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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Herr Zendhen und Herr Friedbart an Flucht. Wie sollten sie auch entkommen? So viel Glück konnte niemand haben.

    Da durchlief ein heftiger Ruck das Schiff, als wäre es gerammt worden, und wildes Geschrei erhob sich an Deck. Doch niemand hatte zuvor geschrien, und bei Tag, selbst in der Dämmerung, wäre ein feindliches Schiff über Meilen entdeckt worden, es konnte also nicht der Auftakt zu weiteren Kampfhandlungen sein. Doch war der Ruck so stark, dass er den Aufseher von den Beinen riss, der mit verschränkten Armen an einem Balken gelehnt hatte. Hart schlug er auf den Boden, wurde herumgeschleudert und landete schließlich bewusstlos direkt vor Herrn Zendhens Füßen.
    »Das nenne ich Glück«, sagte der Ritter, löste den Schlüsselring vom Gürtel des Aufsehers und öffnete das Schloss um die Fußkette. Dann befreite er Herrn Friedbart und gab den Schlüssel an den Nächsten weiter.
    Das Geschrei an Deck wurde lauter, panischer, und ein lauter Schlag traf das Schiff. Holz splitterte, der Mast schien zu brechen, irgendwas stürzte knirschend um. Planken barsten, spitze Splitter schossen durch den Rumpf und trafen den einen oder anderen Ruderer. Direkt neben den beiden Rittern wurde ein Loch in die Außenwand gerissen, und im Dämmerlicht erkannten sie einen massigen Schemen im Wasser. Eine gigantische, graue, sackförmige Gestalt mit langen, spitz zulaufenden Flossen, drei klaffenden Mäulern, lodernden Augen und zwei langen Fangarmen, die mit Saugnäpfen oder Warzen übersät waren.
    »Das nennst du also Glück?«, fragte Herr Friedbart seinen Gefährten, dann rammte etwas von unten das Schiff, und sie wurden ins Meer geschleudert, zusammen mit einer Handvoll anderen Ruderern und großen Bruchstücken von Planken sowie einem unversehrten Türblatt. Neben dem riesigen grauen Monster klatschten sie aufs Wasser und wurden von
der nächsten Welle davongespült. Andere hatten Pech und stürzten kopfüber in eines der drei lauernden, mit krummen Zähnen gespickten Mäuler.
    Herr Friedbart hatte das Türblatt zu fassen bekommen, Herr Zendhen klammerte sich an eine Planke. Zwischen ihnen trieb ein Vorratsschrank aus der Kombüse.
    »Das nenne ich Glück«, sagte Herr Friedbart und verhakte ihn an seiner Tür.
    Um sie wurde es Nacht, und die Galeere versank hinter ihnen in der Tiefe. Die Ritter schwappten mit einer großen Welle davon.
     
    Vier Tage später wurden sie keuchend und hustend, schnupfend und von Fieber geschüttelt an Land geschwemmt. Es war eine felsige Küste, hinter der sich ein dichter Wald erstreckte. Sie entfachten ein Feuer und wärmten sich, trockneten die grobe Kleidung, die man ihnen auf dem Schiff überlassen hatte, und suchten gierig nach Wasser, das weder salzig noch Regen war. Am Himmel standen andere Sterne als in ihrer Heimat.
    »Hellwah, hilf«, murmelte Herr Friedbart, dann legten sie sich schlafen.
    Fünf Tage lang ruhten sie und kamen zu Kräften, während das Fieber langsam schwand. Dann suchten sie sich kräftige Knüppel, mit denen sie sich verteidigen konnten, und machten sich auf den Weg ins Landesinnere. Irgendwann mussten sie auf Menschen treffen, sagten sie sich, mochten diese vielleicht auch schwarze, grüne, blaue oder gelbe Haut haben, zwei Köpfe oder vier Augen, die Nase auf dem Bauch und die Arme über den Ohren. Irgendwie würden sie sich schon verständigen können, wenn man ihnen nur Zeit gab und sie nicht sofort wieder eingesperrt wurden.

    Noch vertieft in ihre Überlegungen, wie absonderlich die Menschen in so fernen Ländern sein mochten, Länder, vor deren Küsten schreckliche Ungeheuer lauerten, traten sie aus dem Wald und blickten in eine Senke hinab, in der sich ein freudig vertrauter Anblick bot: Zwei gerüstete Männer mit stolzem Wappen auf der Brust banden zwei schöne junge Frauen an Pfähle. Die Haut der vier war ein wenig heller als die der beiden Ritter, die Farben ihrer Stoffe ein wenig greller als gewohnt, doch ansonsten sahen sie aus wie die Menschen im Großtirdischen Reich. Ein Kopf, zwei Arme, zwei Beine, auch die Zahl von Augen, Nase, Mund und Ohren stimmte.
    »Hellwah ist uns hold!«, frohlockte Herr Friedbart. »Drachenritter! So fern der Heimat!«
    Auch Herr Zendhen hätte vor Rührung fast geweint, doch er hatte mehr Augen für die schönen Jungfrauen.
    »Wollen wir die Kameraden gleich begrüßen?«
    »Natürlich. Ich warte nicht, bis die angelockten Drachen auftauchen, mit nichts als einem Knüppel, um mich zu schützen.«
    Gemeinsam

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