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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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enthält irgendetwas, auf das ich meinen Finger nicht legen kann, aber es scheint mir wichtig.«
    Der lange Priester starrte ein paar Sekunden auf das Blatt. Im Raum war es still, bis eine Welle von Geschrei und anfeuernden Rufen, von der Entfernung gedämpft, zum Fenster hereindrang wie ein Nebel. Strangyeards Mund zuckte.
    »Lies«, forderte Jarnauga ihn noch einmal auf. Der Priester räusperte sich.
    »… Und so stieg Johan hinab in die Tunnel unter dem Hochhorst – dampfende Schlote und schwitzende Gänge, erfüllt vom Atem Shurakais. Unbewaffnet bis auf Speer und Schild war er, und selbst das Leder seiner Stiefel qualmte, als er sich dem Lager des Feuerdrachen näherte; und es besteht kaum ein Zweifel, dass er so viel Angst hatte wie kaum jemals später in seinem langen Leben …«
    Strangyeard hielt inne. »Was nützt uns das, Jarnauga?« Ganz in der Nähe schlug etwas krachend in die Erde; es klang, als sause ein Riesenhammer nieder. Strangyeard überhörte es stoisch. »Willst du … soll ich weiterlesen? Den ganzen Kampf zwischen König Johan und dem Drachen?«
    »Nein.« Jarnauga winkte mit der knotigen Hand. »Nimm den letzten Absatz.«
    Der Priester blätterte vorsichtig einige Blätter um.
    »… Und so geschah es, dass er wieder heraustrat ans Licht, obwohl niemand mehr auf seine Rückkehr gehofft hatte. Die wenigen, die am Höhleneingang zurückgeblieben waren – auch das ein Zeichen großer Tapferkeit, denn wer konnte wissen, was vor der Tunneltür eines gereizten Drachens alles geschehen mochte? –, stießen vor lauter Freude und Erstaunen gewaltige Flüche aus – vor Freude, weil sie Johan von Warinsten lebendig aus der Höhle des Lindwurms wiederkehren sahen, und vor Erstaunen über die riesige Klaue mit purpurnen Schuppen und krummen Krallen, die er über der blutenden Schulter trug. Und als sie ihm laut rufend voraneilten und sein Pferd imTriumph durch die Tore von Erchester führten, kamen die Menschen an die Fenster und auf die Straßen gelaufen und glotzten ihn an. Manche sagen, dass diejenigen, die Johan am lautesten ein schreckliches Ende und die furchtbarsten Folgen der Tat des jungen Ritters prophezeit hatten, ihm jetzt für seine Heldentat am eifrigsten Beifall spendeten. Als sich die Nachricht verbreitete, waren die Gassen im Nu von jubelnden Bürgern gesäumt, die Blumen streuten, als er vorbeiritt, Hellnagel hoch erhoben wie eine brennende Fackel, quer durch die Stadt, die fortan die seine war …«
    Seufzend legte Strangyeard die Blätter der Handschrift sanft in das Zedernholzkästchen zurück, in dem er sie aufbewahrte. »Eine wunderbare und erschreckende Geschichte, würde ich sagen; und Morgenes, hmmm, ja, er formuliert großartig, aber – bei allem Respekt vor Morgenes – was nützt es uns?
    Jarnauga schielte auf seine eigenen, hervortretenden Knöchel und legte die Stirn in Falten. »Ich weiß nicht. Da ist etwas – irgendetwas steckt in dieser Geschichte. Ob mit Absicht oder nicht, Doktor Morgenes hat etwas darin verborgen. Himmel und Wolken und Steine! Ich kann es fast mit Händen greifen! Es ist, als wäre ich blind!«
    Wieder flutete ein Schwall von Lärm durch das Fenster, laute, besorgte Rufe, dann das Klirren schwerer Rüstungen, als draußen ein Trupp Wachsoldaten über den Burganger rannte.
    »Ich glaube nicht, dass uns noch viel Zeit zum Grübeln bleibt, Jarnauga«, sagte Strangyeard endlich.
    »Ich auch nicht«, bestätigte der Alte und rieb sich die Augen.

    Den ganzen Nachmittag brandete die Flut von König Elias’ Heer gegen Naglimunds steinige Klippen. Das matte Sonnenlicht brachte die Scherben aus poliertem Metall zum Glitzern, als die Wellen gepanzerter und behelmter Soldaten die Leitern hinaufströmten, nur um von den Verteidigern abgewehrt zu werden. Hier und da fand die Streitmacht des Königs für kurze Zeit eine Lücke in dem Ring finsterer Männer und störrischer Steine, wurde aber immer wieder zurückgeschlagen. Der dicke Ordmaer, Baron von Utersall, stopfte für lange Minuten ganz allein eine dieser Breschen, kämpfte Handgegen Hand mit den Soldaten, die von unten die Leitern emporkletterten, erschlug vier von ihnen und hielt die übrigen auf, bis Hilfe kam, obwohl er selbst dabei tödlich verwundet wurde.
    Es war Prinz Josua persönlich, der einen Wachtrupp zu ihm führte, den Mauerabschnitt sicherte und die Leitern zerstörte. Josuas Schwert Naidel war ein Sonnenstrahl, der durch Blätter tanzt, so geschwind sauste es hin und her und

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