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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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du dankbar sein!«, fuhr Morgenes ihn an. »Dankbar, dass sie dich nicht genommen haben. Was ist es denn für ein Leben? In Friedenszeiten in der Kaserne herumhocken und mit unwissenden Tölpeln Würfel spielen; im Krieg zerhackt, von Pfeilen durchbohrt und von Hengsten zertrampelt werden. Du weißt es nicht, du dummer Junge – ein einfacher Fußsoldat zu sein, wenn alle diese hochfahrenden, bauernschindenden Ritter auf dem Schlachtfeld herumtoben, ist nicht besser, als bei den Liebfrauentagsspielen den Federball zu machen.« Er machte jäh kehrt und sah Simon ins Gesicht. »Weißt du, was Fengbald und seine Ritter in Falshire getan haben?«
    Der Junge antwortete nicht.
    »Den ganzen Wollbezirk angesteckt, das haben sie getan! Frauen und Kinder mit den anderen verbrannt, nur weil sie ihre Schafe nicht hergeben wollten. Fengbald ließ die Schafwaschfässer mit heißem Öl füllen und die Anführer der Wollhändlergilde darin zu Tode sieden. Sechshundert von Graf Fengbalds eigenen Untertanen abgeschlachtet, und er marschierte mit seinen Männern singend zur Burg zurück! Und dieser Gesellschaft willst du dich anschließen …«
    Simon war jetzt ernstlich erbost. Er fühlte sein Gesicht heißwerden und hatte schreckliche Angst, in Tränen auszubrechen. Der leidenschaftslose Beobachter in ihm war völlig verschwunden. »Na und?«, schrie er. »Und wen interessiert das?« Morgenes’ sichtliches Erstaunen über den ungewöhnlichen Ausbruch machte ihn noch elender. »Was soll denn aus mir werden?«, fragte er und schlug in ohnmächtiger Wut gegen die Wand. »Es gibt keinen Ruhm in der Spülküche, keinen Ruhm unter den Mägden und keinen Ruhm hier in einem dunklen Zimmer voller … dummer Bücher! «
    Die betroffene Miene des alten Mannes sprengte endlich die allzu sehr beanspruchten Deiche; weinend floh Simon ans entgegengesetzte Ende des Zimmers und kauerte sich dort schluchzend auf der Seekiste zusammen, das Gesicht an die kalte Steinwand gepresst. Irgendwo draußen sangen die drei jungen Priester in zerstreuter, betrunkener Harmonie ihre Hymnen.
    Sogleich war der Doktor an Simons Seite und strich dem jungen Mann mit ungeschickter Hand über die Schulter.
    »Nun, nun, Junge, nun, nun«, sagte er verwirrt, »was soll dieses Gerede von Ruhm? Hat dich diese Krankheit auch angesteckt? Ein verfluchter blinder Bettler muss ich gewesen sein – ich hätte es sehen sollen. Selbst in dein einfältiges Herz hat das Fieber sich gefressen, ja, Simon? Es tut mir so leid. Man braucht einen starken Willen oder ein geübtes Auge, um durch den Flitter den faulen Kern zu erkennen.«
    Simon hatte keine Ahnung, wovon der Doktor redete, aber der Ton von Morgenes’ Stimme wirkte besänftigend. Gegen seinen Willen spürte er, wie sein Zorn schwand – aber das darauf folgende Gefühl, das ihm als Schwäche erschien, veranlasste ihn, sich aufzusetzen und die Hand des Doktors abzuschütteln. Er wischte sich mit dem rauhen Wamsärmel das feuchte Gesicht ab.
    »Ich weiß nicht, warum es Euch leidtut, Doktor«, meinte er und versuchte, seine Stimme nicht zittern zu lassen. »Mir tut es leid … weil ich mich wie ein Kind benommen habe.« Er stand auf, und die Blicke des kleinen Mannes folgten ihm, als er den Raum durchquerte und an den langen Tisch trat. Dort blieb er stehen und fuhr mit dem Finger über das Durcheinander offener Bücher. »Ich habe Euch belogen und mich selbst zum Narren gemacht«, sagte er,sah dabei aber nicht auf. »Bitte vergebt die Torheit eines Küchenjungen, Doktor, eines Küchenjungen, der glaubte, er könnte mehr sein.«
    Im Schweigen, das diesen tapferen Worten folgte, hörte Simon, wie Morgenes einen wunderlichen Laut von sich gab – weinte er etwa? Aber gleich darauf zeigte es sich nur zu deutlich: Morgenes gluckste vor sich hin – nein, er lachte und versuchte, es hinter seinem wallenden Ärmel zu ersticken.
    Simon schoss herum. Seine Augen glühten wie Kohlen. Für einen Moment fing Morgenes seinen Blick auf, dann sah er zur Seite. Seine Schultern zuckten.
    »Ach, Junge … ach, Junge«, schnaufte er endlich und streckte dem empörten Simon eine beruhigende Hand entgegen, »lauf nicht weg! Ärgere dich nicht. Du wärst verschwendet auf dem Schlachtfeld! Ein großer Herr solltest du sein und deine Siege am Verhandlungstisch erzielen, weil die bei weitem wichtiger sind als Siege auf dem Schlachtfeld; oder ein Escritor der Kirche, der den Reichen und Lasterhaften ihre unsterblichen Seelen abschmeichelt.« Wieder

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