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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dass Grimsteds Männer zurückfielen und ein Schwarm Krieger in Rot und Blau über die Zinnen der Vormauer strömte – Baron Godwigs Cellodshirer.
    »Für Josua!«, schrie er und stürmte auf sie zu. Die Männer hinter ihm nahmen den Ruf auf. Mit einem blechernen Klirren von Schwert auf Schwert drangen sie auf die Belagerer ein und schafften es, die Cellodshirer zurückzuwerfen. Ein Mann kippte aufkreischend von der Mauer, wobei er mit den Armen fuchtelte wie eine Windmühle, als könne der eisige Wind ihn wieder nach oben tragen. Grimsteds Männer fassten neuen Mut und erhöhten den Druck. Während der Feind damit beschäftigt war, zog Deornoth einen Spieß aus dem erstarrten Griff eines am Boden ausgestreckten Leichnams, fing von einem verirrten Speerende einen heftigen Schlag auf den Körper ein, und stieß die erste der langen Leitern von der Mauer fort. Gleich darauf waren zwei seiner Wachen bei ihm, und gemeinsam hebelten sie die Leiter aus; sie stürzte bebend ins Leere, während die Belagerer sich fluchend festklammerten und ihre aufgerissenen Münder wie leere, schwarze Löcher weit auseinanderklafften. Für einen kurzen Augenblick stand die Leiter frei zwischen Himmel und Erde, hoch in der Luft, dann kippte sie rückwärts um. Die Soldaten fielen ab, wie überreife Früchte von einem Ast, den man schüttelt.
    Bald lagen fast alle Rotblauen auf dem Wehrgang in ihrem Blut. Die Verteidiger stießen auch die übrigen drei Leitern um, und Grimsted ließ seine Männer einen der großen Steinblöcke herbeirollen, die zu holen die Zeit nicht mehr gereicht hatte, als der Angriff begann. Sie kippten ihn über die niedrige Stelle der Brüstung, sodass er krachend auf den umgestürzten Leitern landete und sie zersplitterte wie dünne Späne. Als der gewaltige Stein hinunterrollte, zerquetschte er einen Mann, der dort, wo er hingestürzt, sitzen geblieben war und mit leerem Blick vor sich hin starrte.
    Von den Wächtern, die die Mauer verteidigt hatten, war einer gefallen, ein bärtiger junger Bursche, der einmal mit Deornoth gewürfelt hatte. Eine Schildkante hatte ihm das Genick gebrochen. Auch von Grimsteds Männern waren vier tot, zusammengekrümmt lagen sie auf dem Boden wie vom Wind heruntergerisseneVogelscheuchen, um sie herum sieben Krieger aus Cellodshire, die den fehlgeschlagenen Angriff nicht überlebt hatten.
    Deornoth spürte den Schlag gegen den Magen, den er sich eingefangen hatte. Keuchend stand er da, als der zahnlückige Grimsted zu ihm herüberhinkte, in der gestiefelten Wade ein zerfetztes, blutiges Loch.
    »Sieben hier, und ein halbes Dutzend weitere, die von der Leiter gefallen sind«, stellte der Ritter fest und musterte die sich windenden Leiber und die Zerstörung unter ihnen befriedigt. »Auf der ganzen Mauer dasselbe. Hat viel größere Verluste als wir, König Elias, viel größere.«
    Deornoth war übel. Die verletzte Schulter stach, als hätte man einen Nagel hindurchgetrieben.
    »Aber der König hat auch viel mehr als wir«, entgegnete er. »Er kann … sie wegwerfen … wie Apfelschalen.« In diesem Moment merkte er, dass er sich übergeben musste, und trat an den Rand der Mauer.
    »Apfelschalen …«, sagte er noch einmal und lehnte sich über die Brüstung. Es tat so weh, dass er sich nicht schämte.

    »Bitte lies es noch einmal«, sagte Jarnauga ruhig und starrte auf seine gefalteten Hände.
    Vater Strangyeard sah auf, und sein erschöpfter Mund wollte sich zu einer Frage öffnen. Stattdessen erfüllte ein markerschütterndes Krachen draußen das Gesicht des einäugigen Priesters mit Panik, und er schlug hastig einen Baum über der Brust seiner schwarzen Kutte.
    »Steine!«, rief er mit schriller Stimme. »Sie werfen … sie werfen Steine über die Mauer! Sollten wir nicht … gibt es denn keine …?«
    »Die Männer, die auf den Mauern kämpfen, sind auch in Gefahr«, erwiderte der alte Rimmersmann streng. »Wir sind hier, weil wir hier am nützlichsten sein können. Unsere Kameraden suchen unter Lebensgefahr im weißen Norden das eine Schwert. Das zweite ist bereits in der Hand des Feindes, der unsere Mauern belagert. Diegeringe Hoffnung, herausfinden zu können, was aus Fingils Klinge Minneyar wurde, ruht auf uns.« Sein Blick wurde weicher, als er den besorgten Strangyeard ansah. »Die wenigen Steine, die die innere Burg erreichen, müssten erst die hohe Mauer hinter diesem Raum überwinden. Das Risiko ist unbedeutend. Jetzt lies mir bitte noch einmal diese Stelle vor! Sie

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