Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
an einen Würfelspieler verloren hatte.
»Also, natürlich nicht im Spiel. Nein, nein, das wäre ja völlig unmoralisch. Weder bin ich als Ritter der Besitzer meiner Jungfrau, noch käme das irgendwie in Frage. Auch weiß ich sehr gut, wie man würfelt. Ich habe den Spieler nach Strich und Faden ausgenommen. Das letzte Hemd habe ich ihm genommen, ich habe ihn in einer vollen Wirtsstube nackt bis auf die Haut gemacht, und das sogar beinahe wörtlich; nur die Hosen habe ich ihm gelassen, ich bin ja kein Unmensch. Aber wie heißt es so schön: Glück im Spiel, Pech in der Liebe, oder andersherum. Noch in derselben Nacht ist Dirdea mit dem Spieler durchgebrannt, und ich bin sicher, er hat noch vor Morgengrauen auch seine Hose verloren. Ganz freiwillig.« Alle lachten, und Narfried setzte mit glänzenden Augen nach: »Ich habe nie wieder von den beiden gehört, ich weiß nur, es muss wahre Liebe gewesen sein. Wäre sie hinter seinem Geld hergewesen, hätte sie ja bei mir bleiben müssen!«
Auch Ben grölte jetzt mit, was aber vor allem am Wein lag, der ihm langsam zu Kopf stieg. Er leerte den Becher mit einem Zug und stieß sich vom Tresen ab. Jetzt galt es, Narfried machte eben eine erzählerische Pause.
Stotter nicht rum und sag deutlich, wie wichtig es ist, dass du Drachenritter
wirst und dass du alles dafür tun willst , dachte Ben und zwängte sich zwischen schwitzenden, trinkenden Männern hindurch. Ganz sicher war sein Gang nicht mehr. Durch eine plötzliche Lücke in der Menge sah er, dass ein paar Männer an einem Tisch um Jungfrau Ivallya herumstanden und posierten, einer schwenkte lachend einen Würfelbecher. Die Lücke wurde wieder geschlossen, Ben wurde weitergeschoben und stand schneller als erwartet vor dem Ritter.
»Herr Ritter?«, sagte Ben. Aller Mut drehte sich zusammen mit den Gedanken in seinem Kopf.
»Ja?« Narfried sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
»Ich...«
Wo waren seine guten Vorsätze, wo war der weingeborene Mut?
»Ich... ich würde wirklich alles tun, um Drachen zu rittern.«
»Was?«
»Nein, tut mir leid«, stammelte Ben und atmete tief durch. Denk an Feuerschuppe, sagte er sich , denk an Nica, die du nurgewinnen kannst, wenn du etwas aus dir machst. Ritter Narfried war seine Gelegenheit, etwas aus sich zu machen, hier wegzukommen, raus aus Trollfurt, wo die meisten Menschen ihn hassten, wo er in eine Höhle verjagt worden war und nicht einmal dort in Ruhe gelassen wurde. Jetzt versau es nicht! Reiß dich zusammen!
»Ich will Drachenritter werden. Ich bin bereit, alles dafür zu tun. Ich bin fleißig, ich habe schon gegen Wölfe gekämpft und will alles lernen, was nötig ist. Ich bin bereit, mich jeder Prüfung zu unterziehen. Ich bitte Euch, nehmt mich mit zu Eurem Orden.«
»Dich? Dich soll er mitnehmen?« Ein triefnasiger Knecht
Yirkhenbargs am Tresen kicherte betrunken los. »Dich Taugenichts?«
»Ich bin kein Taugenichts!«, sagte Ben trotzig, sah aber weiter Ritter Narfried an und wurde rot.
»Wie heißt du denn?«
»Ben.«
»Schön, Ben. Und es ist auch schön, dass du schon gegen Wölfe gekämpft hast, aber lass dir sagen: Geflügelte Drachen sind keine kleinen, netten Wölfe.«
Der Knecht brüllte vor Lachen und schlug mit der flachen Hand auf den Tresen.
»Das weiß ich doch«, zischte Ben viel bissiger als gewollt, dieser Knecht ging ihm auf die Nerven. »Ich wollte doch nur...«
»Und ich weiß, dass du nicht der Richtige für den Orden bist«, unterbrach ihn der Ritter und zeigte mit dem Weinkrug auf ihn. »Ein betrunkener Junge, der Abenteuer spielen will! Was denkst du, wie viele von deiner Sorte ich in jedem Dorf und jeder Stadt treffe? Immer, wenn sie einen Drachenritter sehen, wollen sie einer sein. In der Woche darauf kommt dann ein Barde, und sie wollen Barde werden, dann kommen fahrende Gaukler, und sie wollen Gaukler werden. Immer dasselbe, ziellose Träumer, die von der großen weiten Welt schwärmen, weil sie noch nie dort gewesen sind! Irgendwelche verwöhnten Rotzlöffel, die aus irgendeinem Grund gerade wütend auf ihre Eltern sind.«
»Ich hab gar keine Eltern!« Ben starrte den Ritter erbost an. Der kannte ihn doch überhaupt nicht! Der hätte besser Prediger als Ritter werden sollen!
»Vor wem willst du dann überhaupt weglaufen?«, fragte der Ritter mit einem Lächeln von oben herab, und Yirkhenbargs
Knecht lachte wieder, und auch andere, die inzwischen belustigt zusahen, wie der fremde Ritter den nutzlosen Ben abkanzelte. Ihr
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