und Fußsoldaten auf beiden Seiten, die jetzt unter dem kalten, wolkigen Himmel in ihrem Blute lagen und starben. Der Prinz befahl, den großen, schlaffen Körper des Barons in die Burgkapelle hinunterzutragen. Leise fluchend gehorchten seine Männer.
Als die rotgefärbte Sonne auf den westlichen Horizont zukroch, schien die Entschlossenheit von König Elias’ Heer nachzulassen, der Ansturm schwächer zu werden: Die Versuche, durch die herunterzischenden Pfeilsalven die Belagerungsmaschinen an die Vormauer heranzuschieben, wirkten allmählich halbherzig, und beim ersten Widerstand von oben fingen die Hinaufkletternden an, ihre Leitern im Stich zu lassen. Schwer fiel es Erkynländern, Erkynländer zu töten, selbst auf Befehl des Hochkönigs, und noch schwerer, wenn die eigenen erkynländischen Brüder fochten wie in die Enge getriebene Dachse.
Bei Sonnenuntergang tönte aus den Zeltreihen ein klagender Hornruf über das Schlachtfeld, und Elias’ Truppen begannen sich zurückzuziehen. Die Verwundeten und viele ihrer Toten nahmen sie mit, die mit Tierhäuten bedeckten Belagerungsmaschinen und die Sicherheitskästen der Mineure ließen sie für den Angriff am nächsten Morgen stehen. Wieder erklang das Horn, und die Trommeln wurden geschlagen, laut und wie um die Verteidiger daran zu erinnern, dass das riesige Heer des Königs gleich dem grünen Ozeanwieder und immer wieder seine Wellen gegen die Festung anbranden lassen könne. Irgendwann, schienen die Trommeln zu verkünden, müsste selbst der hartnäckigste Stein zerbröckeln.
Die Belagerungstürme, die vor den Mauern aufragten wie einsame Obelisken, waren eine weitere unübersehbare Erinnerung daran, dass Elias wiederkommen würde. Die feuchten Häute, die sie bedeckten, schützten sie vor Schaden durch Brandpfeile, aber darüber hatte sich Eadgram, der Oberste der Wachen, schon den ganzen Tag Gedanken gemacht. Er hatte sich bei Jarnauga und Strangyeard Rat geholt und schließlich einen Plan ersonnen.
Noch während die letzten Angreifer den Hang hinab auf ihr Feldlager zuhinkten, ließ Eadgram von seinen Schützen mit Öl gefüllte Weinschläuche auf die Wurfarme der beiden kleinen Steinschleudern von Naglimund laden. Sobald die Arme hochschnellten, sausten die Ölsäcke über das freie Feld vor den Mauern und zerplatzten an der Lederverkleidung der Türme. Danach war es nicht schwer, ein paar Brandpfeile mit pechgetränkten Spitzen durch die blaue Dämmerung zu schicken. Kurz darauf hatten sich die vier gewaltigen Türme in lodernde Fackeln verwandelt.
Die Männer des Königs konnten nichts tun, um das Feuer zu löschen. Als das orangerote Licht über den Zinnen flackerte, klatschten die Verteidiger auf den Wällen in die Hände und stampften und riefen, erschöpft, aber ermutigt.
Als der König, in seinen weiten, schwarzen Mantel gehüllt, wie eine Schattengestalt aus dem Lager hervorritt, spotteten die Verteidiger von Naglimund. Als er sein unheimliches Schwert hob und wie ein Wahnsinniger nach Regen schrie, der die feurigen Türme löschen sollte, lachten sie unbehaglich. Erst nach einer ganzen Weile, während der Elias hin und her ritt und sein kohlschwarzer Umhang im kalten Wind wehte, ließ sie der furchtbare Zorn in seiner Stimme begreifen, dass der König wirklich erwartet hatte, der Regen, den er gerufen hatte, werde auch kommen, und dass er außer sich vor Wut war, weil das nicht geschehen war. Das Gelächter verstummte. Einer nach dem anderen hörten die Verteidiger von Naglimund auf zu jubeln und stiegen von den Mauern, um ihre Wunden versorgen zulassen. Schließlich hatte die Belagerung kaum begonnen. Eine Unterbrechung war nicht in Sicht und keine Ruhe diesseits des Himmels zu erwarten.
»Ich habe schon wieder diese seltsamen Träume, Binabik.«
Simon hatte sein Pferd neben Qantaqa gelenkt, dem Rest der Gesellschaft ein paar Meter voraus. Es war ein klarer, aber schneidend kalter Tag, ihr siebter auf dem Ritt durch die Weiße Wüste.
»Was für Träume?«
Simon rückte die Maske zurecht, die der Troll ihm gefertigt hatte,
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