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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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machen.
    Drei Drachen hatte er bislang geheilt – allen hatte ein Ordensritter einen oder zwei Flügel abgeschlagen, denn der Orden der Drachenritter glaubte an die alte Legende, die besagte, dass die Flügel von Samoth, dem dunklen Gott der Tiefe, verflucht seien, und nur ohne sie könne ein Drache frei sein. Doch Ben wusste, dass Drachen ohne Flügel nicht frei waren, sondern willenlos wie Schoßtierchen, leicht zu befehligen und zu reiten. Die Ketzer dagegen waren überzeugt, Drachen seien Geschöpfe Samoths und man müsse sie unterwerfen, indem man ihnen die Flügel nahm. Und so machten sowohl der Orden der Drachenritter als auch der ketzerische Orden der Freiritter Jagd auf wilde Drachen, um ihnen die Flügel abzutrennen. Ben wollte den geknechteten Wesen die Flügel und Freiheit zurückgeben.
    Die drei, bei denen es ihm bereits gelungen war, waren bei ihnen geblieben. Aiphyron war der Erste gewesen, ein großer Drache mit Schuppen vom tiefen, wunderschönen Blau einer alten Himmelsbuche. Feuerschuppe war kleiner, vielleicht acht Schritt lang, und von dunkelroter, teils oranger oder gar gelber Färbung, sein Panzer wirkte wie ineinandergeflochtene Flammen, er war von Nicas Vater geknechtet worden. Den massigen, schilffarbenen Juri hatten Ben und Aiphyron aus dem Stall des Händlers Dicime in Falcenzca entführt.

    Nun erhoben sie sich zu dritt. Tagsüber taten sie es wegen der Nähe zu der großen Stadt nicht, sie wollten die Ordensritter, die ihnen Flügel und damit die Freiheit nehmen wollten, nicht auf die Ruine aufmerksam machen, in der sie seit beinahe einem Monat lagerten. Doch nachts wollten sie sich frei fühlen.
    Ben hörte die Flügel schlagen, sah ihre Schemen über den Baumwipfeln verschwinden. Er verharrte mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen, dann kletterte er auf das höchste Stück der einst mächtigen Außenmauer, anstatt sich hinzulegen. So weit wie möglich kraxelte er hinauf und suchte sich eine bequeme Sitzposition, so dass er eine verwitterte Zinne als Rückenlehne benutzen konnte und kein spitzer Stein in seinen Hintern piekste. Lächelnd legte er den Kopf in den Nacken und blickte in den klaren Sternenhimmel empor.
    Der Mond war halb voll und von klarem Weiß, in seinem Licht konnte Ben hin und wieder den Schatten eines Drachen vorüberhuschen sehen. Sie schraubten sich in ferne Höhen hinauf, warfen sich in wilde Sturzflüge und tollten herum wie ausgelassene Welpen, obwohl zumindest Aiphyron schon deutlich mehr Jahre auf dem Buckel hatte als jeder verknöcherte, verbiesterte Erwachsene, den Ben kannte. Ihnen zuzusehen, machte Ben glücklich, es waren die schönsten Geschöpfe, die er je getroffen hatte – vielleicht abgesehen von einigen Mädchen.
    Und es machte ihn glücklich, weil seine Gabe den dreien ermöglicht hatte, wieder zu fliegen. Kurz starrte er auf seine Hände, dann hob er den Kopf wieder. Es waren keine besonders großen Hände, sie waren schlank und schmutzig, aber dennoch steckte eine so große Gabe in ihnen.
    Was war das für eine alte Überlieferung, der zufolge man
einem Drachen die Flügel abhacken musste, um ihn auf diese Weise zu einem friedliebenden Geschöpf zu machen? Immer wieder hatte sich Ben das gefragt, doch keine Antwort gefunden. Das Böse steckte nicht in den Schwingen! Wie konnte man das nur glauben, wenn man die Augen öffnete und sich einen freien Drachen besah? Ohne Flügel blieben versklavte, der Sprache beraubte Geschöpfe zurück, die sich nicht von der Erde erheben konnten. Was waren das für strahlende Ritter und Priester, die den Unterschied zwischen Bösem und Freiheit nicht kannten? Hatte Ben auch einst geträumt, selbst ein Ritter zu werden, inzwischen verabscheute er den Orden nur noch.
    In solche Gedanken versunken beobachtete er, wie Aiphyron durch die Luft wirbelte, sich in die Tiefe stürzte, knapp über den dunklen Baumwipfeln die Flügel ausbreitete und elegant über die Ruine hinwegsegelte, über Bens Kopf, dicht gefolgt vom gedrungenen Jurbenmakk, der Juri genannt werden wollte, und Feuerschuppe, der sich nicht an seinen Drachennamen erinnern konnte.
    Wie lange er ihnen zugesehen hatte, wusste Ben nicht, als Aiphyron plötzlich neben ihm landete. Aufrecht auf den Hinterbeinen stehend, lehnte er sich lässig an die Mauer, so dass sein Kopf direkt vor Ben verharrte.
    »Was ist los, Junge?«, fragte er.
    »Nichts.«
    »Ach, komm schon, für wie blind hältst du mich? Immer wenn du nachts in den Himmel starrst, geht dir

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