Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
Vom Netzwerk:
Gefühlsregung musterte ihn der Hohe Abt, schließlich nickte er. »Nun gut, dann muss es eben mit einem Topf gehen. Begleite mich zum Zwinger.«
    Gehorsam folgte der Ritter dem Abt an seinem gierig saufenden Drachen und den Stallungen vorbei. Vereinzeltes Schnaufen, ein Wiehern und der strenge Geruch nach Drache und Hitze drangen heraus.

    »Nachher kannst du berichten, wie viele Ketzer Trollfurt besetzt halten und wie viele der Bürger noch zum rechten Glauben stehen, seit Priester Habemaas fliehen musste. Wir werden es für König und Orden zurückerobern. Die Ketzer sind zu einer Plage geworden, die ausgemerzt werden muss. Aber zuerst erzähl mir, was du von dem Jungen weißt«, forderte der Abt.
    »Nicht viel«, entgegnete der Ritter. »Oder zu viel. Zahlreiche Geschichten sind über ihn im Umlauf. Er ist ein Rebell, ein Mörder und Anhänger des dunklen Gottes. Angeblich reitet er einen geflügelten und damit verfluchten Drachen, auch seine beiden Gefährten Yanko und Nica wurden mehreren Zeugen zufolge gemeinsam auf einer solchen Bestie gesehen. Ob dies der Wahrheit entspricht, wage ich zu bezweifeln, doch es ist wohl erwiesen, dass dieser Ben den ehrenwerten Ritter Narfried und seine entzückende Jungfrau getötet hat. Ich weiß nicht, wie viele Spießgesellen ihm außer den beiden Freunden folgen, doch er hat die ganze Stadt in Aufruhr und Angst versetzt, und er hat sich nicht nur gegen das Recht, sondern auch gegen die Ketzer gestellt. Er muss tollkühn sein oder verrückt, auf jeden Fall aber gefährlich trotz seines jungen Alters von gerade mal fünfzehn Jahren. Und er hat seine Motive noch nicht offengelegt; niemand weiß, was er wirklich will, was ihn zu diesen Taten treibt. Die einfachen Leute in Trollfurt fürchten ihn und seine Rache. Unverfänglich habe ich beim Bier mit mehreren ausgewachsenen Männern gesprochen, die sich ihm nicht entgegenstellen würden, trotz der Belohnung, die der Orden auf ihn ausgesetzt hat. Sie schwören auf ihr Leben, er sei mit Samoth im Bunde, und nachts glühten seine Augen rot. Nur der Schmied wollte ihm sofort den Schädel einschlagen, der Bastard habe ihm seinen
Sohn gestohlen. Er will von Anfang an gesagt haben, dass dieser Ben nichts tauge, aber er selbst sei einfach zu weich und gutherzig gewesen, nicht streng genug zu seinem Yanko. Die Belohnung interessiere ihn nicht, er täte es schließlich nicht des Geldes wegen. Bens Mutter ist vor gut zwei Jahren gestorben, eine Säuferin, der Vater schon viel länger verschwunden. Niemand hatte ein gutes Wort für diesen Jungen übrig.«
    »So, so, sie haben also alle Angst.« Der Hohe Abt nickte, auf seinen Lippen zeigte sich ein dünnes Lächeln. »Das habe ich mir gedacht. Deshalb werden wir uns selbst um ihn kümmern und es nicht bei der Ächtung und Belohnung belassen.«
    Inzwischen hatten sie die Außenbereiche der Klosteranlage erreicht. Ganz im Norden, direkt an der gewaltigen Wehrmauer, hinter der das Plätschern des gemächlich dahinflie-ßenden Firnh zu vernehmen war, dessen Wasser im Sonnenlicht kristallgrün schimmerte, kauerte ein gedrungener runder Turm, der sicherlich zwanzig Schritt durchmaß und dessen Außenwand aus großen verwitterten Granitquadern bestand. In dem Gebäude befanden sich rundum hohe, vergitterte Fensteröffnungen, welche die Strahlen der göttlichen Sonne hineinließen, und im Süden war ein Durchgang aus der Mauer gebrochen, der mit einem schwarzen Fallgatter verschlossen war. Einen solch gewaltigen Zwinger besaßen nur die bedeutendsten Klöster des Drachenordens. Die Luft um ihn war kalt, obwohl die Sonne hier ebenso schien wie im vorderen Hof.
    Als sich Abt und Ritter dem Zwinger näherten, drängten sich vier weiße Drachen im Eingangsbereich. Mit gewaltigen Klauen rüttelten sie an dem massiven Gestänge und sogen die Luft mit geweiteten Nüstern ein. Sie schnupperten gierig und bleckten die Zähne, scharrten aufgeregt über den ausgetretenen
Steinboden und stießen sich gegenseitig zur Seite – jeder suchte die Nähe des Abts, der nur einen halben Schritt vom Gitter entfernt stand.
    Der kleinste Drache maß gute fünf Schritt, der größte wohl an die zwölf. Ihr Weiß glich dem einer unberührten Eisfläche, die in der klaren Mittagssonne glitzert, ihre Schuppen waren der irdische Abglanz von Hellwahs Reinheit – sie strahlten heller als jeder Edelstein. Ihre Augen waren klein und blutrot, die Pupillen schwarze Punkte, die Mäuler riesig, selbst für Drachen; darin wuchsen

Weitere Kostenlose Bücher