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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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er auf dem Grund eines Sees, aber der wurde ihm später zu klein. Er konnte Wasser atmen wie Luft, und weil ihm Fische besser schmeckten als Vögel oder Landtiere, ging er nach ein paar Wochen zwischen den Wolken ins Meer. Schwimmen ist wie fliegen, sagt er, und die Luft ist ihm einfach zu trocken. Nur manchmal kurvt er auch über den Wellen dahin, zur Abwechslung.«
    »Fünfmal so groß wie du?« Ben konnte es noch immer nicht fassen. »Du machst Witze!«
    »Nein. Und es ist gut möglich, dass irgendwo ein noch größerer Drache lebt.«
    »Noch größer? Davon hätte man gehört!« Ben schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, nein, wenn der nicht auch im Meer lebt, hätte irgendwer längst davon erzählt.«
    »Ja, aber hätte man ihm auch geglaubt? Wenn dir vor unserem Zusammentreffen ein Seefahrer erzählt hätte, er habe auf einer riesigen Insel einen Drachen mit hundert Schritt Flügelspannweite gesehen, was hättest du gesagt?«
    »Hundert Schritt? Hundert? Kein Wort hätte ich ihm geglaubt«, gab Ben zu.
    »Na, siehst du.«
    »Aber wenn es so einen Drachen geben könnte, und einer dieser Ketzer hackt ihm die Flügel ab, könnte er ihm dann Befehle erteilen?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Und wer könnte einen solchen Giganten aufhalten?«

    »Wahrscheinlich niemand. Vielleicht Ilmertoh, von dem ich dir gerade erzählt habe, doch das Meer ist riesig und tief, ich wüsste nicht, wie man ihn finden sollte.«
    Ben sah Aiphyron an. Ihm war überhaupt nicht wohl. »Und was, wenn es dieser Ilmertoh ist? Wenn sie ihn gefangen und entflügelt haben? Wer hilft uns dann?«
    »Mensch, Junge, mach dir keine Sorgen.« Aiphyron lachte. »Ilmertoh erwischen sie nicht, der ist zu alt und zu gewitzt. Außerdem: Nur weil es irgendwo einen gigantischen Drachen geben könnte, heißt das noch nicht, dass der Verurteilte die Wahrheit gesagt hat. Vielleicht hat auch der Stadtwächter Unsinn erzählt, weil er seinen Kumpel beeindrucken wollte. Und dann darfst du nie vergessen: Welcher Ritter will einem solchen Riesen die Flügel abhacken? Welcher Schmied will ein Schwert schmieden, das solche Flügel durchtrennt? Ich glaube, diese Gefahr durch einen gigantischen Drachen, der von ketzerischen Eroberern beherrscht wird, besteht nicht.«
    Ben nickte und fiel zögerlich in das Lachen ein.
    Aiphyron hatte recht. Niemand könnte einen Drachen von solch immenser Größe unterwerfen. Er sollte sich lieber Gedanken über das machen, was jetzt vor ihnen lag. Wieder und wieder sprach er mit Aiphyron die Befreiung Schilfrückens durch. Um sich auszuruhen und Kräfte zu sammeln, war er viel zu angespannt.
    Es musste eine gute Weile nach Mitternacht sein, als sie sich auf den Weg machten. Ben saß nahe an Aiphyrons Ohren, um ihn später über der Stadt dirigieren zu können.
    Aiphyron erhob sich mit kräftigen Flügelschlägen hoch in die Luft und flog im Süden an der Stadt vorbei; der Palast des Kaufmanns lag im Nordwesten nahe der Stadtmauer, sie würden
also von dort kommen. Der Mond stand nur als schmale Sichel am Himmel und spendete kaum Licht, fast alle Bürger lagen in ihren Betten, und die wenigen, die wach, nüchtern und auf der Straße waren, würden hoffentlich nicht den großen Schatten bemerken, der sich langsam über die Stadt senkte. Hundert Schritt vor der Stadtmauer hörte Aiphyron auf, mit den Flügeln zu schlagen, fast lautlos glitt er dahin und näherte sich immer weiter dem Boden.
    »Da vorne links«, rief ihm Ben ins Ohr. Sie näherten sich Dicimes Palast von der Rückseite. »Lande gleich hinter der Mauer, Wachen stehen sicher nur vorne am Tor.«
    Der Drache setzte mit leisen Sohlen zwischen Palastmauer und der Rückseite des Drachenstalls auf. Sofort duckte er sich in den Schatten des großen Stallgebäudes, doch niemand schien sie gehört zu haben. Aiphyron knirschte mit den Zähnen, als er die goldenen Gitterstäbe sah.
    »Ruhig«, zischte Ben und glitt zu Boden. »Wir dürfen keinen Lärm machen. Warte hier, ich schaue, ob ich die Tür knacken kann.« Er warf noch einen raschen Blick in den Stall, doch seine Augen konnten das Dunkel drinnen nicht durchdringen.
    Dicht an die Mauer gepresst schlich er um das Gebäude. Bisher hatte alles perfekt geklappt, wenn jetzt noch die Tür nicht abgeschlossen wäre, dann... Doch Ben kam nicht dazu, an der Klinke zu rütteln. Als er um die Ecke zur Vorderseite biegen wollte, entdeckte er einen großgewachsenen Burschen, der neben der Tür an der Wand lehnte und Wache hielt. Er musste halb

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