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Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Schwur der Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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altes Amulett, das sie vor wenigen Monaten von ihrer Tante bekommen hatte, an dem Abend, als der Aufbruch nach Trollfurt festgestanden hatte. Eines der wenigen Dinge, die sie bei ihrer Flucht nicht hatte zurücklassen müssen.
    »Du wirst mir noch danken, dass ich meine Knochen unter der Tür vergrabe. Sie bieten dann nämlich auch euch Schutz!«, stieß Ben hervor und stapfte um die Ecke, vorbei an den drei geflügelten Drachen, die faul im ehemaligen sonnendurchfluteten Burghof herumlagen und sich nicht regten; nur ab und zu zuckte ein Schwanz, als wolle er ein lästiges Insekt vertreiben. Wobei Drachen natürlich zu groß waren und ihre geschuppte Haut zu dick, als dass sie sich um Insekten hätten kümmern müssen.
    Die längst verfallene Ruine erhob sich auf einer kleinen Lichtung, ganz oben auf einem dicht bewachsenen Hügel inmitten des Furchenwalds, nur wenige Meilen entfernt von der Stadt Falcenzca. Einst musste sie ein wehrhaftes Kloster oder eine weitläufige Burg gewesen sein, doch inzwischen waren die steinernen Überreste von Moosen, Gräsern und Sträuchern überwuchert, sogar eine einsame knotige Feuereiche erhob sich inmitten der ehemaligen Stallungen. Brunnen gab es keine mehr, der ehemalige Kamin diente als Auffangbecken von Regenwasser; wenn es denn mal regnen sollte. Nur der große, runde, unterste Raum im ehemaligen Ostturm war noch überdacht. Doch Geister schwebten nicht von oben über Mauern herein, davon hatte Ben noch
nie gehört. Sie hielten den Kontakt zur Erde, in der sie begraben waren.
    Ben warf sich vor der Türschwelle zum Turmzimmer auf die Knie, zerrte das Messer, das Yanko ihm vor seiner ersten Flucht aus Trollfurt geschenkt hatte, aus dem Gürtel, und begann, das wuchernde Gras, die Wurzeln und die Erde zwischen den Ritzen der verwitterten Pflastersteine herauszukratzen. Nur mühsam kam er voran, die Steine waren groß und seit Jahrhunderten hier, die Ritzen zwischen ihnen schmal. Er achtete nicht auf das Schnauben der Drachen und den Vogelgesang in seinem Rücken, sondern grub stur weiter, bis er den ersten Stein aus dem Boden heben konnte. Die Erde darunter war dunkel und feucht, obwohl es seit Tagen oder eher Wochen nicht geregnet hatte. Ein aufgeschreckter, fingerdicker weißer Wurm wühlte sich hektisch in die Tiefe zurück.
    Angeekelt verzog Ben das Gesicht und starrte ihm nach, bis er verschwunden war; zu spät fiel ihm ein, dass man den Wurm vielleicht für einen Zauber hätte verwenden können.
    Egal, dachte er. Erst würde er den Schutz vor untoten Wilderern zu Ende bringen, dann konnten sie ja in Ruhe nach weißen Würmern graben, wenn Yanko oder Nica wussten, was man mit ihnen anstellen könnte. Vielleicht kannte sich Yanko ja wenigstens mit weißen Würmern aus, wenn er schon keine Ahnung von Schutzzaubern mit Hasenknochen hatte.
    Nachdem der erste Stein heraus war, ging es leichter. Ben stieß die Klinge tief in die Erde und hebelte den nächsten heraus, dann einen dritten und vierten. Schließlich hatte er die gesamte Vorderseite der Türschwelle freigelegt.
    Die Schwelle bestand aus einem ausgetretenen dunkelgrauen
Gestein, das von einem feinen Gespinst aus weißen Linien durchzogen war. Sie war außergewöhnlich massiv und reichte zwei Handbreit in die Tiefe, die Erde direkt unter ihr war tiefschwarz wie Torf. Auch war sie ein wenig wärmer als der sonstige Boden und trocken, stellte Ben fest, als er Platz für die Knochen schaffen wollte. Kurz zuckte er zurück, doch als er die Finger hineingrub, stieß er auf etwas Hartes. Zuerst dachte er an eine Baumwurzel, doch es schien aus Metall zu sein und lag locker in der Erde. Hastig umschloss er das Ding und zog es aus der Tiefe. Es war ein Schlüssel aus Gold.
    Ungläubig starrte er ihn an, dann wischte er vorsichtig den Dreck ab. Der Schlüssel war groß, so lang wie die Hand eines ausgewachsenen Mannes, und die Räute war einem Drachenkopf nachempfunden. Kleine weinrote Edelsteine bildeten die Augen, sie funkelten im Sonnenlicht, als wären sie lebendig. Der Bart bestand aus einer ausgebreiteten, gezackten Drachenschwinge – es konnte kein Schloss geben, in das dieser Schlüssel passte. Ausprobieren konnte ihn Ben aber nicht, die Tür über der Schwelle war schon lange nicht mehr hier, es gab nur noch verbogene rostige Scharniere in der Wand. In der ganzen Ruine fand sich keine Tür und kein Tor mehr.
    »Hey, Yanko. Nica«, krächzte er. Der kleine Streit von eben war vergessen, wie all die anderen in den Tagen

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